41) Verdammt

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A M E L I E

„Ja hallo" melde ich mich an meinem Handy, ohne auf das Display zu schauen. „Hi Amelie, hier ist Stefan" sagt dieser ganz aufgebracht. „Hi Stefan, was gibts?" frage ich. „Andi ist wach" sagt er direkt. „Wow das ist toll, wie gehts ihm?" frage ich sofort. „Erstaunlich gut! Wir waren gestern Nachmittag bei ihm und da hat er gesagt, dass er heute sogar schon auf die normale Station kommt" - „Wow das ist echt der Wahnsinn" meine ich erleichtert. „Du ich muss auch schon wieder los, Training ruft. Du packst das" sagt er aufmunternd. „Danke für den Anruf" Ich lege auf und in dem Moment kommt Paula wieder vom duschen. „Ich fahr jetzt ins Krankenhaus. Andi ist wach. Stefan hat gerade angerufen" erzähle ich ihr. „Wow das ist toll! Soll vielleicht ich lieber fahren?" meint sie lächelnd. „Gerne. Ich zieh mir nur kurz ein weiteres Shirt an, denn ich will nicht mit der Tür ins Haus fallen" sage ich und krame in meinem Koffer nach einem passenden Kleidungsstück, dass auch gleich gefunden ist. Aus der Einkaufstasche von gestern krame ich den weißen Body heraus und stecke ihn gemeinsam mit meinem Mutterpass und einigen Ultraschallbildern in meine Handtasche. Nervös steige ich zu Paula ins Auto. Wie er wohl reagieren wird? Wie werde ich auf seine Reaktion reagieren? Oh man!

Vor dem Krankenhaus atme ich noch einmal durch und gehe zum Empfang, wo ich Andis Zimmernummer erfrage, die mir auch sofort genannt wird: 378. Mit dem Aufzug fahre ich in den dritten Stock und halte mich dann rechts, so wie es mir die Damen am Eingang gesagt hat. Ich atme noch einmal durch. Am liebsten würde ich mich umdrehen und davon laufen, aber das werde ich nicht. Entschlossnen und mit zitternder Hand klopfe ich an der Zimmertür. Mein Herz habe ich noch nie so pochen hören, als in diesem Moment.
„Jaa" höre ich von innen und öffne langsam die Tür. „Amelie?" er scheint ein wenig erstaunt zu sein. „Hallo Andi" Er schaut mich mit gerunzelter Stirn an und bedeutet mir mich auf den Stuhl neben seinem Bett zu setzen. Ich setzte mich und lege schützend meine Tasche auf meinen Bauch. Gott sei dank habe ich  noch einen relativ kleinen Babybauch, was mir diese Situation definitiv erleichtert. „Wie gehts dir?" frage ich nervös. „Erstaunlich gut muss ich sagen. Meine Rippen tun ein wenig weg, aber ansonsten gehts mir echt gut" erklärt er. „Das ist schön zu hören" ich lächle vorsichtig. „Freut mich echt, dass du mich besuchen kommst" meint er mit seinem typischen Lächeln auf den Lippen. Ich versuche zu lächeln, aber es gelingt mir einfach nicht.

„Amelie irgendwas ist doch? Ich weiß, dass du schon öfter bei mir im Krankenhaus warst" er schaut mich besorgt an. „Woher weißt du das?" frage ich leise. „Von einer Schwester" erklärt er. „Also, was ist los?" er richtet sich in seinem Bett auf und fährt sich durch die Haare. „Gib mir mal deine Hand" fordere ich ihn auf, da ich merke wie der kleine von innen tritt. Mit einem fragenden Blick gibt er mir seine Hand und ich lege sie vorsichtig an die Stelle. Als ich einen Tritt spüre reißt er seine Hand ruckartig weg. „Was war das?" fragt er erschrocken und mit aufgerissenen Augen. „Dein Sohn" sage ich mit einem dicken Kloß im Hals und schaue ihn mit glasigen Augen an. „Andi ich bin schwanger von dir" bringe ich gerade hervor und warte auf seine Reaktion. Mit einem leeren Blick starrt er mich an, ohne ein Wort zu sagen, ohne mit seiner Gestik oder Mimik irgendetwas zu zeigen. „Sag doch bitte etwas" murmle ich leise und versuche in seinem Blick irgendetwas zu deuten.
„Du wirst Papa, Andi" An seiner Haltung ändert sich nichts. Was ihm wohl gerade durch den Kopf geht? Aus meiner Tasche krame ich die Ultraschallbilder heraus und lege sie vor Andi auf die Bettdecke.
Langsam greift er danach und blättert sie aufmerksam durch.
„Wieso hast du mir nichts gesagt?" fragt er nach einer Weile mit brüchiger Stimme und wendet seinen Blick mir zu. „Ich wollte dich in keine Rolle zwingen, in die du nicht hinein passt, aber durch deinen Sturz ist mir das ganze erst bewusst geworden, es tut mir leid" ich kämpfe gegen meine Tränen an, doch es gelingt mir nicht. „Mich nicht in etwas hineindrängen? Mensch Amelie, ich habe verdammt noch mal ein Recht darauf" er wirkt ein wenig wütend. „Es tut mir leid"
Ich springe auf uns verlasse das Zimmer. Vor dem Krankenhaus setzte ich mich auf eine Bank und atme tief durch. Irgendwie hätte ich mit einer anderen Reaktion gerechnet, aber er hat absolut recht. Er hat sowas von Recht! Verrammt! Warum war ich so egoistisch? Wie soll es denn jetzt weiter gehen?

Anders als du denkst (Wellinger/ Kraft +  Team) Skispringen Where stories live. Discover now