Pill

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Die leeren Soldaten hatten mich in ein Verließ gesperrt. Auf dem kalten Steinboden lag zwar etwas Stroh, aber das half auch nicht viel. Mondlicht fiel durch das mit Gitterstäben geschütztes Fenster und tauchte die ganze Zelle in ein kaltes, blau-silbernes Licht. Es war das Gegenteil zum blutig-roten Licht das vor kurzem noch in den Saal des Königs der Herzen geschienen hatte. Und doch hatte es etwas mit dem Schlachtfeld im Königssaal gemeinsam. Es war ein Ort der nur Tot und Kälte ausstrahlte.

Aus anderen Zellen hörte ich das Rasseln von Ketten. Ich hatte wohl Glück, dass ich nicht in Ketten lag. Von Zeit zu Zeit hörte ich das Scheppern der Soldaten, die durch die Gänge streiften wie Poltergeister. Ab und zu sah eine Wache nach mir um sicher zu gehen, das der Totgeweihte noch da war. Aber wo sollte ich auch hin?

Ich hatte mich auf den Boden meines Gefängnisses gesetzt und starrte aus dem Loch in der Wand. Kälte kroch hindurch und kühlte, dieses Eisfach nur noch mehr.

Stunden musste ich schlaflos vor dem Gitter gesessen und hinausgestarrt haben, denn langsam kroch Nebel in die Zelle und hüllte mich Stückchen für Stückchen ein.

Als der nass-kalte Nebel schon meine Hüfte erreicht hatte hörte ich ein Rascheln und das Klimpern Kettenhemden meiner Wachen. Ich spürte wie meine Augen langsam schwer wurden. Ein angenehmer, warmer Geruch kroch mit dem Nebel in das Gefängnis. Scheinbar hatte mich die Kälte und die Schlaflosigkeit nun doch gepackt. Vor meinen Augen quoll plötzlich grüner, blauer und lila Rauch durch das Gitterfenster. Ich hatte das Gefühl die Sterne würden sich im farbigen Nebel spiegeln und ihn zum glitzern bringen. Der Geruch nach Kräutern und Blumen wurde immer stärker und betörender. Er benebelte meine Sinne. Der König der Herzen musste ganz besondere Rosen in seinem Garten haben, wenn diese so lieblich rochen.

Ein leises Lachen drang vom Nebel getragen an mein Ohr. Mit abwesendem, fast schon benebeltem Blick, suchte ich die nicht vorhandene Quelle des Lachens. Auf der Suche streifte mein Blick zwischen den Gitterstäben entlang. Zwischen zwei Stäben schien sich das Licht zu brechen, als würde es auf ein Prisma treffen, das das licht brach.

Plötzlich bewegte sich diese Stelle zwischen die mittleren Gitterstäbe und wieder drang das sanfte Lachen an mein Ohr. Der Geruch von Blumen und Kräutern wurde immer intensiver und die Farben des Nebels ebenfalls.

Langsam fing die Luft an sich zu verformen. Ein kleiner Körper formte sich aus dem eindringenden Nebel, bis ein kleines Mädchen, nicht größer als zwanzig Zentimeter vor mir stand. Der Nebel wand sich um ihre Schultern und Hüfte und formte ein bodenlanges Kleid aus, blauem, grünem und lilanem Stoff. Hinter ihren Schultern spannten sich schimmernde Schmetterlingsflügel. Wie die einer Libelle waren sie transparent und sie brachen das silberne Mondlicht in einen Lichtregen aus blau, lila und grün.

Als sie aufblickte, schaute ich in ein blasses, bläuliches Gesicht mit tief schwarzen Pupillen. Ihre lilanen Lippen öffneten sich und ein leises Lachen drang hervor. Das Mädchen krümmte sich vor lachen und Nebel floss ihr anstelle von Haaren um die Schultern.

"Dein Gesicht", sagte sie als sie endlich aufgehört hatte zu lachen. Ihre Stimme war zart, wie der Nebel der sie um waberte.

"Ach Kleiner, was hast du da bloß geschafft?"

Benebelt von der ganzen Situation reagierte mein Gehirn nur langsam.

"Ich weiß nicht", sagte ich und versuchte diese Traumsituation zu verstehen.

"Du bist wirklich genau wie sie. Weißt nicht wie, aber im Gegensatz zu ihr bist du nicht so geschickt mit den Worten, nicht wahr? Macht nichts. Aber sag mir doch wie heißt du?"

Zu viele Worte prasselten auf einmal auf meinen vernebelten Verstand ein. Bis ich wusste was das Geflügelte Mädchen von mir wollte vergingen scheinbar die längsten Minuten meines Lebens.

Wonderland - The True StoryWhere stories live. Discover now