Ich presste meinen Lippen aufeinander, um mir ein Lachen zu verkneifen. Zumindest vorerst.

„Er hat mir sogar Komplimente zu meinem Kleidungsstil gemacht und mir den Ratschlag erteilt, dass kräftige Farben, wie königsblau oder smaragdgrün, mir ausgezeichnet stehen würden. Und dann erst dieses Senfgelb seines Hemdes mit dazu passender, gemusterter Fliege zu einem braunen Anzug... Da hätte ich mir schon denken müssen, dass Mensa-Marc nicht in meiner Liga mitspielt... Senfgelb, Kleo... Hast du je einem Mann so eine Farbe tragen sehen und er wusste sich entsprechend dieser zu kleiden?"

Ich schlug mir die Hand vor den Mund, um nicht laut lachen zu müssen. Stattdessen verneinte ich ihre rhetorisch gemeinte Frage mit einem Kopfschütteln.

„Und er liebt Erdbeertörtchen und Latte Macciato mit Karamell-Flavour. Auf seinem Handy befinden sich unzählige, niedliche Tierfotos, besonders von Welpen in lustigen Situationen. Dabei sind mir doch eigentlich kleine Kätzchen lieber, aber selbst von denen hatte er ziemlich süße Bilder."

Ella ließ sich wieder auf ihrem Stuhl nieder und legte verträumt den Kopf schief.

„Aber all dies nützt mir nichts, wenn er niemals auf mich stehen wird."

Schmollend schürzte sie die Lippen.

„Seht ihr euch wieder?", fragte ich gespannt, obwohl ich ihre Antwort auf diese Frage schon ahnte.

„Ja, natürlich.", antwortete sie mit einer Selbstverständlichkeit, die mich meine Selbstbeherrschung endgültig vergessen ließ.

Ungehemmt und lauthals lachte ich auf. Ella sah mich zuerst schockiert aus großen, braunen Augen an, dann jedoch stimmte sie in mein Lachen ein.

„Manchmal bin ich aber auch herrlich naiv, oder, Kleo?"

„Nicht nur manchmal, Schätzchen.", entgegnete ich ihr belustigt.

„Du bist doof."

Erneut griff sie nach dem Eisbecher und widmete sich ihren Freunden Ben und Jerry.

„Schade, dass Ben und Jerry nur gute Tröster sind, aber keine potentiellen Partner darstellen." Sehnsüchtig seufzte sie auf und betrachtete die Bilder auf dem Eisbecher. „Ist dir eigentlich während meines katastrophal, irgendwie unerwartet guten Treffens etwas Spannendes widerfahren?"

Ich schluckte merklich und fühlte mich plötzlich von ihren neugierigen, erwartungsvollen Blicken geradezu festgenagelt, als befände ich mich in einem Verhör mit unausweichlichem Ausgang. Nun trat ich an den Kühlschrank und durchsuchte ihn augenscheinlich nach etwas Essbarem, obwohl mir der Appetit mittlerweile vergangen war. Ich fand eine Tafel Schokolade, derer ich mich einer Reihe bediente und die ich schließlich an ihren Platz im Kühlschrank zurücklegte. Die Tür des Kühlschranks schlug ich etwas zu fest zu, etwas zu geschwind nahm ich Ella gegenüber Platz und etwas zu lange genoss ich die mickrige Schokoladenreihe.

„Alles in Ordnung, Kleo?"

Verdächtig nervös rutschte ich auf meinem Stuhl hin und her, doch ich rief mich innerlich zur Ordnung, als ich Ella nochmals eingehend betrachtete und den traurigen Schimmer in Augen erblickte.

„Ja,... Mein Nachmittag bestand aus staubigen, alten Büchern und dem qualvollen Schreiben eines Essays.", log ich letztlich, obwohl ich augenblicklich ein schlechtes Gewissen befiel.

Etwas skeptisch wirkte Ella schon, dennoch stellte sie keine weiteren Fragen und beließ es vorerst dabei. Diese Eigenschaft an ihr hieß ich in solch brenzligen Situation mehr als gut, da ich wusste, dass ich jederzeit mit ihr über den Vorfall würde sprechen können, jedoch drängte sie mich nicht dazu, es zu diesem Zeitpunkt zu tun. Stattdessen wechselte sie gekonnt das Thema.

„Hast du Lust auf einen Filmabend? Ich brauche heute Abend noch ein paar heterosexuelle, gutaussehende Männer, um nicht den Glauben in mein Dating-Karma zu verlieren."

Dankbar atmete ich aus und setzte ein wissendes Grinsen auf, das meine Augen nicht gänzlich erreichte.

„Natürlich. Wie wäre es mit Die nackte Wahrheit?"

„Der Film mit Gerald Butler?"

Ich nickte.

„Darin spielt er auf jeden Fall einen Mann, der definitiv auf Frauen steht und es nur allzu deutlich unter Beweis stellt."

„Klingt ziemlich passend. Legst du die DVD schon einmal ein? Ich bereite uns eben Popcorn zu und bringe die Getränke mit."

Darauf erhob ich mich aus meinem Stuhl und war dabei, mich ins Wohnzimmer zu begeben, als ein Räuspern Ellas mich innehalten ließ.

„Kleo..." Zögernd schien sie nach den richtigen Worten zu suchen. „Ich bin für dich da. Jederzeit, falls du mit jemanden sprechen möchtest."

Zuerst stutzte ich, aber dann erhellte ein freundliches Lächeln meine Züge.

„Das weiß ich zu schätzen, Ella."

Offenbar hatte sie eindeutig erfasst, dass mich etwas zu bedrücken schien, allerdings erschien es mir zu diesem Zeitpunkt unmöglich, ihr von meiner haarsträubenden Begegnung mit Mr Black zu berichten, wenn sie doch ein etwas unglückseliges Treffen mit Mensa-Marc gehabt hatte und vor allem dabei war, sich in denselben Mann wie ich zu verlieben, wenngleich alles in mir entschieden dagegen aufzubegehren schien. Was nur hatte dieser Mann an sich, dass er die Gefühlswelt zweier junger unschuldiger Frauen derart durcheinander bringen konnte?

Das Herz des Diebes *Abgeschlossen*Where stories live. Discover now