So nah wie nur möglich

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Oktober 1957

„Also wohin jetzt?", fragte Paul mich nachdem wir einige Meter gelaufen waren.

Meine Finder waren noch immer mit seinen verschlungen.

„Können wir zu dir?", fragte ich ihn.

Er fing an zu lachen als hätte ich den witzigsten Spruch abgelassen den er jemals gehört hatte. Sofort ließ ich seine Hand los. Ich wollte nicht das jemand meine Hand hält der so über mich lachte.

Paul bemerkte dass ich mich ihm abwandte. Sofort probierte er Schadensersatz zu betreiben. „Ehm... also ich habe nicht wegen dir gelacht. Es ist nur so dass es unmöglich wäre dich zu mir mitzunehmen. Mein Vater würde durchdrehen. Er weiß ja nicht mal dass ich heute ein Konzert gespielt habe. Er denkt ich bin bei meinem Freund George." Probierte er sich zu erklären.

Ich verstand ihn zwar doch mir gefiel es nicht was er sagte. Wo sollten wir denn jetzt hin?

„Nagut", begann ich zu sprechen „Wir könnten zu mir aber wir müssen uns rein schleichen und leise sein. Verstanden?".

Paul nickte eifrig und ich nahm wieder seine Hand in meine und wir gingen zu meinem Haus.

„Ich hoffe du kannst klettern." Kündigte ich ihm an bevor ich begann die Säule an unserem Haus hoch zu klettern. Paul wollte etwas sagen doch ich deutete ihn leise zu sein.

Ich kletterte zu meinem Fenster und schob es hoch. Wie ein Geheimagent betrat ich mein Zimmer durch das Fenster mit einer Rolle. Ich kam leise am Boden auf und lief schnell zum Bett meiner Schwester. Ich rüttelte sie wach und bat sie im Wohnzimmer weiter zu schlafen. Gerade als sie dabei war mich zu fragen ob ich verrückt wäre stolperte Paul durch das Fenster und legte sich gekonnt auf die Schnauze. Er selbst machte beim Aufprall nur einen dumpfen Laut aber seine Gitarre dafür umso mehr. Für einen Moment hielten wir alle drei still und blickten uns gegenseitig panisch in die Augen. Nach gefühlten Stunden waren wir uns sicher das meine Eltern nicht wach geworden waren und ohne etwas weiteres zu sagen stand meine Schwester von ihrem Bett auf nahm ihre Decke und begab sich ins Wohnzimmer.

Paul hatte sich inzwischen aufgerappelt und stand nun beklommen auf der anderen Seite des Zimmers. Seine Gitarre fest umklammert hatte ich Angst es würde ihn gleich Zereisen so angespannt wie er aussah.

Ich ging zu ihm hinüber und nahm ihn seine Gitarre ab. Ich stellte mich ihm gegenüber hin und starrte ihn an.

„Also..." begann er einen Satz doch vollendete ihn nicht. Viel mehr war er damit beschäftig auf seinen Füßen herum zu Wippen und überall hin zu starren außer in meine Augen. Er spielte nervös mit seinen Händen herum. Ich hatte schon den Verdacht er würde gleich anfangen Däumchen zu drehen wie eine alte Frau im Gottesdienst.

Ich nahm seine beiden Hände in meine. Es schien ihn ein bisschen zu beruhigen. Meine Daumen strichen über seine Handrücken und irgendwie wirkte das auch auf mich entspannend. Ich war schrecklich nervös doch dadurch dass Paul mir so offen zeigte wie nervös er war konnte ich mich selbst besser beherrschen.

Mit langsamen mini Schritten kam ich näher auf ihn zu. Irgendwie fühlte ich mich stark. Ich fühlte mich Paul überlegen. Die Situation war unter meiner Kontrolle. Nur ich wusste was als nächstes passieren würde.

Was geschah war ein Kuss. Mein Erster Kuss. Ich glaube es war auch Pauls erster. Ich spürte das wir beide keine Ahnung hatten was wir hier taten.

Doch irgendwie meisterten wir es. Es fühlte sich interessant an. Das war also das wovon meine Freundinnen immer sprachen. Rational gesehen sind es nur zwei ganz normale Alltägliche Körperteile die sich berührten. Es sollte wie ein Handschlag sein. Oder ein unabsichtliches streifen des Oberarms im Vorbeilaufen. Aber das war es nicht. Es war so viel mehr. Es war als hätten Lippen einen ganz neuen Sinn bekommen.

Ich fragte mich ob ich es richtig machte und ob es Paul auch gefiel wie unsere Lippen tanzten als ich plötzlich seine Zunge spürte die in meinen Mund eindrang. Nicht nur Lippen bekamen einen neuen Sinn heute. Mein ganzer Mund bekam eine neue Bedeutung. Essen und reden war nicht mehr das einzige was er tat. Er tat nun etwas unglaublich aufregendes. Es war aber auch beängstigend. Ich wusste nicht was nun zu tun war. Keine meiner Freundinnen hatte jemals so genau darüber gesprochen. Mir kam der Gedanke einfach das zu tun was sich gut anfühlt. Und so presste ich meinen Körper immer näher an Pauls. Seine Hände wanderten hoch zu meinen Haaren und sie vergruben sich in meinem dichten blonden Haar.

Meine Arme wanderten seinen Rücken hoch und ich presste mich immer näher an ihn. Ich wollte ihm so nah sein wir nur irgendwie möglich.

Plötzlich spürte ich etwas Hartes in seiner Leistenregion. Ich wusste nicht viel über den männlichen Körper aber dem Aufklärungsbuch sei Dank wusste ich was bei Paul nun passierte.

Ich löste mich von Paul und er blickte mich etwas enttäuscht an. Ich ignorierte ihn und begann mir meinen schwarzen Rollkragenpullover aus zu ziehen. Seine Augen wurden groß als er meinen Büstenhalter anstarrte oder besser gesagt den Busen der sich darin befand. Ich entledigte mich auch noch meiner Hose und meiner Socken. Auffordernd blickte ich zu Paul und er verstand. Er zog sich seine Lederjacke aus und kurz darauf folgten auch sein Shirt, die Hose und die Socken.

Beide starrten wir und nun an. Noch nie hatte mich jemand so gesehen und noch nie hatte ich einen Jungen so nackt gesehen.

Ich wusste wieder nicht was ich tun sollte aber ich wollte Paul nah sein. Ich nahm ihn an der Hand und führte ihn zu meinem Bett. Gemeinsam schlüpften wir unter die Decke.

In dieser Nacht wurde er der erste Mann der mir jemals so nah war. Es tat zwar weh aber irgendwie schafften wir es dass es doch noch gut wurde. Er war unbeholfen und ungeschickt aber ich hätte mir niemand anderen hier bei mir im Bett gewünscht.

Als wir uns verabschiedeten Stand ich am Fenster und er war gerade dabei hinunter zu klettern. Er drehte sich jedoch noch einmal zu mir um und gab mir einen Kuss.

„Ich hoffe das das heißt das du nun meine Freundin bist Cat", sagte Paul mit solch einem Selbstbewusstsein das ich den ganzen Abend lang an ihm vermisst hatte.

Mir blieb nichts anderes übrig als einfach „Ja" zu sagen.

Das war nicht nur der Tag meines ersten Kusses, meines ersten Males und meines ersten Freundes sondern auch der Abend an dem ich schwanger wurde. Aber davon erfuhr ich erst Wochen später.

From me to you    ||Beatles ||StonesWhere stories live. Discover now