№ 11: allegro cantabile

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Endlos viele Male traf die Spitze seines Schuhes auf dem billigen Boden der kleinen Wohnung auf, der derselbe wie bei sich selbst in der Küche daheim war, wo er jetzt eigentlich sein sollte.

Doch Taeyong saß völlig eingeschüchtert auf der durchgesessenen Couch eines ihm fremden Appartements, wenn man sich gewählt zu ausdrücken vermochte.

In Wirklichkeit waren diese paar Räume in schlechterem Zustand als die Wohnungen der Einrichtungsserien, die er mit seiner besten Freundin an manchen Sonntagen als kleine Unterhaltung gesehen hatte.

Die langen Leisten an der teilweise grün angelaufenen Decke fanden an manchen Stellen schon ihren langsamen Weg in Richtung und auch an den Wänden selbst, erwies sich die Fauna im Wachstum zu befinden.

Die Möbel waren bunt zusammengewürfelt wie einer dieser Zauberwürfel, nichts passte auch nur ansatzweise zusammen.

Sonst war der Boden aber blitzblank und die Fenster schienen vor Sauberkeit schier nicht sichtbar zu sein.

Diese paar Faktoren standen sich so sehr im Kontrast gegenüber, dass der Schüler erstmal schlucken musste, um sich ein wenig auf das Image des Studenten einzustellen und sich nicht selbst zu irgendwelchen Vorurteilen verleiten zu lassen.

„Ist das deine Wohnung?", fragte er kurzerhand dann doch, als er sich nicht auf eine Meinung mit sich selbst einigen konnte.

Jaehyun hielt einen Moment in seinen Bewegungen zur Vorbereitung eines einfachen Glas Wassers für seinen Gast inne, den Blick auf den dunklen Küchenthresen gerichtet, auf dem sich das halb kaputte Glas so halb aufrecht hielt.

Ihm schien es auch ein wenig peinlich zu sein mit dem mangelnden Zustand seiner Bleibe, aber irgendwie hatte er doch ein Heim in diesen bemoosten vier Wänden gefunden.

„Die Wohnung gehört eigntlich meinem Kumpel. Ich bin hier nur zeitweise in Teilmiete, weil ich hier halt einen Studienplatz bekommen habe. Er wohnt eigentlich auch hier, ist gerade aber bei einem anderen Typen auf Langzeitbesuch, was auch immer er damit bezweckt."

Die Antwort war knapp, gab Taeyong alle Informationen, die er brauchte aber zu einer Konversation verhalf dieser Schachzug nicht.

Stumm saß der Neue also wieder da und beobachtete die Schatten auf dem ausgeblichenen karierten Stoff der Couch, bis das Klirren der Glasruine auf dem kleinen japanischen anmutenden Tisch vor seinen Schienbeinen ihn wieder aus seiner unsinnigen Konzentration rissen und er den anderen wieder in die sonst so gefürchteten Augen sehen musste.

Sofort schoss ihm das Blut in einer großen Masse in die Wangen und ihn den Kopf, etwas, das der Kleinere der beiden auch an seinem Körper wirklich verabscheute.

Zumindest seit er seinen heimlichen Schwarm kannte, also ungefähr seit 2 Wochen.

Es brauchte nur ein Bingen seines Handys, wenn er lernte: Selbst das brachte ihn fast in den Wahnsinn.

Wäre doch nur Miyou hier. Sie hatte ihm zwar wieder geschrieben, mehr war aber auch nicht passiert.

Zu sehr beschäftigt, so ihre Entschuldigung.

Ihn zog das nur noch weiter ins große Gefühlschaos. In seiner ganzen Bildungslaufbahn hatte er sich nie so sehr von der Schule ablenken lassen. Und das jetzt ausgerechnet vor der Prüfungsphase.

„Ich muss bald gehen. Ab 18 Uhr fahren die Buse immer blöd und ich muss noch lernen, vielleicht auch in die Nachhilfe. Sonst macht meine Mutter Stress."

Verständnis von der anderen männlichen Seite.

„In Ordnung. Ich bringe dich nur zur Bushaltestelle, hier verläuft man sich sehr schnell", argumentierte der Student schnell wie einen Messerhieb gegen Taeyongs leise Überlegung einfach alleine durch die Straßen zu streifen, auf der Hoffnung eine Bushaltestelle zu finden.

Er wollte einerseits nicht noch weiter keine Kontrolle über seine Gefühle haben, andererseits war es wohl auch nicht so eine gute Idee sich mal schnell zu verlaufen oder sonstiges zu machen, mal abgesehen von der Laune seiner Mutter.

So zogen sich die beiden jungen Männer ihre Jacken über, da es trotz der voraus gesagten Hitze eine kühle Brise gab und sich am Himmel schon ein paar vereinzelte aber verheißungsvolle Wolken tummelten.

Taeyong wollte nur fliehen, kaum waren sie im engen Treppenhaus des Gebäudes.

Polternd trugen ihn seine Füße an die frische Luft, gefolgt von den gemütlichen Tapsern Jaehyuns, der das alles halb so wild wie der Abschlussschüler sah.

Die Nähe zu dem Kleinen hatte ihm gut getan und auch das Näherrutschen Taeyongs war ihm ganz sicher auch nicht entgangen, wieso also dann schlecht gelaunt sein?

Schmunzelnd folgte er seinem Partner auf sicherem Tritt-Abstand über den aufgerissenen Asphalt, aus dem allerlei Grünzeug spross, wie als könnte es die Welt mit seinen kleinen Wurzeln und Blättchen erobern, wenn es nur fest genug daran glaubte.

Die locker werdenden Hopser des Schülers vermischten sich mit dem Hupen der Autos ein paar Straßen weiter, selten auch mal bei ihnen und mit der Reden der paar wenigen Menschen, mit denen sie ihren Weg kreuzten.

Das Ganze war zu schön so dachte es sich Jaehyun, zu schön, zu perfekt. Doch als der Schüler an einer Bushaltestelle zum stehen kam, schnell den Plan mit seinen flinken Augen durchlas, um dann eine seiner schmächtigen Fäuste siegessicher zu ballen, da wusste er, dass es wahr war.

„Ich kann den Bus in 5 Minuten nehmen. Das passt perfekt", grinste Taeyong viel aufgelöster als vorhin und hob sogar eine Faust für ein kleines stummes ‚Hwaiting'.

„Schön. Danke, dass dir heute trotz deines Prüfungsstresses Zeit genommen hast, Babe." Er beugte sich vor und gab dem Schüler einen flüchtigen Kuss auf die Stirn.

Seine Lippen streiften fast nur die Haut des erstarrten Schülers, aber es war doch als Kuss zu bezeichnen. Ohne ein weiteres Wort drehte Jaehyun sich um und ließ den halb Sterbenden anderen zurück.

●•alleviare°jaeyong•●Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt