4. Kapitel ☆

50 9 4
                                    

Japsend, hustend, keuchend und das alles gleichzeitig trete ich durch unsere Eingangstür. Nach dem Joggen geben mir die fünf Stockwerke die es zu erklimmen gilt um in die Wohnung zu kommen immer den Rest.
Vollständigkeit außer Atem lasse ich mich an die Küchentheke sinken und stürze gierig ein Glas Leitungswasser runter, ein zweites direkt hinterher. Nach dem Laufen fühle ich mich immer erfrischt, aber auch verklebt und verschwitzt, weswegen ich zügig unter die Dusche hüpfe und mich in saubere Kleidung hülle.

Mit einem Handtuchturban auf dem Kopf beginne ich mir Frühstück zumachen. Frühstück ist meine Lieblingsmahlzeit am Tag. Flott habe ich mir einen Obstsalat mit Joghurt und Haferflocken gezaubert. Zufrieden lasse ich mich auf dem Stuhl in der Ecke nieder, die Schüssel stelle ich vor mir ab. Mein Magen knurrt fordernd,woraufhin der erste Löffel in meinem Mund landet, lecker.
Ich schnappe mir eine der Zeitschriften, welche auf dem Tisch rumfliegt und beginne beiläufig in ihr zu blättern.

Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, Jake hat sie mit Sicherheit nicht gekauft, ich auch nicht, also denke ich das sie diese mitgebracht hat. Wow, gerade mal zwei Nächte hier verbracht und schon hinterlässt sie hier überall ihre Spuren, sie wird mir immer unsympathischer. Missmutig stochere ich in meinem Frühstück herum.
Jetzt ruiniert sie mir auch noch meine Lieblingszeit des Tages, klasse. Ich schiebe die Schale lustlos beiseite und blättere weiter durch das Klatschblatt. Auf der Seite die jetzt vor mir offen liegt ist ein Quizz abgedruckt, „Welche Art von Partner passt zu Ihnen?".
Damals habe ich viele solcher Quizze gemacht. „Er liebt mich,er liebt mich nicht", „10 Anzeichen das er auch auf dich steht",„Welchen Typ Mädchen mag dein Schwarm", waren nur ein Paar davon. Ich weiß noch genau, wie ich Stundenlang ich auf meinem Bett lag, Liebesromane und Teenizeitschriften las und einfach das erste mal verknallt war, was zu gleichermaßen aufregend und verwirrend war. Irgendwie vermisste ich diese Zeit, aber irgendwie auch nicht. Mittlerweile tun diese Gefühle nur noch weh.

Ganz in Gedanken lange ich nach meinem an die Seite geschobenen Frühstück. Je weiter ich das Magazin durchstöbre, desto mehr muss ich an die Zeit denken als ich gemerkt habe was oder besser gesagt wer Jake für mich ist.
Jake ist schon immer ein sehr wichtiger Mensch für mich gewesen. Er ist ein fester Bestandteil meiner Welt, meiner Familie. Unsere Eltern sind Nachbarn und sehr eng befreundet. Sie gingen damals alle zusammen in die Schule und waren im selben Freundeskreis und haben trotz getrennter Wege zeitweise nie den Kontakt zueinander verloren. Jake und ich wuchsen gemeinsam auf, wie Geschwister. Doch irgendwann fing es mich an zu stören, dass er mich überall und bei jedem als „Sie ist so was wie meine kleine Schwester",vorstellte. Ohne das ich zu der Zeit wusste warum zog sich mein Herz dann immer zusammen.
In der Zehnten Klasse kam ein neues Mädchen an unsere Schule, blond und hübsch. Sie war gerade auf Grund der Scheidung ihrer Eltern mit ihrem Dad hierher gezogen. Ich hatte Deutsch und Englisch mit ihr. Als sie sich in Deutsch einfach neben mich setzte, war das der Beginn meiner ersten richtigen Freundschaft. Ich hatte damals nie wirklich Glück mit dem Aufbauen von Freundschaften, aber mit Alyssa passte alles, wir ergänzten uns. An einem Wochenende lud ich sie zu mir nach Hause ein, wie schon öfters. An diesem Tag allerdings grillten wir gemeinsam mit Jake und seiner Familie. Alyssa verstand sich mit allen sehr gut, was mich unheimlich glücklich machte. Doch irgendwann merkte ich, dass sie hauptsächlich mit Jake sprach und da begann sich alles in mir zusammen zu krampfen. Ich war total geschockt als ich realisierte was mit mir los war. Ich konnte es nicht glauben, ich war eifersüchtig, auf Alyssa, wegen Jake. In diesem Moment fiel es mir wie Schuppen von den Augen, warum ich immer genervt war als kleine Schwester bezeichnet zu werden, warum ich es immer ätzend fand wenn er mit mir sprach wie mit seinen Kumpels und vieles mehr. Es war ganz einfach, ich war verliebt, in Jake.
An diesem Tag schlief sie bei mir. Es war das erste mal das ich eine richtige Freundin hatte und diese bei mir übernachtete. Nachts lagen wir wach nebeneinander und redeten miteinander. „Du magst ihn oder?" Fragte mich Alyssa, sie drehte sich auf die Seite und sah mich an. Das dunkle braun ihrer Augen wirkte in dem dämmrigen Licht beinahe schwarz. Fragend sah ich sie an „Was?". Genervt rollte sie die Augen und lächelte mich schief an „ Tu nicht so, du weißt genau wovon ich rede. Jake, du magst ihn, nicht wahr?". An meiner Unterlippe knabbernd begann ich angestrengt das Blumenmuster der Bettdecke zu mustern. Mein Schweigen war für sie Antwort genug.„Wusste ich es doch. Seit wann?" Ich hob den Kopf und erwiderte ihren fragenden Blick. Seufzend rollte ich mich auf den Bauch, sie würde nicht eher Ruhe geben bis ich mit ihr sprach. „Ehrlich gesagt ist es mir heute das erste Mal selbst klar geworden,"antwortete ich ehrlich. Überrascht hob sie eine Augenbraue, „Wie bitte? Das ist jetzt nicht dein Ernst oder?"
Ich nickte bloß, doch als ich ihren Blick sah wusste ich, dass das nicht Antwort genug war. „Keine Ahnung, als ich dich heute so intensiv mit ihm hab reden sehen ist mir ganz komisch geworden, mehr als sonst." Ich unterbrach mich um die Worte in meinem Kopf zu ordnen,"Er war immer da, es ist für mich total normal das er bei uns Zuhause ist, oder ich bei ihm. Er ist ein Teil meines Lebens und meiner Familie, ich habe mir nie was dabei gedacht, aber heute habe ich das Erste mal gemerkt, dass es mich etwas stört und warum es das tut." Beschämt und unsicher wegen all dem was ich gesagt habe und was ich in dem Moment fühlte vergrub ich mein Gesicht in dem Kissen. Eine warme Hand legte sich auf meinen Rücken und als Alyssa begann zu sprechen hörte ich das Lächeln aus ihrer Stimme heraus."Du bist das erste mal so richtig verliebt was? Du kannst dich zu Hundert Prozent auf mich verlassen, ich werde dich mit allem was ich habe unterstützen."
Ich fuhr zusammen, es war als würde ich aus einer Trance erwachen. Diese Erinnerung ist immer wieder schmerzhaft, ich hatte ihr damals geglaubt und vertraut, dumm wie ich war. Doch noch schmerzhafter sind die Erinnerungen die darauf folgen, aber ich will nicht weiter an die Vergangenheit denken, für heute ist das Pensum definitiv schon mehr als erreicht. Träge erhebe ich mich, räume mein Geschirr in die Spülmaschine und schlurfe in mein Zimmer um mich fertig zu machen.
Wenig später verlasse ich die Wohnung und lasse auch die Erinnerungen die mich kurz eingeholt hatten dort zurück. 

  

☆☆☆☆☆   

Wie gerade schon angekündigt ist hier direkt der 4. Teil.

Ich würde mich sehr freuen was von euch zu hören. :)

Doch bis dahin Tüdelüü

Nessa

ụn·er·wi·dert حيث تعيش القصص. اكتشف الآن