Freundschaft?

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Stings Sicht:


Langsam trat ich durch die Gassen von Crocus, um meine Gedanken etwas klarer werden zu lassen. Die kalte, aber milde Luft erfrischte ein wenig, da die letzten Nächte mich sehr zum Schwitzen gebracht hatten und ich wegen eines gewissen Vorfalles mir dringend die Beine vertreten wollte, um nachzudenken.
Ich fühlte mich aber an diesem Abend überhaupt nicht wohl. Mein langjähriger, bester Freund war mir von Minerva genommen worden und es schmerzte mich zutiefst. Es war nicht die Tatsache, dass der alte Gildemeister ihn fast umbrachte und ich ihn vor diesem gewaltigen Monster beschützen wollte. Es war sie die ihn mir genommen hatte.
Gut annehmbar, weil Rogue und ich so einen Mist bei unserem letzten Kampf angezettelt hatten und auch, weil ich sie nicht an mich ran ließ. Um es so auszudrücken, mochte ich ältere Frauen, die so aussahen, als ob sie in den Farbtopf gefallen wären, eher weniger. Ihre Mittel zu versuchen, mich herumzukriegen, waren nervig und einfach nur peinlich für mich. Aber falsch gedacht. Sie tat es nicht, weil sie Interesse für mich hegte. Sie übte Druck auf mich aus, um unseren Fehler wieder gutzumachen. Doch nicht als Anwärter für Jiemmas freien Posten. Solange wir nicht siegten, würde sie mich nicht auf dem Thron sitzen lassen. Wir sollten so tun, als sei dieses Ungeheuer noch unser Master. Ich konnte also nur hoffen, dass niemand uns auf die Schliche kam oder uns verrät.
Tief in diesem Gedanken blieb ich unbemerkt stehen und schaute hoch zum klaren Nachthimmel. Es schmerzte so allein zu sein. Getrennt von meinem Exseed und bestem Freund zu sein, den ich als kleines Kind kennengelernt hatte. Dafür hasste ich Minerva, Jene war vor geraumer Zeit nicht so böswillig und daher vermutete ich, dass der übellaunige Bastard, sie so erzogen hatte. Nein einer Manipulation glich es eher. Sie war einfach nicht mehr einzuschätzen und das war gefährlich.
Ich zuckte kurz zusammen und schreckte aus meinen Gedanken. Von weiter Ferne vernahm ich Gelächter und das Klirren von Bierkrügen, die aneinander gestoßen wurden. Auch ein Krachen von großen Gegenständen drang durch meine allzu guten Ohren.
"Stimmt... die Bar Sun ist in der Nähe...", erwähnte ich leise und wurde wieder an meine Niederlage gegen Natsu erinnert. Ich war unfähig gewesen ihn zu besiegen. Doch mein verlangen ihn zu übertrumpfen war dadurch nur gestiegen. Ich wollte Lector retten. Ihn aus den Fängen dieser Furie befreien. Die Freunde der Gilde schnürte mit die Kehle zu.
Lector.
In meinem Inneren drehte sich der Magen um. Ich hatte versagt und es war nur eine Frage, ob der Kleine wirklich noch lebte oder ob Minerva mich verarschte, u ihren Willen zu bekommen. Die Hoffnung starb jedoch zuletzt. Sicher war, dass ich dieser Frau nicht mehr über den Weg trauen konnte. Sie wollte tatsächlich mit allen Mitteln an der Spitze bleiben. Doch wenn dies eintraf, was würde der Sieg ändern? Ich hätte vielleicht Lector wieder und könnte den Platz als Gildemeister übernehmen. Ob ich als hohes Tier die Chance hatte unser Denken umzulenken oder würde ich genau die selbe Grausamkeit begehen? Woher sollte ich wissen, ob ich überhaupt zu etwas taugen sollte. Ich war stark und nicht dumm, aber wild und ungestüm.
Mein Gedanke wich wieder zu Minerva. Es war nur noch eine Frage der Zeit, bis sie von ihrem hohen Ross hinuntergestoßen wurde.

Auf einmal stach mir der Geruch von Brathähnchen in die Nase. Leicht schnuppernd drehte ich mich um und sah wie jemand eiligst im Schatten des Hauses verschwand. Allerdings glaubte ich kaum, dass jemand mitten in der Nacht ein Hähnchen gebraten hatte. Möglich war allerdings, dass es der kleine Fairy Tail-Magier sein konnte, der am gestrigen Abend mit Natsu-san abhing. Von ihm ging ein solcher Geruch nämlich aus und das trieb in mir den Hunger hoch.
Zumindest war für diesen Moment meine Trauer verflogen und ich ging einfach in die Richtung des Jungen. Einmal konnte ich einen Blick auf ihn erhaschen. Das war an dem Tag, wo Fairy Tail in der Stadt ankam. An Jenem musterte ich ihn, genauso wie Natsu-san. Der Braunhaarige war für einen jungen recht hübsch, trotz der im Gesicht prangenden Narbe. Auch die Augen waren faszinierend und glichen beinahe wie die eines Adlers. Seine Bewegungen aber, glichen einer Frau. Ich wusste daher nicht, ob er wirklich vom anderen Ufer war oder uns allen etwas verheimlichte. Seine Gesichtszüge waren hierbei zu fraulich und zart. Nicht einmal um das Kinn war ein Schatten eines Bartes zu erkennen und das Markante fehlte ebenso. Vielleicht aber rasierte er sich auch jeden Tag?
Er roch nur in Wirklichkeit nicht nach der fettigen Speise. Eher nach etwas Anderem, was mich jedoch auch hungrig stimmte. Ich konnte es nicht klar definieren.
Ich fragte mich auch nicht wieso ich in seine Richtung ging. Man konnte sich denken, dass ich damals in dieser Nacht einfach Ablenkung brauchte. Verrückte weibliche Mädchen, die sonst um mich rumstanden und schrien, konnte ich gar nicht gebrauchen. Rogue, mein bester Freund, war eher damit besorgt, seinen Exceed zu schützen, da jener eventuell der Nächste sein könnte. Ihm konnte man es nicht verübeln so zu handeln.
Ich sah den Jungen und musste ehrlich grinsen. Irgendwie konnte ich den kleinen Kerl gut leiden.
"Beobachtest du mich?", fragte ich und sicher kam es merkwürdig rüber. "Kleine Schwuchtel."
Der kleinere Junge zuckte unweigerlich zusammen und sah mich mit großen Augen an. Ich tat so als ob ich gar nicht traurig wäre und entschied mich vorzugaukeln, dass ich so wie immer war. Es fiel mir auch nicht sonderlich schwer im Moment.
Nach kleinen Überlegungen, hörte ich von dem Kleinen ein Nuscheln mit genervtem Unterton. Ich beugte mich vor und sah ihm mit einem nun fiesen Grinsen in seine bernsteinfarbenen Augen. Allerdings bemerkte ich einen zweiten sehr bekannten Geruch in der Nähe. Minervas teures Parfüm, welches aber eher billig roch. Ich wich wieder zurück und schaute mich um. Kurz überlegte ich wieder, nahm dann das Handgelenk den Jungen und zog ihn zu einer etwas helleren Stelle an der uns die Schreckschraube gut sehen konnte. Sicher war ich mir nicht, aber ich hatte das Gefühl, dass diese Frau mich beobachtete.
Am gestrigen Abend wollte ich ihr eine Abfuhr erteilen, jedoch hatte sie den Spieß umgedreht. Und jetzt wo sie Lector in ihren Krallen hatte, war es ihr ein Leichtes, mich zu zwingen, nach ihrer Nase zu tanzen.
Ich fasste den Entschluss zur Flucht. Auch wenn meiner eins nicht der Typ dafür war den Drachenschwanz einzuziehen, musste ich notgedrungen nachgeben. Auch ein Drache hatte eine Art Schutzinstinkt. So griff ich nach dem Arm des Braunhaarigen und zog ihn solange mit mir, bis der Geruch dieser Frau verflogen war.


* * * * * * * * * * * * * * *

Ramias Sicht:


Als ich einfach mitgezogen wurde fragte ich mich, weshalb Sting nicht wegen dem verlorenen Kampf aufgekratzt war. Vielleicht lag es am Alkoholpegel, aber irgendetwas stimmte da ganz gewaltig nicht. Nie war ich dem weißen Dragon Slayer so nahe. Es behagte mir einfach nicht.
Anscheinend überspielte er sein Unwohlsein mit einer Freundlichkeit, die von einem Sabertooth-Magier nicht erwartet hätte. Während wir zügig liefen überlegte ich, ob es nicht besser gewesen wäre sich loszureißen und zu verschwinden. Leider wurde ich nur zu schnell von meinem Wissen über diese Art von Magier eingeholt. Sie besaßen gute Ohren, Augen und zu allem Überdruss verdammt gute Nasen.
Wir setzten uns auf eine Bank nahe eines Parks der Stadt. Es roch deutlicher nach Blumen, als in den dicht bewohnten Teilen von Crocus.
Als er mich endlich los lies und ich murrte wieder etwas unverständliches, das noch nicht einmal ich verstand. War ich schon von einem Krug des Weines weit hin? Leicht angenervt, angetrunken und sehr müde, war mein Gemüt nicht sonderlich gut. Das stand soweit fest. Gähnend hielt ich mir die Hand vor dem Mund und starrte anschließend angestrengt in eine der leeren Seitengassen vor uns, nur um den Blonden nicht anschauen zu müssen. Diesem schien mein Verhalten nicht wirklich zu stören oder besser; Es interessierte ihn nicht einmal. Ob ich mich glücklich schätzen sollte?
Irgendetwas war an diesem jungen Mann jedenfalls eigenartig.
"Warum sitze ich eigentlich neben einer Zicke?", versuchte ich deutlich von mir zugeben. Ohne auch nur darüber nachzudenken, da der Alkohol noch nicht verflogen war. Bekanntlich ging es auch nicht wirklich schnell. Von daher musste man sich bemühen sich zu beherrschen. Es würde sicher nicht klappen.
"Ich habe keinen blassen Schimmer.", antwortete er mir und ich war über seine Ehrlichkeit etwas verwirrt. Was zur Hölle war denn los mit ihm? Verwirrt blinzelte ich ihn an und spielte nervös mit der Knopfleiste meines Mantels. Er schaute mich an und in seinen Augen war etwas, das ich nicht beschreiben konnte. ES stimmte definitiv etwas nicht mit ihm.
"Bitte?!", warf ich ein und sah ihn mit einem leicht entsetztem Blick an. "Du meinst, du hast aus Ungewissheit agiert?"
Natürlich gab er mir keine Antwort, sondern grinste nur frech drein. Er wusste, dass ich verstehen wollte warum er mich mit sich zog. Meine linke Augenbraue machte demnach eine Bewegung nach oben und blieb dort auch einige Sekunden, bis ich seufzend auf den Boden schaute. Leider machte sich in dieser Sekunde nur ein sehr verschwörerischer Gedanke auf den Weg. Stand er etwa auf mich?
Diesbezüglich war es mich gewiss unangenehm und meine Wangen liefen rot an. Glück für mich, dass man wegen des geringen Lichteinflusses von Laterne und Mond nicht sehen konnte. Aber sollte dem so sein, wäre es nicht verrückt? Derjenige, welcher mich als 'Schwuchtel' betitelte, sei selbst vom anderen Ufer?
Es lag sicher an meinem derzeitigen Status, aber der Gedanke war gar nicht mal so unlustig. Außerdem hatte Sting seine Vorzüge. Er war groß, muskulös, stark und absolut gutaussehend. Nur charakterlich lies er so einen Wunsch übrig. Ob es nicht lustig wäre, sich doch als Frau zu offenbaren? Immerhin war die Vorstellung von einem geschockten, vielleicht verliebten Sting belustigend.
Kurz kicherte ich auf, um aber gleich wieder zu verstummen.
Wo war das rote nervende Fellknäuel, das immer bei ihm war und neunmalkluge Predigten hielt? Nicht das ich es vermissen würde, aber der kleine Exceed war ein Teil von dem Blondschopf.
"Wo ist der Kleine?", fragte ich einfach. Er sah mich leicht gereizt an, entgegnete aber nichts. Sein Blick sprach Bände und es zog mir das Herz zusammen. Er konnte einem in diesem Augenblick leid tun.
Du blöde Kuh! Im meinem Inneren lief es mir kalt den Rücken runter und hatte das Bedürfnis zu gehen. Seine Wut und Trauer wollte ich nicht spüren.
Ich stand auf, schwankte jedoch, da der Alkohol noch nicht vollkommen verflogen war.
"Brauchst es mir nicht zu sagen... dein Gesicht sagt schon alles.", sagte ich leise und ging einfach.
Ich lies ihn einfach alleine und bereute meine Tat nicht einmal. Noch nicht.

Flügelschlag des PhönixWo Geschichten leben. Entdecke jetzt