Fast schon automatisch zündete ich die Zigarette an und nahm den ersten Zug. Meine Lunge füllt sich mit dem Nikotin. Aus dem Augenwinkel beobachtete ich wie Luka sich zu mir gesellte. „Seit wann rauchst du?", fragte er vorsichtig nach. Ich schwieg, weil ich ihm keine Erklärung schuldig bin. Das Nikotin hilft nicht gegen meine Wut wenn der Grund immer noch hier ist.

„Es war nie meine Absicht, dass du denkst ich würde den Kuss ausnutzen", ich schwieg einfach weiterhin. „ Oh gott Lisa ich hab dich geküsst, weil ich es verdammt nochmal wollte. Ich wollte das schon seit der 5 Klasse machen", seine Stimme klang verzweifelt. „Weisst du eigentlich wie viele Sorgen ich mir die letzten Jahre um dich gemacht habe? Ich bin weggezogen, hatte eine neue Nummer und ein neues Handy. Ich Dummkopf konnte dir weder persönlich Tschüss sagen, noch schreiben weil ich deine Nummer nicht mehr hatte. Auf Facebook warst du nicht mehr zu finden und auch sonst wo nicht", ich zog ein letztes mal an meiner Kippe, bevor ich sie aus machte.

„Später als ich mit Karl geschrieben hatte, habe ich ihn nach dir gefragt und er meinte nur, dass du nie wieder nachhause kommst. Ich dachte du wärst Tot! Niemand konnte mir sagen ob du noch lebst", als mein Blick seinen Suchte, sah ich die trüben Augen.

„Du weisst gar nicht was für ein Stein mir vom Herzen gefallen ist, als du vor ein paar Tagen einfach vor mir standst, lebend und unversehrt", ich legte meine Hand auf seine. Langsam verstand ich was in seinem Kopf vorhin abging. Er hat den Kuss nicht ausgenutzt, ich sollte ihm glauben.  „Deswegen habe ich dir einfach dein Pullover ausgezogen. Ich wollte Liam nicht glauben, dass du dich Selbstverletzt", er sah mich kurz an, doch wendete sein Blick wieder ab.

Die Wut auf ihn war völlig verflogen. Es muss die letzten Jahre auch für ihn hart gewesen sein und deswegen entschloss ich das einzig richtige zu tun. Ich löste meine Hand von seiner, zog meine Ärmel hoch. Es war auch für mich das erste mal, dass ich meine Arme wirklich genauer betrachtete. 

„Ich zeige meine Arme nicht gerne. Diese komischen Blicke der Anderen sind unerträglich und das ständige Erklären ist ätzend", ich nahm eine Bewegung neben mir wahr, spürte seine wärme wieder um mich. „Diese Narben zeigen meine Schwäche und nicht meinen Kampf", seine Finger berührten mein Arm. Ein befremdliches Gefühl stieg in mir auf. Ich beobachte wie er einige hässlich zu gewachsenen Narben nach fuhr.

Die Narben, die eigentlich hätte zugenäht werden müssen.

„Willst du mir erzählen, wieso du das gemacht hast?", sein Arm umfasste meine Taille, ließ ein Kribbeln meinen Körper durch fahren.

„Nachdem du gegangen warst, haben sich meine  tollen Freundeninen von mir entfernt. Ich fand herraus das sie nur mit mir befreundet waren, weil sie an dich und Tony ran wollten. Ich wurde zum Außenseiter der Schule, wurde gemobbt ohne das es ein richtigen Grund gab. Ich wurde sogar von James verprügelt, weil jemand meinte ihn zu sagen, dass ich seiner Ex scheiße erzählt habe über ihn. Das sozusagen ich der Grund war, wieso sie Schluss gemacht hat", ich erzählte ihm alles so ausgiebig wie es nur ging. Manchmal fiel es mir schwer, da ich selbst in meiner Therapie nie so offen reden konnte, aber grade jetzt neben Luka packte mich der Mut.

Ich erzählte ihm sogar, wieso ich anfing mich zu Ritzen, vertraute ihn bei manchen größeren Narben den Grund an.

Luka hörte einfach zu, stellte keine Fragen, wich nicht von mir. Es war, als würde er mein Verhalten verstehen. Nicht tolerieren, aber akzeptieren.

Als ich endlich fertig war, zog er mich in eine lange Umarmung. Auch er erzählte von einigen Dingen, die er hier erlebt hatte.
„Ich hätte dich nicht alleine lassen dürfen. Fuck stell dir mal vor du hättest dich umgebracht", er löste sich leicht von mir und ich sah grade noch wie eine Träne seine Wange runter lief.

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