Der Weg beginnt

87 4 0
                                    

Er schlich sich aus dem Tipi, als Enola schlief. Mit einem letzten Blick auf die schlafende Schönheit begab er sich leise zu seinem Zelt, um die restlichen Sachen zu packen. Charles und die anderen Männer waren schon dabei, die Pferde zu satteln und den Wagen an eines der Pferde zu koppeln.

"Wen haben wir denn da" fragte einer der Männer ironisch, als Francis nun ebenfalls began, sein Pferd zu satteln. Francis schaute ihn mit zusammengekniffenen Augen an und Joris lachte. "Schöne Nacht gehabt?"

Francis musste sich anstrengen, nicht patzig zu werden. Er musste sich fangen und wieder ganz der gesammelte, verantwortungsvolle Anführer sein, der er war.

"Das hatte ich. Wie sieht es mit dir aus, Joris?" Noch bevor Joris antworten konnte, scherzte ein anderer: "Der hatte viel SPaß mit seiner Hand!"

Die Gruppe brach in lautes Gelächter aus und schnell musste Francis sie zur Euhe auffordern.

"Bald sind wir wieder auf uns gestellt, dann könnt ihr so viel lachen und laut sein, wie ihr wollt. In dieser weiten Prärie interessiert das dann niemand mehr."

"E-i-i-i."

Apenimon hatte sich leise an die Gruppe angeschlichen, ein paar der Männer erschreckten bei seinem Ausruf.

"Apenimon" hauchte Francis und lief auf ihn zu.

"Wani mastete yo, ich wünsche euch viel Glück auf eurem Weg."

Francis lächelte und umarmte Apenimon. "Danke für alles, was ihr in den letzten Wochen für uns getan habt. Wir schulden euch etwas."

Auch Charles und die anderen Männer verabschiedeten sich respektvoll von Apenimon und ein paar anderen Dakota, welche sich um die Engländer versammelt hatten. Enola war zum Glück nicht mehr dabei gewesen.

Die Männer schwangen sich auf ihre Pferde, die SOnne bahnte sich schon langsam ihren Weg über den Horizont. Einige ritten bereits langsam in Richtung Sonne, und als auch Charles außer Hörweite war, beugte sich Francis noch einmal runter. "Und pass für mich auf Enola auf" hauchte er und Apenimon nickte. Dann ritt auch er den Männer hinterher.

Als er der Sonne entgegen ritt, in diesem fremden Land, erinnerte er sich wieder daran, warum er Soldat geworden war. Ihn hatte das ungewisse, das Abenteuer, schon immer gelotst. Er beobachtete seine Männer, manche davon schon seit Jahren seine Freunde, wie sie scherzten und lachten. Das hier war seine Familie. Und trotzdem schmerzte sein Herz, als er an Enola dachte. Wie schön es wäre, sie neben sich zu haben auf seiner Reise. Jede Nacht neben ihr einzuschlafen und jeden Morgen mit ihr aufwachen.

"Was ziehst du so ein Gesicht, Francis" riss Charles Stimme ihn aus seiner Trance.

"Ach, nichts." Doch Charles kannte ihn zu gut.

"Du denkst an dieses Mädchen, hab ich Recht."

Leicht nickte Francis und zupfte verlegen an den mit Federn geschmückten Zügeln.

"Kopf hoch. Sie wird nicht das letzte Mädchen sein, welches dir so den Kopf verdreht. Zugegeben, sie ist schön und intellligent, aber sie ist eine Einheimische. Die sind so primitiv und einspurig, sie würde sich nie gegen ihren Stamm und für dich entscheiden. Das bedeutet veränderung und das würden die nie akzeptieren."

Francis schaute Charles verständnisslos an, doch diesen interessierte das garnicht. Er fuhr unbehelligt fort. "Diese Stämme wohnen in Zelten und beten irgendwelche Waldgeister an. Tanzen nackt und bemalt um ein Lagerfeuer." Er schüttelte abschätzig den Kopf.

"Denen sollte man mal sagen, dass das Scheiße ist, und den richtigen Gott und die richtigen Kulturen vermitteln." Nun war Francis die Kinnlade heruntergerutscht.

"Ich bin maßlos enttäuscht, Charles" brachte er leise heraus und räusperte sich. "WIe kannst du so respektlos über ein Volk reden, welches uns wochenlang ernährt hat, ohne je eine gegenleistung dafür zu wollen. Welches uns so liebevoll aufgenommen hat und uns in unserem Plan unterstützt hat."

Charles rollte mit den Augen. "Die hatten nur Angst, dass wir sie auch skalpieren. Sonst hätten sie das doch nicht getan."

"Da liegst du so falsch, mein Freund. SIe haben das aus Respekt und Wohlwollen getan. Das hätte kein Engländer so getan." Nochmals schüttelte er den Kopf. "Da fragt sich, wer das primitive Volk ist."

Und mit diesen Worte ritt Francis im Trab von Charles weg, gesellte sich zu Robin und Pete, welche sich immer noch um das geräucherte Büffelfleisch unterhielten.

"Das war mal ein Stück Fleisch, was, Francis?"

Halbherzig nickte dieser. "Da hast du Recht."

Gegen die Mittagszeit schlugen die Reisenden ein kleines Camp auf und grillten den Mais, welchen sie von den Indianern mitbekommen hatten.

Zwischen Charles und Francis war es seit dem Gespräch still gewesen. Francis konnte dieses denken einfach nicht nachvollziehen. Charles war ein gläubiger Mann, die Dakota waren jedoch so herzlich gewesen und trotzdem war er so abschätzig. Francis kümmerte sich weder um die herkunft noch um die Religion eines Menschen, ihm ging es um Charakter und Respekt. Charles dagegen war ein Christ und er akzeptierte auch nichts anderes neben sich-Weswegen er auch aus England geflüchtet war.

Plötzlich kam lautes geheul auf, sofort sprangen die Männer auf und zogen ihre Waffen.

Und sofort waren sie umzingelt. Eine Horde bemalter Männer standen um sie herum, streckten ihnen die Lanzen entgegen.

Die IndianerinWhere stories live. Discover now