61) Abschied

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A N D I

„Ich will nicht, dass du weg musst" sagt Amelie traurig und zieht mich in eine feste Umarmung. „Ich auch nicht, aber ich muss" Sie löst sich wieder und schaut mich mit Tränen in den Augen an. „Ich wollte nicht heulen" Sie wischt sich schnell mit dem Ärmel über die Wangen und lächelt mir entgegen. „Ich wünsche dir ganz viel Erfolg und Spaß und meld dich unbedingt ganz oft!" - „Vielen Dank! Das werde ich! Und bitte vergiss nicht, dass ich die unfassbar liebe, Amelie" Ich nehme ihr Gesicht in meine Hände und Küsse sie zärtlich. „Und ich liebe dich, von ganzem Herzen" Sie lächelt. „Und dich liebe ich auch mein kleiner Mann" sage ich und kitzle Linus, der sich daraufhin grinsend in seinem Bettchen räkelt. „Tschüss, jetzt bist du der Herr im Haus" flüstere ich.
„Ich freue mich schon drauf, euch wieder zusehen" sage ich und schließe Amelie in eine letzte Umarmung. „Mach's gut" wir lösen und voneinander und geben uns noch einen Kuss, dann muss ich auch schon los, denn Markus wartet bestimmt unten im Auto schon auf mich.
Und tatsächlich: Vor der Tür steht schon Markus' schwarzer Audi. Schnell bugsiere ich meinen Koffer und eine Reisetasche in den Kofferraum und setzte mich neben ihn auf den Beifahrersitz. „Hallo erstmal" meint er lachend. „Hi, sorry bin gerade ein bisschen durch den Wind"
Markus winkt sofort ab und fährt los. „Kein Stress Andi! Das glaube ich dir"
Ein Monat ohne Amelie und ohne Linus! Das kann einen schon mal ein bisschen durcheinander bringen. Der kleine ist noch so winzig und verändert sich nahezu täglich, ohne, dass ich es sehe. Zwar haben wir sogar einen Weltcup in Deutschland, in Titisee, aber ich kann von Amelie nicht verlangen, dass sie mit einem kleinen Baby zum einen so weit fährt und zum anderen, dass ist es einfach total umständlich und aufwendig, alles für ihn mitzunehmen.

Auf die ganzen Fragen der Reporter, Journalisten und Fans freue ich mich natürlich auch wahnsinnig. Eigentlich sollte sich deren Interesse um meine Person als Sportler drehen und nicht um mein Privatleben, nur leider ist das, was man nicht weiß und vielleicht auch nicht wissen sollte, oft interessanter, als die offensichtlichen Fakten.

Am Flughafen warten schon alle auf uns, denn wie immer sind Markus und ich die letzten. „Schön, dass die Herren Eisenbichler und Wellinger es auch noch einrichten konnten. Dann sind wir nun endlich vollzählig" meint Werner nach einem Blick in die Runde und marschiert voraus. Das Team für den ersten Wettkampf besteht aus Karl, Stephan, Richi, Markus, Constantin, mit und natürlich Sevi, der nach seinem erneuten Kreuzbandriss endlich wieder mit dabei ist.

In Wisla angekommen gehen wir alle auf unsere Zimmer und verräumen unsere Koffer. Dieses Mal teile ich mir ein Zimmer mit Stephan, was mich total freut, da ich im Sommer relativ wenig mit ihm zusammen trainiert habe und ihn dementsprechend selten gesehen habe.
„Irgendwie witzig" sagt Stephan plötzlich und lässt sich aufs Bett fallen. „Aha?Damit ich mitlachen kann musst du mir das schon erklären" meine ich fragend. „Naja das letzte mal, als wir uns ein Zimmer geteilt haben, hast du mich noch voll gejammert. ‚Ich werde nie wieder ne Frau finden, die den Menschen und nicht den Sportler in mir sieht' Das hast du gesagt. Und jetzt, nicht mal ein Jahr später, bist du sogar schon Papa" sagt er draufging schmunzelnd. „Du hast recht" Ich grinse. „Ich kann es selbst kaum fassen. In den letzten Monaten ist so unglaublich viel passiert!"

Nach dem zwei Trainingssprüngen am nächsten morgen Nachmittag, die ganz okay waren, bin ich jetzt wieder zurück auf meinem Zimmer und wähle Amelie über Skype an. „Hey Schatz" sage ich, als ihr Bild erscheint. „Heyyyyy" sagt sie lang gezogen und grinst in die Kamera. „Du wirkst ein wenig gestresst, alles okay?" frage ich besorgt. „Alles gut, Linus hat mich nur eben ein wenig voll gespuckt" sie versucht sich krampfhaft einen Fleck von der Bluse zu wischen. „So ein kleiner Schlingel" sage ich lachend. Wir reden ein bisschen über dies und das, denn viel ist seit meiner Abreise noch nicht passiert, auch wenn es mir vorkommt als wäre ich schon seit Tagen weg.

Anders als du denkst (Wellinger/ Kraft +  Team) Skispringen Where stories live. Discover now