17 Samstagabendbeschäftigung eines Geeks (Harper)

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So ungern ich es auch zugab, inzwischen stellte sich Ethan als doch gar nicht so inkompetent wie anfangs gedacht heraus: Selbstständig und ohne viele Widerworte arbeitete er Fachtexte durch und verfasste Textabschnitte für die Facharbeit, auch wenn ich den Drang nicht unterdrücken konnte, die Grammatikfehler und undeutlichen Formulierungen zu verbessern. Nehme nichts hin, was du nichts selbst überprüft hast, leider eine Marotte von mir, die ich aufgrund meines Kontrollzwangs nie abschalten konnte.

„Dann hätte wir das für heute abgehakt", erlöste ich Ethan, trotzdem ließ ich es mir nicht nehmen, ihm die Stimmung zu versauen: „Umso mehr Zeit hast du, das Buch zu lesen." Ihn an seine Strafe zu erinnern, war schließlich meine Pflicht.

„Hätte nie gedacht, dass das die aufregendste Möglichkeit für mich sein würde, einen Samstagabend zu verbringen", gab er unbeeindruckt zu.

„Was, gehst du heute auf keine Party? Seit der achten Klasse hast du dich doch niemals von einer Party erholt, bis du zur nächsten gerannt bist?", empörte ich mich. Ethan, mal auf keiner Party. Es gab noch Wunder.

„Tja, einmal ist immer das erste Mal. Die meisten Leute auf unserer Schule halten sich erst einmal zurück mit dem Partyschmeißen, da Taylors Party so legendär war. Die Disco hat wegen des Umbaus geschlossen und von meinen Kumpels sowie weiblichen Bekannten sind alle verplant. Und wenn ich nicht gerade einen gezwungenen Familienabend mit meiner Mom und ihrem Lover verbringen will, muss ich mich wohl oder übel allein beschäftigen", bröckelte er ab. In meinem Kopf stellte ich mir vor, wie Ethan aus Verzweiflung Ewigkeiten herumgesimst und jemanden angerufen hatte, um sich mit jemandem zu treffen. – Und da gab es wirklich viele. Sein getreues Primatenfußvolk inklusive etlicher verzweifelter Ethanzombies. Einer verzweifelter Neandertaler auf der Stunden langen Suche nach einer Beschäftigungsmöglichkeit.

„Hätte nie gedacht, dass ich dich das mal frage, aber willst du hierbleiben. Bin auch alleine zu Hause. Würde ohnehin nur einen Film schauen, du kannst gerne hier bleiben und mitgucken", schlug ich ihm vor, obwohl ich von Vornherein wusste, dass er nie einwilligen würde, ein dämlicher Kommentar wie „Da würde ich lieber fünf Stunden am Stück lesen, als mit mir seinen Samstagabend zu verschwenden" folgte und ich mir die Nettigkeit hätte sparen können.

„Naja, was Besseres habe ich eh nicht vor, selbst wenn es mit dir ist, Erdmännchen. Immer noch spannender als Lesen", entgegnete er und schmiss sich darauf auf meine Couch.

„Erdmännchen?", fragte ich irritiert, ich konnte mich bloß verhört haben. Außerdem, hatte er da gerade wirklich zugestimmt, freiwillig mit mir einen Abend zu verbringen? Ich war doch angeblich solch eine Spaßbremse. Naja, besser als erneut einen Abend allein in meinem Zimmer zu gammeln, war Ethans Anwesenheit alle male.

„Ja, Erdmännchen. Du bist klein, siehst viel zu jung geraten aus und bist leicht reizbar. Ich muss dich leider aufklären: Du bist wahrscheinlich bei der Geburt vertauscht worden und gehörst eigentlich zur Familie der Erdmännchen."

Triumphierend präsentierte ich ihm bei dieser Erklärung meinen wunderbaren Mittelfinger.

„Welchen Film willst du gucken?" Ich strich mit den Fingern über meine heißgeliebte Filmesammlung. „Star Wars, Herr der Ringe, Harry Potter, ..."

„Ich wusste ja immer, dass du ein Streber bist, dass du jetzt allerdings noch dazu Filmgeek bist, damit hätte ich nicht gerechnet", verspottete er mich. Jedoch erreichte er damit nicht seine gewünschte Reaktion: Ich war nun einmal stolz darauf, Streber und noch dazu Filmgeek zu sein.

„Also, welcher Film soll's sein?", ging ich bewusst nicht auf sein stichelndes Kommentar ein.

„Star Wars, am besten gleich den ersten Teil."

Nerd vs. Athlete - Geek vs. Player I : Liebe auf den nicht ganz ersten BlickWhere stories live. Discover now