K A P I T E L F Ü N F

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' n e v e r l e t s m a l l m i n d s '
t e l l y o u t h a t y o u r
d r e a m s a r e t o o b i g.

Wie immer werde ich durch meinen Wecker geweckt und strecke mich. Gähnend stelle ich fest, dass meine Schwester, wie gestern auch, schon weg ist. Ich ziehe die Rolläden hoch und schlürfe zu meinem Schrank um mir etwas für den Tag rauszusuchen. Ich entscheide mich für eine blaue, etwas lockerere Jeans, die ich hoch krempele, und für ein weißes, Schulterfreies Oberteil (siehe Bild). Im Sommer mag ich es ungeschminkt rumzulaufen. Dann habe ich nämlich das Gefühl die Sonne intensiver auf meiner Haut zu spüren und empfinde die Schminke daher als störend. Ich glaub ich sollte meinen Wecker ab jetzt auf eine etwas spätere Uhrzeit stellen, da ich noch so lange Zeit übrig hab morgens. Ela, vergiss nicht, dass du heute mit dem Bus fahren musst. Oh nein, stimmt. Ich packe alle nötigen Materialien für heute ein und realisiere, dass ich heute das erste Mal Literatur haben werde, weswegen ich umso mehr strahle, trotz der Tatsache, dass ich gleich mit einem stickigen, überfüllten Bus fahren muss. Ich hätte nie gedacht, dass es je wieder dazu kommt, dass ich morgens mit dem Bus zur Schule fahren muss. Aus dem Internet suche ich mir schnell die Busfahrpläne raus und nehme wahr, dass ich schon in fünf Minuten aus dem Haus sein muss, um den Bus noch packen zu können. Also bleibt heute der fancy Pausenbrot bedauerlich weg. Etwas Kleingeld packe ich mir ein, um mir etwas von dem Schulkiosk kaufen zu können. Verhungern brauchen wir ja nicht. In Lichtgeschwindigkeit packe ich mir schnell eine kleine Flasche Wasser ein, sage meiner Mum bescheid, dass ich zur Schule gehe, ziehe meine Schuhe an und flitze in Richtung der Bushaltestelle. Quentschend schaffe ich es geradeso noch in den Bus einzusteigen, bis es mir drei Haltestellen vor der Haltestelle, an der ich eigentlich raus muss, zu bunt wird und ich aussteige. Also als einen geduldigen Menschen kann man dich nicht beschreiben, oder? Nein. Geduld liegt mir nicht. Sofort umhüllt mich eine lauwarme, dennoch frische Brise. Ich atme tief ein, um den Sommer zu riechen. Viele bemerken es nicht, aber der Sommer riecht nach Sonnencreme. Der Duft beruhigt mich ein wenig und hebt meine im Bus gesunkene Laune rasant an. Trotzdem hindert es uns nicht daran, Levin seine verdiente Strafe zu geben. Ein Blick auf die Uhr verrät mir, dass ich erfreulicherweise noch genug Zeit habe, sodass ich es Rechtzeitig pünktlich zur ersten Stunde schaffen werde. Also wie gehen wir bei unserer Rache vor? Ehrlich gesagt, habe ich mir noch keine Gedanken darüber gemacht. Mich beschäftigt es sehr, ob Anil wirklich der Bruder von Levin ist. Wie soll ich denn jetzt vorgehen? Ist Anil mir es überhaupt Wert, dass ich ihn darauf ansprechen müsste? Ist er mir so wichtig, dass es mich interessiert, ob er Levins Bruder ist oder nicht? Wir kennen uns doch erst seit 2 Tagen, ein Verlust wäre es nicht. Ich weiß noch nicht einmal ob ich ihn als einen Freund zählen kann oder nicht. Bis jetzt habe ich noch nicht viel Erfahrung mit Freundschaften mit männlichen Menschen. Ich hatte bis jetzt nur eine beste Freundschaft mit einer männlichen Person, und das mit Amin. Ich kenne ihn bereits seit dem Kindergarten und wir wurden zusammen groß. Fatalerweise geht er noch auf die andere Schule, sodass wir uns nicht mehr so öfters sehen, wie zuvor. Aber irgendwie stört mich es, dass Anil mir seine Verwandschaft mit Levin vorenthalten hat. Ich werde ihn heute einfach darauf ansprechen. An der Schule angekommen, erkenne ich Lana, die ich begrüße und wir gemeinsam in den Unterricht gehen. Nach Biologie und Sowi trifft die langersehnte Pause ein. Ich verdeutliche kurz Lana, dass ich mir eben etwas aus dem Schulkiosk kaufe und laufe in Richtung Kiosk. Ins Schulcafe eingetreten fokussiere ich mein Blick auf die Theke und gehe gedanklich nochmal meine Bestellung durch. Ein Laugenknoten belegt mit Butter, Putenwurst, Salat und Gurken, bitte. Kann doch nicht so schwer sein! Das mach ich jedesmal, wenn ich mit Verkäufern reden muss, damit ich mich nicht verspreche. Meine Miene verzieht sich als ich sehe, dass neben der Theke Levin angelehnt ist und in sein Apfel beißt. Kurz halte ich Inne, ehe ich mich wieder aufrappele und mit einer arroganten Mimik und mit selbstsicheren Schritten auf die Theke zu laufe. Warum müssen sich Menschen direkt neben die Theke stellen? Ich verstehe das nicht. Es gibt etwas, was sich Privatsphäre nennt, verdammt! Wie dem auch sei sage ich meine, inzwischen auswenig gelernte Bestellung, mit einem freundlichen Lächeln auf und warte darauf, dass mir die Köstlichkeit zubereitet wird. Ich bemerke Levins Blick von der Seite auf mir, doch lasse mich nicht irritieren oder ablenken und gucke stur nach vorne mit dem selbe Lächeln wie zuvor. " Wie war's so? Mit dem Bus zu fahren mein ich?", provoziert mich Levin. Sein Grinsen kann ich förmlich raushören. "Schön, danke der Nachfrage." Mein Blick ruht immer noch auf den Süßigkeiten auf dem Regal. "Schön", wiederholt Levin mit einem Lachen, stößt sich ab und verschwindet. Der wird noch sehen dieser Arsch. Er wird es so bereuen sich mit mir angelegt zu haben. Genüsslich beiße ich in mein Brötchen und mache mich auf den Weg nach draußen. Toll, jetzt hat Levin es sogar geschafft mir meine Laune zu versauen. Ich mein, allein sein Anblick reicht schon. Erschrocken lasse ich mein angebissenes Brötchen fallen und schaue geschockt runter auf mein verschwendetes Essen, nachdem ich gegen etwas Hartes geknallt bin . Mein armes armes Essen! RIP! Ich schließe den Mund, sowie meine Augen ehe ich anfange zu maulen. "Hast du etwa keine Augen im Kopf oder was?" , brülle ich und hebe meinen Blick an. Kein anderer als Herr Fischer steht vor mir. Scheiße. Heilige scheiße. Kannst du nicht einmal deine scheiß Fresse halten oder davor nachdenken? Jetzt kannst du es vergessen, dass ihr noch Freunde werdet oder die 1 auf dem Zeugnis. Ich atme zischend ein und ziehe meine Augenbrauen entschuldigend zusammen. Herr Fischer legt sein Kopf schief und grinst dabei. "Also das nehme ich jetzt mal einfach nicht persönlich", sagt Herr Fischer. "Nein, ich wusste nicht, dass sie das sind. Ich...", setze ich an doch werde von Herr Fischer unterbrochen, "Achso aha ich verstehe. Also wäre ich nicht Herr Fischer, dann würdest du jetzt wahrscheinlich mich weiter beleidigen?" Er lacht. "Ja ich mein Nein. Es tut mir Leid ich meinte es nicht so. Ich hab mich grade nur etwas über Levin aufgeregt." "Ach und jetzt sind wir also auch dein Stressball wenn dich Levin aufregt oder was?", versucht Herr Fischer mich aufzuziehen. "Herr Fischer können sie mich bitte nicht noch mehr in meinem Scham ertrinken lassen? Ich sterbe hier. Es kommt vielleicht nicht so rüber, aber ich habe auch Gefühle. Sowas kann man doch nicht mit einem Menschen machen!" Ich fasse mir an meine Wangen, die bestimmt so rot wie eine Tomate geworden sind und schon glühen. Mir ist das so peinlich. Er bricht in schallendes Gelächter aus und ich heule gleich. Ich heule gleich. Wie peinlich ist das denn? Ich realisiere erst jetzt was grade passiert ist und verdecke mein ganzes Gesicht mit meinen Händen. Halt die Tränen zurück Ela! "Das wird die beste Geschichte im Lehrerzimmer, die jemals erzählt wurde,glaub mir!", versichert er mir. Okay es ist offiziell, ich heule gleich. Mein sozialer Tod. Keine guten Noten. Ab jetzt haben alle Lehrer diese peinliche Geschichte im Kopf, wenn sie mit mir reden. "Nein bitte Herr Fischer sagen sie es keinem." Er ignoriert meine Bitte und äfft mich mit einer höheren, zickigen Stimme nach, "Hast du keine Augen im Kopf, oder was?". Schon wieder prustet er los. "Darf man das überhaupt als Lehrer? Sich über eine Schülerin lustig machen?", frage ich ihn mit mittlerweile verschränkten Armen. "Woher jetzt auf einmal das Selbstbewusstsein? Gegenfrage. Darf man das überhaupt als Schüler? Einen Lehrer anrempeln und ihn anschreien?" Ich gucke ihn böse an. "Damit meinte ich doch nicht sie!" "Wie auch immer. Im Endeffekt meintest du mich, ob du willst oder nicht." "Nein, meinte ich nicht." "Doch" "Nein" "Doch" "Nein. Können wir das irgendwie vergessen? Das ist mir mehr als peinlich." "Hmm mal sehen. Ich verspreche dir nichts. Es ist einfach zu amüsant." Flehend schaue ich ihn an, ehe die Schulglocke dröhnt und ich bedrückt zum Sport Unterricht laufe. Den Kloß in meinem Hals schlucke ich runter. Das ist mir einfach zu peinlich. Ich brauche etwas Zeit um es zu verdauen. An der Sporthalle angekommen, sichte ich auch Lana, die mich schon leicht angesäuert anschaut. Das wird sich gleich nach deinem peinlichen Geständnis schon regulieren, keine Sorge. Ich gehe auf sie zu und schon bildet sich ein Lächeln auf ihren, sowohl auch auf meinen Lippen. Bei ihr angekommen palmiere ich meine Hände vor meinem Gesicht und fange auch schon an das Geschehnis von grade zu rezitieren. Geschockt hält sie sich ihre Hand vor dem Mund und beäugt mich mit ihren weit aufgerissenen grün-braunen Augen. Ihre langen Wimpern kleben an ihren Augenbrauen. Ich bin echt neidisch auf ihre Augen. Sie fängt an mich auszulachen. Ihre Wangen färben sich rot und sie versucht sich zu beruhigen indem sie ihre Oberschenkel hoch und runter fährt. Erfolglos. Statt in Grund und Boden zu versinken, bildet sich auf meinen Lippen auch ein Lächeln. Lana ist einfach so süß. Nachdem sie sich einigermaßen wieder eingekriegt hat, wird uns die Sporthalle aufgeschlossen und wir ziehen uns um. Mit verschränkten Armen und an der Sporthallenwand angelehnt, warte ich auf unsere Sportlehrerin und darauf, dass sie uns Anweisungen gibt. Allein zur Aufwärmung schon 7 Runden laufen. Das kann ja mal was werden. Nass geschwitzt ziehe ich mich wieder in der Umkleidekabine um. Bei der kleinsten Anstrengung schwitze ich sofort wie ein Wasserfall. Das ist Alltag bei mir, aber ich hab mal gelesen, dass Leute die schnell schwitzen, sportlicher sind. Jetzt haben wir endlich Pause und danach das erste Mal Literatur, worauf ich mich bereits schon mentalisch vorbereite. Mal sehen was der Tag noch so bringt...

Liebe ähnelt dirWhere stories live. Discover now