Anscheinend weiß ich was, ich weiß nur nicht, was

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Okay, einfach nicht ausflippen. Das ist ja nicht so schwer. Du fliegst nur gerade. Ohne irgendeine Unterstützung. No big deal. Okay, okay, big deal. Ich hörte Schreie, Rufe und Fluchen auf The blue dragon. Aber ich durfte nicht schauen. Ich wusste, dass ich sonst gefallen wäre. Also schloss ich konzentriert die Augen und stellte mir vor, auf dem Boot des Königs zu landen. Ich spürte, dass der Wind in meinen Haaren etwas stärker wurde und dann wieder abflaute. Ich fühlte ersehnten festen Boden unter den Füßen und fiel ungeschickt auf meinen Arm. Eine Sekunde lang war ich einfach nur froh, erstens noch zu leben und zweitens nicht mehr zu fliegen. Fluchend richtete ich mich wieder auf. Jedes einzelne Augenpaar vom anderen Boot war auf mich gerichtet.

"Hab ich jetzt eure Aufmerksamkeit?", rief ich. Keine Antwort. "Warum kämpft ihr eigentlich? Kämpft ihr um mich? Darauf kann ich gerne verzichten. Ich weiß, dass ich die Prinzessin bin. Aber ich bin so viel mehr." Mein Blick traf den des Käpt'ns, die bitter lächelte. Unsicher sahen sich sowohl Soldaten als auch Piraten um. Jemand auf dem anderen Boot richtete sich auf. Ich erbleichte. Brosnan. "Warum steht ihr hier so rum?! Angriff!" Bewegung geriet in die Soldaten und die Piraten hoben wieder die Waffen, bereit zum Kampf.

Ich fluchte. Der Käpt'n zeigte mit einer Handbewegung auf den Rumpf des Schiffes und ich nickte. Ich sah, dass Brosnan taumelte und auf ein Seil, mit denen die beiden Schiffe verbunden waren, stolperte. Darüber hätte ich natürlich auch klettern können, aber das hätte den Schockeffekt weggenommen, den ich für meinen so brillianten Plan gebraucht hatte. Und nein, ich hatte nicht geplant, dass ich soeben mal anfangen würde zu fliegen.

Ich eilte triefnass und frierend die Treppen hinunter und stürmte nacheinander in jeden Raum, meine Suche blieb allerdings erfolglos, ich fand nur dreckige Klamotten und ein paar vergammelte Essensreste. Fieberhaft überlegte ich, wo ich noch suchen könnte. Mir rannte die Zeit davon. Brosnan suchte nach mir. Und er war zwar verletzt, aber besaß die mächtigste Waffe von allen: Verzweiflung.

Ich stand verwirrt und frustriert im Gang. Vielleicht würde ich hier etwas finden. Und tatsächlich, in einer hinteren Ecke sah ich ein mittelgroßes Rohr, das sowohl in den Boden als auch in die Decke verschwand, was mir sehr seltsam und fehl am Platze vorkam. Wenn es nach unten verschwand...wenn ich es mir recht überlegte: beide Schiffe lagen auf gleicher Höhe im Wasser, aber dieses hier schien höher zu sein. Also musste es quasi einen "Keller" geben.

Aufgeregt kniete ich mich in der Nähe des Rohrs auf den Boden und suchte nach einem Brett, das man beiseiteschieben oder eine Klappe, die man öffnen konnte. "Prinzessin! Stell dich lieber gleich, ich verspreche auch, dass ich es kurz mache", hörte ich Brosnan von oben verlauten. Mein Gehirn wurde von Adrenalin überschwemmt und ich sah alles deutlicher. Ich entdeckte eine Unebenheit im Boden und stürzte mich darauf. Ich fuhr an den Seiten entlang und fand so etwas wie einen Mini-Henkel, den ich mit meinen Fingern gerade so erreichen konnte.

Ich zog ein bisschen und plötzlich öffnete sich der Schacht ganz unter mir. Ich schlitterte auf dem Po eine Holztreppe hinunter. Ich hatte mir mit Garantie mindestens drei Splitter eingezogen und fühlte mich, als wäre mein Steißbein gebrochen. Grunzend vor Schmerz richtete ich mich auf. Der Schacht oben blieb Gott sei Dank offen.

Es führte nur ein kurzer Gang zu einer massiven Holztür. Ich stürzte auf sie zu. Scheiße, dachte ich. Verschlossen. Was hatte ich auch bitte erwartet? Das wäre doch sonst viel zu einfach gewesen. Ich seufzte und suchte irgendwo nach einem Schlüssel. Selbst, wenn ich meine "Macht" irgendwie wieder heraufbeschwören hätte können, würde mir Fliegen in einem verschlossenen Raum wenig helfen.

Nach einer Minute vergeblichen Suchens hämmerte ich wütend mit den Fäusten an die Tür. "Wie lautet das Passwort?", fragte plötzlich eine Stimme auf der anderen Seite der Tür. Ich schrak zurück. "W-wer sind Sie?" "Mep. Inkorrekt. Noch zwei Versuche." Ich überlegte fieberhaft, während ich hörte, wie Brosnan die Treppe hinunterkam. "Äh, keine Ahnung!" "Mep. Inkorrekt. Noch einen Versuch." Ich wollte wütend etwas erwidern, wusste aber, dass das auch gezählt hätte und ich dann niemals reingekommen wäre. Ich ging tief in mich. Das Schiff gehört meinem Vater. Was ist wichtig im Leben meines Vaters? Es muss einfach sein. Vermutlich ein Wort. Demirobots? Nein. Etwas, was er mag, sonst würde er sich jedes Mal bitter fühlen, wenn er es sagen muss. Was sagt er denn bitte gerne? Vielleicht habe ich...Oh. Mit mehr Überzeugung in der Stimme, als ich eigentlich hatte, sagte ich: "Perle." "Ding. Korrekt. Eintritt gewährt."

Die Tür wurde aufgeschlossen und vor mir stand ein Mann mittleren Alters mit einem gepflegten Aussehen. Er hatte einen getrimmten Bart und eine moderne Frisur. Das einzige, was mir an ihm auffiel, waren seine Augen. Ruckartig zuckten sie umher. Sie sahen gehetzt aus. Velleicht sogar...verrückt. Die Tür hinter mir schwang zu. "H-hi", sagte ich verlegen. "Hallihallo, Verehrteste, was kann ich für Sie tun?" Perplex sagte ich: "I-ich, ähhh, bräuchte den Gegenstand, der die Kraft der Demirobots blockieren kann." Ich wollte ihn gar nicht einweihen, aber ich hatte die unendlich vielen Regale mit undendlich vielen Mineralien, Tierkörperteilen und Flüssigkeiten gesehen und hatte keine Lust oder Zeit, sie alle zu durchsuchen.

Der Mann sah mich unverwandt an. Dann fing er an zu gackern. "Du willst das Mittel? Das Mittel? Gegen...ha, du bist lustig. Du bist doch so eine. Oder? Hihi. So eine...ja, so eine bist du. Ich weiß nicht. Du weißt es. Ich hab ja schon an ein paar, die wie du sind, Versuche gemacht, aber die sind alle so schnell verreckt, da hats mir keinen Spaß mehr gemacht." Er zog einen Schmollmund. "Du weißt es. Du weißt es. Du weißt es..." Wie ein Mantra wiederholte er diese Worte immer wieder. Ich weiß es...?

She saved me from the storm | ✅Where stories live. Discover now