Schmerzen und Siege

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Nach der kleinen Strapaze mit Sting und seinem Date, liefen Natsu und ich eiligst zum Hotel in dem ich untergekommen war. Mein Freund hatte mich gefragt, ob ich die beiden kennen würde, da mein Gesichtsausdruck so etwas Ähnliches aussagte. So erklärte ich ihm, dass es vor einem Jahr einen Bericht über die Magier im Weekly Sorcerer gegeben hatte. Natürlich war dies eine Lüge. Ich kannte zwar ihre Gesichter, doch konnte ich nicht ganz nachvollziehen woher. Das Gefühl aber war kein Gutes gewesen, als ich sie sah. Gerade dies wurde durch diesen Abend nochmals bestätigt. Weiter fragte Natsu nicht, sondern knurrte unentwegt. Er schien sich womöglich über die gerade geschehene Szene zu ärgern. Ich hatte ein schlechtes Gewissen, was vollkommen unnütz gewesen war. Es war nicht meine Schuld, dass wir sie antrafen. Ich konnte nachempfinden, wie er sich fühlte.
"Mach dir mal keinen Kopf", begann ich in aufzumuntern und klopfte ihm auf die Schulter. "Morgen sieht alles anders aus und du darfst dich nach Herzenslust austoben."
Der rosahaarige Dragon Slayer schlug mit seiner Faust in seine Hand und grinste triumphierend. Sein Meinungsumschwung hieß ich innerlich nur zu gern willkommen.
"Ich bin schon Feuer und Flamme, ihm die Hochnäsigkeit aus dem Gesicht zu schlagen!", sagte er laut und voller Vorfreude auf den morgigen Kampf.
Seufzend strich ich mir deine Strähne aus dem Gesicht, was womöglich für meine Tarnung weniger gut war, denn Natsu schaute mich danach mit einem fragendem Blick an, der mich zusammenzucken lies. Hatte ich mich nun wirklich verraten?
"Wa-was denn?", stotterte ich und versuchte noch mit irgendwelchen Gesten die Situation zu retten. Doch der Rosahaarige schien nur etwas verwirrt zu sein und gar nichts Verdächtiges bemerkt zu haben. Ich war gerettet.
"Du bist komisch, Ramia", sagte er leicht verwirrt und lies dann gut sein. Er streckte sich und gähnte laut.
Unmerklich atmete ich auf, musste aber dann von ihm hören: "Trotzdem versteh' ich nicht, wieso du dich wie ein Mädchen bewegst... Du bist doch keins, oder?"
Prüfend kam er näher und schaute mich demnach auch an. Ich winkte ab und grinste verlegen. Ich war wohl doch aufgeflogen. Oder?
"Nö, wie kommst du drauf?", gab ich gespielt empört von mir mit der üblich verstellten Stimme und fügte dann hinzu: "Ich will einen guten Freund nicht belügen, geschweige denn, ihm etwas vorgaukeln! Das ist ehrlos!"
In diesem Moment zog sich etwas in meinem Inneren zusammen. Ich wollte ihn einfach nicht belügen. Doch war ich zu feige, ihm die Wahrheit zu sagen. Aus Angst vor Abneigung und Ekel. Aber war soetwas wirklich nötig? Je mehr ich darüber nachdachte, desto mehr kam mir die Frage auf, ob Natsu und die Anderen mich nicht doch so akzeptierten. Als junge Frau. Ich schüttelte innerlich mit meinem Kopf und wir gingen weiter in Richtung unseres Hotels.

Nachdem alles erledigt und Natsu weg war, musste ich erst einmal meine Gedanken fassen. Dass ich ihn mehr als nur mochte machte meine Sache wesentlich schwieriger zu verarbeiten, dass er Lucy mochte. Es war besser ihn ziehen zu lassen. Nicht nur, dass es womöglich mehr Probleme mit meiner Situation gab, sondern auch, weil die blonde Stellarmagierin mehr zu ihm passte. Ich mochte sie ehrlich gesagt nicht besonders, weshalb auch immer. Vielleicht weil sie die typische Blondine war? Weil sich Brünett und Blond immer gegenseitig lustig machten? Deswegen sicher nicht. Dieses Mädchen war schlau, trotz ihrer häufigen Unbeholfenheit. Meine Nerven spannten sich, als der rosahaarige Dragon Slayer anfing von ihr zu reden und sich ausgerechnet bei mir erkundigen wollte, wie er ihr Herz erobern könnte. Liebe schien in der Hinsicht aus einem einmal rebellischen und vorlauten jungen Mann, ein kleines zahmes Kätzchen zu machen. Wohl besser: Es machte aus ihm einen verhätschelten Drachenwelpling.
Ich riet ihm also nur, so zu bleiben wie er sonst auch zu ihr war, ansonsten würde er die blonde Magierin verschrecken. Was in dieser Hinsicht auch stimmte. Ein Natsu, der kein Natsu mehr war, schien zu gruselig. Das würde seinen vorlauten Charakter nur zerstören. Erwachsen würde er früh genug werden.
Nun wollte ich mich nicht länger mit diesem Liebeskummerdingen abgeben. Für eine achtzehn Jahre alte Frau, war so etwas das geringste Problem. Wenn ich meines erst einmal in den Griff bekommen würde, könnte ich vielleicht endlich ein normales Leben führen. Aber hierbei würde es wieder schwierig werden. Wie sollte man sein 'männliches' Leben so schnell ablegen?
Zudem befürchtete ich, dass man mich aufgrund meiner Narbe nicht einmal als eine Frau ansehen würde. Welcher Mann liebte denn schon eine weiblich scheinende Person, deren Verbrennung so fürchterlich aussah.
"Wärst du bloß nicht...", flüsterte ich so leise, wie ich nur konnte und ging zum Spiegel.
Langsam hob ich meine rechte Hand und fuhr sanft mit meinen Fingern über den unteren Teil der Wange, über die dort anfangende Narbe. Ich hasste diese Narbe, denn ich fühlte mich mit ihr hässlich und zerbrochen. Seufzend nahm ich meine Hand wieder weg und wandte mich vom Spiegel ab. Mich wollte ich erst gar nicht mehr betrachten. Ich war eine Frau, die sich als ein Mann ausgab. Meine Angst galt dem was passieren würde, wenn herauskäme, dass die 'Monstrosität' eine Frau war. Bei Männern akzeptierten Fremde Narben. Wenn auch mit ein wenig Schrecken und Mitleid. Doch bei Frauen galten als hässlich. Doch meine Gilde war anders, oder? Warum konnte diese Angst nicht einfach verschwinden. Konnte man es nicht einfach hinnehmen, dass ein solcher Makel vielleicht eine Geschichte erzählte?
Knirschend suchte ich mein Hotelzimmer ab, in der Hoffnung irgendetwas zu finden, dass mich von dem Gedanken ablenkte. Doch das spartanisch eingerichtete Zimmer, das nur gelegentliche minder schöne Dekorationen aufwies, gab keine Ablenkung her. Seufzend ging ich zu meinem Bett und setzte mich auf dieses. Es war hart und nachts hatte man Mühe einzuschlafen, gerade weil es so ungemütlich war. Für mein Geld, das ich bei meinem weniger gut bezahlten Aufträgen bekam, reichte es noch aus. Nur musste ich mir irgendwann überlegen, wie ich am besten mit meiner damaligen Monatsmiete klar kommen würde, wenn ich wieder in Magnolia ankam. Doch war dies ein anderes Problem.

Nach einiger Zeit legte ich mich hin und versank wieder in Gedanken, bis ich irgendwann unbemerkt einschlief.


Flügelschlag des PhönixWhere stories live. Discover now