Kapitel 11

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Es ist so weit, es ist Montag.
Eine Nervosität die ich von mir selbst noch nicht kenne überkommt mich und ich beginne zu zittern. Mein ganzer Körper bebt, das Atmen fällt mir schwer und eine Sekunde scheint eine Ewigkeit anzuhalten. Meine Gefühle, die wie bei einem Fass immer kurz vorm Überlaufen waren, schießen jetzt meterhoch über den Rand hinaus. All die Probleme mit meinen Eltern Zuhause, der Fakt, dass ich in Frankreich bleiben muss, ich werde Feli so lange nicht mehr sehen, wenn ich zurück bin will sie bestimmt nicht mal mehr etwas mit mir zu tun haben. Alles in meinem Inneren droht zu platzen, geradezu zu explodieren und ich halte dem aufkommenden Druck in meinem Körper nicht mehr stand.
Bitterliche Tränen rollen mir übers Gesicht und ich beginne lauthals zu schreien. Ein Schrei der kochendes Wasser innerhalb einer Sekunde gefrieren lassen könnte. Auch wenn niemand hier ist bin ich mir sicher, dass dieser Schrei, der so viele Emotionen in sich mitbringt, von vielen Leuten am Gelände gehört wird. Mich kümmern die anderen Menschen aber momentan herzlich wenig, mein Schreien vermag gar kein Ende zu nehmen.
Am Rande bekomme ich mit, wie meine Füße nicht mehr den Boden berühren und ich schon gut zwei Meter in der Luft schwebe.
Mich erreicht ein neues Gefühl, eines der Macht, der Überlegenheit. Es scheint als hätte ich all meinen Ballast weggeworfen als mein Schrei gerade eben verklungen ist. Stärke, das ist das einzige was ich in genau diesem Augenblick nur noch empfinde. Ich breite meine Hände aus, sodass sie etwas seitlich von meinem Körper weg stehen, recke meinen Kopf zum Mond empor und beginne damit meine Pri-Fähigkeiten auszutesten.
Man könnte meinen ich sei ein Naturtalent, schnell habe ich verstanden auf welchen Gesetzen die Kräfte basieren. Und versuche sie zu kontrollieren.

Zuerst das Feuer, ich stelle mir eine Hitze in meiner Seele vor, eine Flamme deren Zunge wild umher peitscht, aber sie trotzdem noch so anmutig und elegant wirkt. Diese Wärme die sich wie ein Kribbeln in mir ausbreitet versuche ich auf meine Handflächen zu konzentrieren, es kommt mir alles so logisch vor, wie als wenn ich das schon tausende Male gemacht hätte. Im selben Augenblick, wie der Gedanke an die Flammen in meiner Hand, sind sie auch schon da. Nicht gerade klein, ungefähr 50 cm hoch. Die Flämmchen tänzeln um meine Finger und es ist ein atemberaubendes Gefühl, ich fühle wie wir uns gegenseitig Wärme und Zuneigung spenden.

Laut den Erzählungen von Caleb müsste ich auch noch das Element Luft besitzen, also ein Aeria sein. Vielleicht ist das der Grund warum ich noch immer in der Luft hänge. Ich konzentriere mich, ähnlich wie beim Feuer, auf das Gefühl welches ich mir unter dem Element Luft vorstelle. Die Flammen verschwinden und ich spüre eine Briese um meinen Körper wehen. Ich ergreife sie gedanklich und schon wirbeln ein paar Blätter im Wind um mich herum. Es ist ein schönes Gefühl, zwar distanziert und etwas kühl, aber auf jeden Fall gutmütig so wie auch das Feuer.

Ich lasse meinen Wind von dem echten Nachtwind wegtragen und sehe mich um, ein Stückchen vor mir sehe ich einen kleinen Teich, schon klar es ist nicht mein Element aber ich kann das Wasser mal betrachten um zu sehen wie sich Aqua so ungefähr fühlen müssten. Mit Schritten ins leere, weil ich noch immer in der Luft bin, fliege ich in die Richtung des Teiches. Neben dem Teich gehe ich zu Boden und strecke meine Hand in das kühle Wasser. Ich erschrecke mich und ziehe meine Hand schnell zurück. Das kann doch nicht möglich sein? Diesmal langsamer, tauche ich meine Finger in das Wasser ein und tatsächlich, das Wasser schmiegt sich an meine Hand. Das ist keine Einbildung, ein gleichartiges Gefühl wie beim Feuer und der Luft breitet sich in mir aus. Diesmal eines der Ruhe und Gelassenheit, aber ich spüre das diese Ruhe auch zu unbeherrschbaren Tsunamis anwachsen könnte, wenn sie wollte. Ich richte mich wieder auf und schaue auf den Teich, immer noch verblüfft darüber das ich dieses Gefühl überhaupt wahrnehmen kann. Einen Versuch ist es wert, ich stelle mir kleine Wassertropfen vor, die aus dem Teich aufsteigen und zu mir kommen sollen. Nach einer halben Sekunde reiße ich meine Augen auf, weil ich sehe wie Perlen, bestehend aus dem Wasser vor mir, zu mir schweben und um mich tanzen.

Bevor ich noch komplett den Verstand verliere lasse ich das Wasser wieder in den Teich sinken und probiere noch eine letzte Sache. Ich knie mich runter und berühre die Erde, schon wieder empfinde ich ein neues Gefühl. Diesmal ein Gefühl der Standfestigkeit und der Wahrheit, es scheint mir stark und vertrauenswürdig zu sein. Ich stehe auf und in dem Moment in dem ich daran denke, beginnt die Erde um mich herum in einem Kreis zu beben, ich versuche ein paar kleine Mauern aus dem Boden zu stemmen und es klappt sogar beim ersten Versuch.
Das gibt es doch nicht, ich stehe hier auf einer verlassen Lichtung und habe gerade mal so alle vier Element heraufbeschworen, kann es etwa sein, dass das was diese Geistererscheinung von Terra Mater gesagt hat die Wahrheit ist? Bin ich so etwas wie eine Reinkarnation von ihr? Ich versteh die Welt nicht mehr.

Wer ist Opalia?Where stories live. Discover now