Kapitel 14

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 Jasper und ich tauschten mehrdeutige Blicke aus, als Ella sich zwischen uns auf das Sofa gesellte, nachdem Jasper ihr mit dem Indianerehrenwort und einem Schwur auf seine männlichen Genitalien geschworen hatte, ihre Gefühlswelt nicht zu manipulieren. Dennoch beäugte Ella, während sie ihr Smartphone hervorholte und die Profile der beiden Opfer auf deren Social-Media-Seiten aufrief, Jasper misstrauisch aus dem Augenwinkel.

„Was bei beiden ins Auge sticht, ist neben ihrer hohen Zahl an Followern, dass beide Frauen außerordentlich hübsch und sich vom Äußeren her sehr ähnlich sind. Sie könnten beinahe Schwestern sein, sofern man denn solch eine Vermutung anstellen möchte." Nachlässig scrollte Ella durch den vergangenen Feed der beiden Opfer und gab ein nichtssagendes Seufzen von sich, das vielleicht im entferntesten mit Neid in Verbindung gebracht werden konnte. „Teure Handtaschen, ausgedehnte Reisen, Unmengen von Designerschuhen... Wie diese Frauen sich all das leisten konnten, bleibt fraglich. Es schaut zumindest nicht so aus, als hätten sie all diese kostspieligen Unternehmungen nicht ausschließlich mit werbenden Kooperationen unternommen. Es sieht ganz danach aus, dass..."

Eine steile Stirnfalte bildete sich zwischen Ellas Augenbrauen und sie führte das Display ihres Smartphones ein paar weitere Zentimeter an ihr Gesicht heran. Der in der Luft verbliebene Satz ließ mein Herz vor Aufregung merklich höher schlagen.

„Ella, wonach sieht es aus?", hakte ich mit spürbarer Ungeduld in der Stimme nach.

„Einen Moment."

Tatsächlich hob sie die Hand, um meiner Unruhe Einhalt zu gebieten. Empört schnaubte ich aus, währenddessen Jasper sich über Ellas Kopf hinweg köstlich über meinen Gemütszustand und Ellas gebieterisches Gehabe amüsierte.

„Unfassbar, dass mir das zuvor noch nicht aufgefallen ist."

Kopfschüttelnd hielt sie mir das Display unter die Nase.

„Kann es sein, dass die beiden Frauen vielleicht einen sogenannten Sugardaddy gehabt haben? Jemanden, der ihnen diesen ganzen Luxus finanziert?", stellte Ella aufgeregt als Fragen in Raum, wobei ihre Mutmaßungen durch die Kommentare der beiden Frauen zu ihren Posts untermauert wurden.

So waren auf Jessicas Profil mehrere Bilder zu finden, in denen sie sich beispielsweise am Strand der Karibik in einem edlen weißen Bikini sonnte und einen bunten Cocktail schlürfte.

Ein riesiges Dankeschön an den netten Herren, der mir diese Aufmerksamkeit zuteil werden lässt. Seht doch meine Herzchen, was alles möglich ist, was man zuvor nicht für möglich gehalten hat.", flötete Jessica fröhlich in ihrem Beitrag mit unzähligen Smileys der puren Begeisterung.

Auch andere Beiträge mit Designerhandtaschen und -schuhen, glitzerndem Schmuck oder abenteuerlichen Ausflügen kommentierte Jessica in ähnlicher Manier.

„...als kleines Geschenk an mich von jemand ganz Besonderem..."

„...dafür meine Herzchen zeige ich euch, was ich von ihm, dem großzügigsten Menschen, den ich kenne, erhalten habe..."

...Da hat mir augenscheinlich jemand gut zugehört..."

...Ein wahrer Gentleman weiß eine Frau eben entsprechend zu behandeln..."

Ein Blick in die Beiträge von Fabiennes Profil, dem zweiten, bekannten Opfer, offenbarte ein beinahe identisches Muster an geschriebenem Text zu ihren eigenen Fotobeiträgen, in denen sie ebenfalls der materiellen Verschwendungssucht zum Opfer gefallen war.

„Das kann doch kein Zufall sein.", warf ich als Überlegung in den Raum. „Ein mysteriöser Fremder, offenbar ein Herr alter Schule, wenn man dem Inhalt ihrer Beiträge Glauben schenkt, überschüttet zwei Internetschönheiten mit plötzlichem Reichtum, die keine drei Monate später ins Koma fallen. In ihrer Historie von Beiträgen wird ja ersichtlich, dass ihr Gönner erst kurz vor ihrem Seelenraub aufgetaucht sein kann. Natürlich ist es möglich, dass dieser Gentleman nicht derselbe ist und auch nichts mit diesen Vorfällen zu tun hat, jedoch liegt die Vermutung nahe, oder?"

Das Herz des Diebes *Abgeschlossen*Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt