#You stole my heart

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Ich lief schnell die Auffahrt hoch und schüttelte meine Kapuze ab, bevor ich vollkommen durchnässt das Schulgebäude betrat. Ich schüttelte kurz den Kopf, wobei mir nasse Haarsträhnen ins Gesicht peitschten und eilte dann zum Treppenhaus, wo ich die Stufen hochrannte, und den Gang entlang, in dem mein Klassenraum lag. Ich blieb vor der Tür stehen und zupfte hektisch meine Kleidung zurecht, bevor ich klopfte und eintrat.

Sofort lagen alle Blicke auf mir und ich schluckte verlegen. Ich ging am Lehrerpult vorbei und meinte leise ,,Tut mir leid."

Während ich mich an Stühlen vorbeiquetschte, versuchte ich nicht nach hinten zu ihr zu sehen, obwohl ich ihren Blick wie Feuer auf mir spürte, und setzte mich hin.

Herr Kramer fing wieder an zu reden und ich zog mir meine tropfende Jacke aus, wobei Melina, eine meiner besten Freundinnen und Sitznachbarin, mich beobachtete.

,,Was ist passiert?", fragte sie besorgt. ,,Sonst bist du nie zu spät."

Ich kramte meinen Ordner raus und strich mir Strähnen meines schwarzen schulterlangen Haares hinter die Ohren. ,,Papa war wach."

Sie sah mich mitfühlend an. ,,Hat er wieder Stress gemacht?"

Ich nickte nur als Antwort, öffnete meinen Block und nahm meinen Druckbleistift zur Hand. Melina wandte sich wieder an Herrn Kramer und hörte ihm zu, wie er zum x-ten mal über die Vorgangsweise bei Mediation sprach.

Ich stützte mein Kinn auf meine Hand und sah das Blatt vor mir an. Ich versuchte nicht an ihre Anwesenheit zu denken, daran, dass sie nur zwei Plätze hinter mir saß und ich sie aus dem Augenwinkel sehen konnte, wenn ich Melina ansah.

Zögernd setzte ich die Spitze des Stiftes aufs Blatt, wusste nicht was ich zeichnen sollte, doch schließlich bewegte meine Hand sich ganz von allein. Ich versank in einer anderen Welt, die nur aus Strichen und Punkten, Linien und Kreisen bestand. Mein Kopf schaltete ab und für ein paar Minuten vergaß ich alles um mich herum.

Meine Probleme zu Hause, mit der Schule und den Kummer, den mir dieses eine Mädchen hinter mir breitete, ohne es zu wissen.

Plötzlich drang die Stimme von Melina zu mir durch und ich blinzelte. ,,Hm?"

Ich sah sie an und bemerkte, dass sie mich mit hochgezogenen Augenbrauen ansah. ,,Wir haben 5 Minuten Pause."

,,Oh achso." Ich wandte den Blick wieder ab und sah auf das Blatt, dass ich in der vergangenen Stunde bemalt hatte. Die Skizze eines Mädchens mit lamgem und lockigem Haar war darauf zu sehen, umrandet von Kreisen, die Ornamente bildeten, und Wörtern und Sätzen, die mit den Linien ineinander flossen. Ich schluckte und legte mit leicht zitternder Hand meinen Stift beiseite.

Ich hatte gezeichnet ohne nachzudenken. Gezeichnet, was mich zur Zeit am meisten beschäftigte. Gezeichnet, was mein Herz liebte. Ich hatte Mirella gezeichnet. Meine beste Freundin, in die ich mich verliebt hatte.

Ein Schatten fiel aufs Blatt und ich riss meinen Kopf hoch. Sie stand direkt vor mir, mit den Händen auf meinem Tisch und sah mir in die Augen. Hastig klappte ich den Block zu und erwiderte ihren Blick.

Langsam fing sie an zu lächeln und fragte mit sanfter Stimme: ,,Warum bist du zu spät gekommen? Ich bin doch eigentlich diejenige von uns die zu spät kommt, du bist immer viel zu früh da."

Ich grinste schief und zuckte mit den Schultern. ,,Ich hatte Streit mit meinen Eltern und bin erst spät aus dem Haus gekommen."

Sie sah mich geknickt an und nickte verständnisvoll. Dann deutete sie auf meinen Block und fragte neugierig: ,,Was hast du denn die ganze Zeit gezeichnet?"

Ich sah auf den Block vor mir und dann wieder zu ihr. ,,Geheeeiiiiiiiiiiiim."

Sie schob die Unterlippe vor, doch ich schüttelte nur lachend den Kopf.

,,Okay..." Sie griff nach meiner Hand und zog mich von meinem Stuhl hoch. ,,Dann komm wenigstens mit auf Toilette."

Ich seufzte gespielt genervt, nickte jedoch und folgte ihr aus dem Klassenraum, nachdem sie meine Hand losgelassen hatte. Ich spürte noch immer das Gefühl ihrer warmen hellen Haut an meiner und mein Bauch kribbelte unangenehm.

In Büchern stand immer, dass die Schmetterlinge im Bauch angenehm waren, doch für mich war es eher ein unangenehmes Gefühl. Wenn ich sie sah wurde ich aufgeregt, mein Herz raste ununterbrochen und ich hatte das Gefühl mich jederzeit übergeben zu können. Andrerseits ging es mir so schlecht, wenn ich nicht bei ihr war, dass ich durchgehend Migräne hatte und mich jede Nacht in den Schlaf weinte.

Mirella wusste nichts von meinen Gefühlen zu ihr und das war auch besser so. Ich wusste, dass sie sie nicht erwiderte und wenn ich ihr davon erzählte, würden wir uns nur voneinader distanzieren.

Wir bogen in einen Gang und Mirella drückte die Tür zu den Mädchentoiletten auf. Ich huschte hinter ihr in den Raum und wartete bis sie fertig war. Ich beobachtete im Spiegel, wie sie ihre Hände wusch und mein Blick glitt über ihr Gesicht. Ihre braunen Augen strahlten wie immer Wärme aus und ihre lockigen Haare umrahmten sanft ihr Gesicht, da sie sie heute offen trug, was nur selten vorkam. Ich sah zu, wie sie ihre Hände mit Papiertaschentüchern abtrocknete und wieder einmal fiel mir auf, wie schlank und zierlich ihre Finger waren. Zeichnerhände.

Ich sah wieder in ihr Gesicht und unsere Blicke trafen sich. Oops, sie hatte mich erwischt wie ich sie beobachtet hatte.

Ein paar Sekunden lang sahen wir uns einfach an, bis sie auf mich zutrat und mich in ihre Arme zog. Überrascht aber glücklich erwiderte ich ihre Umarmung und schmiegte mich an sie.

,,Liv.", sprach sie leise in mein Ohr.
,,Mirella.", antwortete ich ebenso leise und wartete darauf, dass sie weitersprach.

,,Du hast mich heute gar nicht richtig begrüßt. So geht das nicht."

,,Tut mir leid.", flüsterte ich und hoffte inständig, dass sie meinen Herzschlag nicht spürte.

Ein paar Sekunden lang herrschte Stille. Ich hörte nur unsere Atemzüge, die bei uns beiden ein wenig unregelmäßig waren und ich fragte mich, ob Mirella es nicht langsam unangenhem fand mich so lange zu umarmen. Ich wollte sie gerade fragen, als sie das Schweigen brach.

,,Das ist nicht das einzige was dir leid tun sollte."

Überrascht erwiderte ich: ,,Was denn noch?"

Ich spürte, wie sie mich noch enger an sich drückte und dann hörte ich ihre Stimme an meinem Ohr, ganz leise nur, gehaucht: ,,Dass du mir mein Herz gestohlen hast..."

1040 words

#Oneshots GirlxGirl 💖Where stories live. Discover now