-sept-

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-Pippa-

Das kann nicht wahr sein. Nichtmal einen Abend kann ich verbringen ohne dass ich entweder an ihn erinnert werde oder ihn auch noch sehen muss. Energisch ziehe ich Melli am Arm. „Mensch, Pippa was ist los?" ruft sie über die laute Musik hinweg. „Da sitzt Mister Arroganz höchstpersönlich!" ich deute unauffällig zu Milli rüber und nun erkennt auch meine beste Freundin was los ist. „Was der?!" Unauffällig wie sie ja immer ist, deutet sie voll in seine Richtung und nun sieht er uns direkt an. Bravo. „Man noch auffälliger geht's nicht oder?!" fahre ich sie an. „Pippa wieso hast du nie gesagt wie heiß der ist? Was stellst du dich denn so an?" Am liebsten hätte ich ihr grade eine geklatscht, einmal was getrunken, schon hat sie alle Realität verloren. „Schon vergessen dass er mich behandelt wie sein niederes Dienstmädchen?" erinnere ich sie, doch sie scheint mir gar nicht zuzuhören. „Was hältst du davon wenn wir uns zu ihnen gesellen?" Ich sehe sie warnend an. „Vergiss es! Wir gehen jetzt tanzen!" Ich ziehe sie mit auf die Tanzfläche, um ja wegzukommen von diesen Idioten und seinen wahrscheinlich noch schlimmeren Freunden.

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Im Verlauf des Abends schaue ich immer mal wieder unauffällig zu ihm rüber und muss mich dann im gleichen Moment wieder ermahnen mich zusammenzureißen. Auch manchmal spüre ich seinen Blick regelrecht auf mir kleben und frage mich langsam was das eigentlich soll. In der Praxis behandelt er mich wie einen Haufen Nichts und so, würde er mich mit seinen Blick am liebsten ausziehen. Irgendwann bin ich so unaufmerksam, dass ich gar nicht bemerke dass sich die Jungs nun zu uns gesellt haben. Ich versuche einfach nicht hinzusehen, doch es wird mir zunehmend schwerer gemacht, als Milli sich auffällig nahe an Melli ranmacht. Mir kommt fast das blanke Kotzen und ich kippe den gesamten Inhalt meines Glases auf Ex und muss danach erstmal das Gesicht verziehen. Es schmeckt als wär es Jägermeister pur, aber in dem Fall hilft es, das ganze Schauspiel etwas besser zu ertragen. Er selbst sieht auch als, als würde es ihm mehr als reichen. Gnade ihm Gott wenn er morgen krank macht dann hole ich ihn selbstständig aus dem Bett. Ich gebe Melli kurz ein Zeichen, bezweifle aber dass sie das bemerkt hat, und verschwinde an die Bar. Während der Barkeeper meinen Drink macht, spüre ich plötzlich zwei Arme um meine Hüften und drehe mich um. Hinter mir steht ein großer, gutgebauter, dunkelhaariger Typ, ich glaube fast dass er zu Millis Truppe gehört. „Na? Du bist wohl die, die unseren Milli so hart rannimmt?" säuselt er mir ins Ohr und der Druck seiner Hände an meiner Hüfte verstärkt sich. „Ich mache nur meinen Job." Antworte ich knapp und drehe mich wieder der Bar zu. „Und den machst du wohl verdammt gut. Sogar als seine persönliche Assistentin wirst du das." Seine Stimme wird rauer und seine Hand wandert von meiner Hüfte runter zu meinem Oberschenkel und kommt am Saum meines Kleides an. Noch bevor er weitermachen kann packe ich sein Handgelenk und drehe mich wieder zu ihm um. „Was genau wird das jetzt?" Es ist so verdammt anstrengend in der lauten Umgebung und der Alkohol in meinem Blut macht es nicht besser. „Ach weißt du, wenn unser schüchterner Milli nicht tätig wird dann ist das Feld ja frei." Er ekelt mich richtig an, doch ich will meine Fassung wahren. „Der und schüchtern, dass ich nicht lache. Und jetzt, dürfte ich bitte vorbei?" Ich grinse ihn mit einem ironischen Grinsen an, nehme mein Glas und drängle mich an ihm vorbei. Mir egal wer er ist und dass ich ihn habe abblitzen lassen, aber auf diese Spielereien habe ich keine Lust.

Als ich zurückkomme, ist sowohl Melli als auch Milli verschwunden und ich verdrehe genervt die Augen. Jetzt nicht wirklich. Ich liebe Melli, ohne Zweifel aber wenn sie zu viel trinkt dann kann sie unausstehlich werden, und verliert jeden Blick für Realität. Noch bevor ich mich versehe ist auch mein Glas mit einigen Zügen leer, zu groß ist der Frust über den ganzen Tag, den gelaufenen Abend den ich jetzt wohl alleine und auf Melli, die sich mit Milli vergnügt, wartend verbringen kann. Ich stelle mein Glas ab und mache mich auf den Weg zur Toilette. Plötzlich erblicke ich Milli, der davor an der Wand lehnt und nicht aussieht als würde es ihm gutgehen. Ich ignoriere ihn erstmal und gehe an ihm vorbei. „Philippa warte mal..." höre ich nun seine Stimme und ich bleibe stehen. Ich atme tief ein und aus und drehe mich dann um. „Hör auf mich so zu nennen. Was willst du überhaupt hier?" frage ich dann und funkle ihn an. Der Alkohol beflügelt mich so, und ich habe gute Lust ihm alles an den Kopf zu knallen. Mir egal, dass wir uns morgen wiedersehen oder noch weiter zusammenarbeiten müssen. „Das gleiche könnte ich dich auch fragen!" gibt er dann zurück und grinst mich süffisant an. Seine Stimme ist nicht mehr als ein Lallen und auch seine Augen sind extrem gerötet. „Bitte was? Ach der Herr glaubt dass sich ne arme Physiotherapeutin diesen Club nicht leisten kann?" Das wird ja immer besser. „Möglich? Aber ich muss echt sagen du siehst verdammt gut aus in dem Kleid, nicht so bieder wie sonst." „Ooh mein Freund es gibt viel von mir was du nicht weißt! Und du kannst deinem schmierigen Freund ruhig mal sagen dass er nicht unbedingt eine jede antatschen soll, gibt 'n schlechtes Image." Gebe ich dann zurück und das Grinsen in seinem Gesicht verschwindet sofort. „Was? Roman hat dich angefasst?!" er klingt sauer, energisch. Na holla die Waldfee wo kommt denn dieser Mut auf einmal her? „Milli ganz ehrlich kannst du dich mal entscheiden was du willst? So behandelst du mich wie deine Angestellte, führst dich auf wie das größte Ekelpaket und jetzt? Jetzt tust du einen auf großen Retter. Ehrlich was ist eigentlich los mit dir?!" Abwartend sehe ich zu ihm auf und warte auf seine Antwort.

-Milli-

„Ehrlich was ist eigentlich los mit dir?!" Gute Frage. Ich habe mich heute sinnlos und aus Frust betrunken. Und jetzt diskutiere ich mit Pippa über den Grundsatz unseres Problems. „Was mit mir los ist? Das frage ich dich! Du behandelst mich seit Beginn meiner Reha wie weiß ich nicht was, du hat echt keine Ahnung was in mir vorgeht!" ich rede wie ein Wasserfall, nur der Alkohol macht es möglich dass ich ihr mal die Wahrheit ins Gesicht sagen kann. Sie schnaubt verächtlich aus und schüttelt den Kopf. „Ach komm, stell dich nicht dar als wärst du unschuldig! Allein dieser Auftritt von Janik und deine Reaktion hat deinen Charakter gezeigt!" „Was hat das mit Janik zu tun?" „Naja wer sich mit so jemandem versteht, kann selbst nur so ein arroganter-Vollarsch sein. Außerdem bist du Fußballprofi, da gehört das dazu!" Fast hätte es mich umgehauen, so denkt sie also wirklich. „Ja gut, wenn du so über mich denkst hast du echt keine Ahnung von Menschen! Und so jemand hat nen sozialen Beruf!" Ich stoße ebenfalls einen Lacher aus und wende mich dann ab. „Sieh dich doch an, Hauptsache einen auf Proll machen und Weiber abschleppen!" wirft sie mir dann noch nach und es bringt mich zum Stoppen und ich drehe mich zu ihr um. „Bitte?" „Naja wirst dich schon mit Melli ordentlich vergnügt haben!" „Deine komische Freundin? Niemals! Eher würde ich dich noch abschleppen!" rutscht es mir dann raus und ihre Augen werden groß. „Gott geh mir bloß weg!" Das ist ihr letztes Wort, ehe sie mich stehen lässt.

Bei aller Liebe, das war heftig. Ich kann mich zwar schon jetzt nicht mehr an alle meine Worte erinnern aber es hat gut getan ihr all das mal direkt zu sagen. Ich setze mich zurück in unsere Lounge, von Jule, Erik und Roman fehlt jede Spur. Wie immer. Der Abend war wieder mal ein einziges Chaos, zu viel Alkohol, zu viel Stress, zu viel Pippa.

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Nachdem sich Jule und Roman sich mit irgendwelchen Weibern verabschiedet haben, und Erik mit Pippas komischer Freundin, ist es auch für mich an der Zeit zu gehen. Mittlerweile hat der Alkohol etwas nachgelassen und etwas mehr klares Bewusstsein kehrt in mir ein. Ich erhebe mich von dem weichen Sessel und gehe die Treppenstufen nach unten. Im gleichen Moment werde ich von der Seite angefallen, und erschrecke erstmal. In meinem Arm hängt Pippa, die total neben sich steht. Anscheinend hat sie sich nach unserem Gespräch total aus dem Leben geschossen und ist nun nicht mehr bei Sinnen. „Milliiiiiiii..." nun ist sie diejenige die vor sich hinsäuselt. „Pippa du bist total zu. Du gehörst dich nach Hause." Trotz dem dass sie so mit mir umgeht, gehe ich sanft mit ihr um. Sie weiß nicht was sie tut, ich möchte ihr weiteres ersparen. „Mhm...ich will auch dahin.." nuschelt sie gegen meinen Hemdärmel und wischt den Rest ihres Lippenstiftes dran ab. „Deine Freundin ist mit Erik weg, wie kommst du nach Hause?" „Keine Ahnung...Taxi odersooo?" sie schaut mich von unten aus an und grinst. Ich nehme mir ein Herz und seufze, ich bin ein viel zu guter Mensch. „Dann bringe ich dich." Ich weiß ich werde es bereuen. „Aaaach wie gütig vom Herrn Profifußballer." „Pippa...na komm." Ich nehme sie in meinen Arm und stütze sie beim Laufen und verlasse mit ihr den Club. Ich kann mir diese Fotos in der Klatschpresse schon mehr als gut vorstellen, doch jetzt ist es mir egal. Als wir im Taxi sitzen lehnt sie an mir und ich versuche sie wach zu halten. „Wie ist deine Adresse?" frage ich sie dann und sie lacht wieder. „Keine Aaahnung du." Sie hickst auf und ich seufze. In ihrer Handtasche suche ich nach ihrem Ausweis und nenne dem Fahrer die Adresse. „Is aber die meiner Eltern." Nuschelt sie wieder und ich nicke nur.

Nach einer viertelstündigen Fahrt kommen wir an und ich traue meinen Augen kaum. Wir sind in einem der nobelsten Viertel Münchens und stehen nun vor einer großen Villa. Ich helfe ihr aus dem Taxi und halte sie dann wieder im Arm, damit sie nicht auf der Stelle umkippt. Gemeinsam schlurfen wir die Auffahrt hoch und sie kichert immer wieder. „Man Milli, wieso tust du das eigentlich?" „Weil ich ein viel zu guter Mensch bin." Antworte ich dann, was sie wieder kichern lässt. „Neeeehee du bist voll der Arroganz-Macho. Das seh ich auf 3 Kilometer." Etwas muss ich dann doch lächeln und wir kommen an der Haustür an und ich helfe ihr ihren Schlüssel zu finden. „Eeeeigentlich wohne ich ja schon alleine, aber..." sie bricht in ihrem Satz ab und schaut mich einfach nur an. Ich runzle meine Stirn und lächle sie sanft an. „Du gehörst dich ins Bett, ich denke da findest du hin." Ich kann mir ein kleines, schadenfrohes Grinsen nicht verkneifen. „Alles klar, Sir. Morgen um 7 Trainingsstunde, gell?" wieder hickst sie und ich nicke. „Wie du sagst, kleine Zicke." „Halt den Mund, Macho." Ich warte noch bis sie hinter der großen Tür verschwunden ist und gehe dann langsam die Auffahrt hinunter. Mit dem Blick auf ihr Elternhaus stelle ich mir wiedermal die Frage: Wer ist dieses Mädchen und warum kann ich trotz dem Streit nicht von ihr wegkommen?

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Was alles aus einer Partynacht werden kann, nicht? ;)

Mister Shyguy- nichts ist wie es scheint.Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt