Kapitel 33

284 26 3
                                    

Mittlerweile sind drei Tage vergangen, seit Hayden die Wahrheit über sie erfahren hatte und sie hatte nicht ein Wort von ihm gehört. Geistesabwesend säuberte sie den letzten Tisch, rückte die Stühle zurecht und kehrte dann in die Küche zurück, um das dreckige Wischwasser wegzuschütten und die Putzutensilien in dem dafür vorgesehenen Schrank zu verstauen. Im Vorbeigehen verabschiedete sie sich von ihrer Chefin, die die täglichen Einnahmen zählte und das Kassenbuch führte und verließ das Café durch den Hinterausgang, nachdem sie ihren Rucksack aus dem Pausenraum geholt hatte.
Mit in den Jackentaschen verstauten Händen ging sie die leeren, spärlich beleuchteten Straßen zu ihrem Wohnkomplex entlang, während sie gedankenverloren nicht bei jedem kleinsten Geräusch zusammenzuzucken versuchte. Mercedes hasste diese düstere, öde Gegend, in der sie wohnte und wo sie hinter jeder Ecke einen Vergewaltiger, einen Drogendealer oder einen anderen Kriminellen vermutete. Sie hasste es, dass sie sich selbst bedauerte. Selbstmitleid war normalerweise keine ihrer Eigenschaften. Doch seit einigen Tagen überwog diese Art all ihre anderen Eigenschaften. Sie war unglücklich, energielos und wusste nicht, wo ihr der Kopf stand. Ihre Gedanken kreisten ausschließlich um Hayden und die Frage, ob es wirklich vorbei war?
Mercedes würde ihn am Liebsten mit ihrem Handy anrufen, mit ihm reden und versuchen seinen Hass für sie zu lindern, um ihre Probleme zu klären und eines Tages dort anzuknüpfen, wo sie gescheitert waren.
Erneut traten ihr Tränen in die Augen und das Bild vor ihren Augen wurde unscharf. Angewidert hielt Mercedes den Atem an, als sie an einem dahin modernden, übel riechenden Müllhaufen vorbeilief und musste sich zusammen reißen sich nicht zu übergeben.
Sie hasste diese Gegend und sollte schleunigst zusehen, dass sie hier verschwand.
Am Ende der Straße tauchte ihr Wohnkomplex auf und Mercedes beschleunigte ihre Schritte, da sie sich in ihren vier Wänden des heruntergekommenen, stiefmütterlich gepflegten Gebäudes wohler fühlte als auf der öffnen, einsamen Straße. Sie war sich sicher, dass wenn man sie überfallen und sie um Hilfe schreien, ihr niemand zur Hilfe eilen würde. Diese Straßen machten ihr Angst.
Mit zittrigen Händen zog sie ihren Haustürschlüssel aus der Jackentasche und lief die Treppen zu ihrer Wohnung hinauf. Verwundert hielt sie am Fuß des letzten Treppenabsatzes inne, als sie den Mann am oberen Ende erkannte. Ihr Herz wurde schwer und sie schluckte den Kloß in ihrem Hals herunter.
„Was tust du hier, Liam?"
Seufzend erhob er sich und blickte sie entschuldigend an. „Ich wollte mit dir darüber sprechen, was am Mittwoch geschehen ist."
„Ich wüsste nicht, worüber wir da noch sprechen sollten."
„Mercedes", begann er und trat einen Schritt zur Seite, sodass sie zu ihrer Wohnungstür gehen und diese aufschließen konnte. „Dir wahr doch wohl bewusst, dass du Hayden eines Tages die Wahrheit sagen musstest."
„Ja. Das wusste ich, aber das war nicht der richtige Moment."
„Wann wäre denn der richtige Moment gewesen? Ihr hattet Sex. Du hättest unter diesen Umständen nicht mit ihm schlafen sollen."
Wütend drehte Mercedes sich auf ihrem Absatz um und funkelte ihn finster an. Natürlich wusste sie selbst, dass das nicht hätte passieren sollen, aber es war geschehen und sie konnte nun nichts mehr daran ändern. „Ich weiß es nicht, Liam. Ich weiß auch nicht, was du hier von mir willst. Hayden weiß nun die Wahrheit und er hasst mich wahrscheinlich nun noch mehr. Ich wollte ihm die Wahrheit sagen, aber erst nachdem ich eine Grundlage geschaffen habe, die uns nach der Klärung unserer Trennung vor fünf Jahren zu einer neuen ernsten Beziehung verhilft."
„Mercedes, lass uns doch mal bei einem Kaffee zusammensetzen und reden. Ich werde dir helfen mit Hayden zu sprechen."
„Ich weiß nicht."
Liam trat einen Schritt auf sie zu und legte ihr mitfühlend seine Hände auf ihre Schultern. „Nur ein Kaffee und ein Gespräch, Mercedes."
„Na gut", flüsterte sie kapitulierend.
„Gib mir deine Nummer, dann können wir abklären wann und wo wir uns treffen." Wortlos kam sie seiner Aufforderung nach und sah ihm einen Moment hinterher, als er die Treppen hinunterging. Kurz bevor er aus ihrem Sichtfeld verschwand, hielt er noch einmal inne und drehte sich zu ihr um. „Kopf hoch, Mercedes. Es wird alles gut."
Verwirrt schloss Mercedes die Tür, drehte den Schlüssel im Schloss um und schob die Truhe, die sie in einem kleinen Laden für wenig Geld erstanden hatte vor die Tür. Seufzend setzte sie darauf und stützte den Kopf in die Hände. Sie hoffte inständig, dass sie die Chance erhielt über ihre Beziehung oder eher über ihre Beziehungen mit Hayden zu sprechen und erneut sein Vertrauen zu gewinnen. Tränen stiegen ihr in die Augen. Sie liebte ihn und wollte ihn auf gar keinen Fall verlieren.

UnverhofftHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin