21 Eingestürzter Staudamm (Harper)

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Dieser Spieler. Wie er spielte ... Diesen Spielstil hätte ich überall wiedererkannt. Schließlich hatte ich ihn unzählbar oft beim Fußballspielen beobachtet.

Seine kastanienbraunen Haare, rehbraunen Augen und die Gesichtszüge, die meinen so ähnlich waren. Seitdem ich ihn das letzte Mal gesehen hatte, hatten sich durchaus ein paar Falten zu seinem charmanten Lächeln hinzugesellt, aber seine lebensfrohe Ausstrahlung entkräftete dies.

Damals war er Mitte zwanzig gewesen: Er und Mom hatten mich bekommen, als sie gerade einmal neunzehn gewesen waren. Am Ende der High School hatte meine Mom diese Hiobsbotschaft von einem Schwangerschaftstest nach tagelanger Übelkeit erfahren und mein Dad ... Der hatte laut Erzählungen gefasst reagiert: Er hielte zu Mom, egal wie sie sich entscheide. Er unterstütze sie und wäre für das Kleine da. Wie es mit dem Studium weiterginge, würden sie mit der Zeit sehen. Hauptsache sie blieben zusammen, er und sie, sie und er. Er liebte sie und das würde sich niemals ändern ... Dem hatte ich geglaubt – bis er an diesem Tag verschwunden war.

Nun waren dreizehn Jahre vergangen. Eigentlich war ich der Meinung gewesen, sein Anblick ließe mich kalt. Eigentlich hatte ich gedacht, mein Schutzschild stände dem bei. Eigentlich hätte ich gedacht, ihn zu sehen würde mir nicht diesen Knoten im Hals zurückbringen, diesen Kloß, den ich so viele Jahre ständig mit mir herumgetragen hatte, wenn ich lediglich an ihn gedacht hatte.

Und jetzt rannte er da, auf dem Spielfeld, inmitten eines riesigen Stadions, das bei weitem gewaltigere Dimensionen annahm als die, in denen ich ihn immer spielen gesehen hatte.

Allein sein Anblick, wie er strahlte bei seiner Lieblingsbeschäftigung Fußballspielen, ließ mein Schutzschild einstürzen. All die angestauten Tränen der vergangenen Jahre brachen mit einmal aus dem zerstörten Staudamm.

„Daas, iist meeiin Daad ...", stotterte ich meine Schlussfolgerung.

Stur hielt mein Blick am Spieler in der Nummer fünf fest. Ich wollte ihm mit einem hassgetränkten Gesichtsausdruck mustern – nutzlos, wenn man bedachte, dass ich ihn zwar sah, er mich allerdings nicht, nein, stattdessen genoss er das Jubeln der Zuschauer – jedoch spielte meine Mimik nicht mit: Tränen quollen weiter und mein Anblick verkörperte das Elend in Person.

Mir war egal, was Ethan von mir dachte; sicher, dass er mich während eines Gefühlszusammenbruches erlebte, darauf hätte ich gut und gerne verzichtet, aber who cares? Es war zu spät.

„Ja, er ist ein erstklassiger Spieler, dennoch tut er mir leid, dass er dich nicht kennt und dich nicht in seiner Nähe hat." Mein Kopf wendete nach rechts, worauf mich zwei strahlend blaue Augen durchblickten.

Immer und immer wieder schallten diese Worte durch meinen Kopf, bis sie sich einen Weg durch das Schlachtfeld meiner Gefühle gebahnt hatten und ich sie endlich entschlüsselte.

Mein Herz gab ein paar Schläge von sich. Es war spürbar angeschlagen, aber nicht endgültig zerbrochen, und diese Worte verbesserten seinen Zustand.

Die kurzschrittige Genesung war mein einziger Anhaltspunkt in dieser trübseligen Landschaft, besser gesagt mein Inneres, doch ich wollte mehr. Dieses Tempo reichte nicht aus, um mich vor dem vollkommenen Zusammenbruch zu bewahren. Ich musste es beschleunigen.

Erneut musterte ich diese blauen Augen: So viel Mitgefühl lag darin ... und eine Chance für mich, meinen Plan umzusetzen.

Ehe die nächste Schlacht ausbrach, beschloss mein Körper sich selbstständig zu machen und nach der schnellsten Lösung zu suchen: meine Lippen auf seinen.

Stück für Stück flickte der Kuss mein Herz. Mein Verstand hatte zu tun, die Situation zu ordnen. Als er die lange Leitung durchquert hatte, übernahm er wieder das Steuer und ließ mich nach hinten schrecken.

Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten BlickWhere stories live. Discover now