Kapitel

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Es war dunkel. Jedes noch so spärliche Licht war am Anfang der Gasse. Mein Standort war jedoch genau am anderen Ende, wo nicht einmal ein wenig Licht hindrang. Ich lehnte an einer Mauer, braune Backsteinmauer ungefähr 1989 gebaut, hatte die Hände in den Taschen meiner schwarzen, an den Knöcheln ausgefranzten, Jeans. Die Kapuze meines grauen Kapuzenpullis hing mir tief ins Gesicht, verdeckte meine braunen, verstrubbelten Haare und ließ meine braunen Augen gefährlich Glitzern jedes Mal, wenn ich nach oben sah.
Ich wartete auf einen Dealer, welcher mich ablösen sollte. Er war nun schon eine halbe Stunde zu spät und ich wurde allmählich wütend. Ich hasste es zu warten, vor allem wenn ich jetzt schon in einem Club sein könnte, vor mir einen leckeren Drink und auf meinem Schoß ein schönes Mädchen, welches ich nach einem Gespräch mit in die Hinterzimmer nehmen würde.
Ich seufzte genervt und zog meine Packung mit meinen Joins heraus, in welcher nur noch zwei lagen. Mir wurde wieder einmal in dieser Nacht klar, dass ich mir erneuten Nachschub holen müsste, doch wie es aussah, müsste ich es gleich danach machen, da ich nach der ganzen Warterrei mehr als zwei Joints brauchen würde um mich abzureagieren.
Ich zog einem Joint mit rotem Rauch heraus und ließ mein silbernes Feuerzeug aufschnappen als eine kleine Flamme erschien und die Spitze anzündete.
Genüsslich nahm ich einen Zug und lehnte mich dann etwas zurück, stärker an die Mauer und sah in den Himmel. Ich pustete den Rauch in den Himmel, welcher lustige Formen bildete und sich dann verflüchtigte.
Entfernt hörte ich die leisen Schritte eines Tieres, ich tippte auf einen streunenden Hund, welches sich mir näherte. Ich ließ meinen Blick in dunklen Gasse umherschweifen und entdeckte einen kleinen Welpen mit nassem Fell und großen lieben Augen, welche mich ängstlich ansahen.
Leicht musste ich grinsen, ließ meinen Joint auf den Boden fallen, trat diesen aus und ging dann in die Hocke.
,,Na? Wer bist du denn?", meine tiefe Stimme klang kratzend, was ich auf die sieben Joints heute schob. Der Welpe saß hinter einer blauen Mülltonne, ungefähr vierzehn Meter von mir entfernt und zitterte am ganzen Leib. Es war Mitte März, es wurde gerade erst warm und jetzt um halb zwei in der Nacht waren es maximal 5°C.
Vorsichtig und ruhig, was ich zur Hälfte dem Joint zu verdanken hatte, steckte ich meine Hand nach ihm aus. Er beobachtete jede Bewegung von mir und zuckte erst zusammen. Er lehnte sich etwas nach hinten, ich erwartete bereits, dass er wegrennen würde als er zitternd einen Schritt auf mich zukam.
Ich bewegte mich kein Stück, saß ruhig da als wäre ich eingefroren und beobachtete ihn als er mir näher kam.
Er steckte seine Nase in die Höhe und schnupperte etwas, senkte dennoch seinen Kopf und beobachtete mich aus wachsamen und zugleich ängstlichen Augen als fürchte er, dass ich plötzlich mit großem Gebrüll auf ihn losgehen würde.
Doch ich blieb sitzen, bewegte mich kein Stück, sagte kein Wort und hörte für eine kurze Zeit sogar auf zu atmen. Gespannt beobachtete ich was der Welpe als nächstes tun würde und fragte mich wo er herkam.
Ich schätzte ihn auf vier Monate, gerade erst fähig selbst etwas zu essen und nun streunerte er allein durch die Gassen eines gefährlichen Viertels.
Er war knappe fünf Meter vor mir, ich hockte bereits zehn Minuten regungslos da als plötzlich ein lautes Motorengeräusch ertönte und der Welpe stark zusammenzuckte.
Wahrscheinlich überfordert mit der Situation und zu Tode erschrocken, sah er sich mit größeren Augen um und rannte dann zurück hinter die Mülltonne. Ich hörte neben dem Motorengeräusch einer Ducati ein verzweifeltes Winseln als ich mich sauer und bebend vor Wut aufrichtete und ans Ende der Gasse starrte.
Dort erschien die Maschine, auf ihr der Typ, auf welchen ich bereits seit einer Stunde wartete. Mit hochgezogenen Augenbrauen beobachtete ich wie er sich mir näherte, immer wieder abbremste und schließlich direkt neben mir zum Stehen kam.
Max zog sich den Helm vom Kopf, lehnte sich zurück, stellte die Maschine aus und lächelte mich an. ,,Ruhige Nacht?", ich kochte innerlich vor Wut. ,,Wann waren wir verabredet?", meine Stimme klang zusammengepresst, ich musste mich zusammenreißen, ihn nicht von seiner Ducati zu ziehen, sein verficktes Gesicht gegen die Mauer zu werfen und ihm jedes Organ einzelnd aus dem Körper zu ziehen.
,,Tut mir leid. Hatte noch was zu tun.", in seinen Augen leuchtete etwas Heimtückisch, was mich sofort wissen ließ, was er zutun hatte.
Unten am River in der Nähe der Cloud Street hatte eine Bande von 2-Meter Typen die leerstehenden Häuser bezogen und hatten aus einem der mit rattenverseuchten Häuser eine Art Partyclub gemacht.
Die Nutten, welche dort jede Nacht an verdreckten Stangen tanzten, kamen für einen Fünfziger mit nach draußen und standen für alles zur Verfügung.
Doch ich trieb mich nie dort in der Gegend umher, war stets in sauberen Clubs, wo nichts unter der Theke hinweg gedealt wurde, was einen hätte umbringen können.
Meine Informationen hatte ich aus einer zufälligen Quelle Namens Max. Ich schnaubte.
,,Etwas zu tun... Ja natürlich. Verschwende nicht meine Zeit, was du schon zugenüge getan hattest, versteck das Ding da und lass mich hier abhauen.", ich deutete mit meinem Kopf auf seine Ducati und lehnte mich erneut gegen die kalte Mauer.
Er schnaubte, war vermutlich genervt von meinem geschärftem Tonfall, ließ den Motor an und fuhr seine Maschine in eine Ecke, aus welcher man sie nicht sofort erblickte.
So achtsam wie er war, stellte er sie natürlich so hin, dass er bei Gefahr sofort abhauen könnte - Nicht.
Ich schnaubte erneut. Das war es mit Anfängern, sie hatten noch nicht die Erfahrungen und die Wachtsamkeit.
Mit jedem Schritt, den er dann auf mich zukam, wuchs meine Spannung. Ich musste kurz tief ein und ausatmen um ihn nicht in der kurzen Zeit, die vielleicht noch fünf Minuten betrug, welche wir zusammen verbringen mussten, gegen die Mauer zu  scheuerte.
Ich gab ihm die fünf Packungen schwarzes, sieben Packungen türkisches und zwei Packungen russisches und stieß mich von der Mauer ab. ,,Ja. Ruhige Nacht.", beantwortete ich seine erste Frage und fuhr mir kurz durch meine Haare, bemerkte mal wieder, dass ich zum Friseur musste.
,,Wir sehen uns.", ich zog mir die Kapuze erneut tief ins Gesicht, als ich bemerkte, dass sie hochgerutscht war und begann zum Ende der Gasse zu laufen.
,,Ach... Und lass mich das nächste Mal lieber nicht warten. Ansonsten bemerkst du, was passieren kann.", mit einem gemeinem Grinsen auf meinen Lippen, einem gewissen Unterton in meiner Stimme und einem kurzen zurückblicken, bei welchem ich die Angst genau in seinen Augen las.
Leise lachte ich auf, als ich nach rechts bog und den Weg weiterlief an einer schwarzen Mauer, an welcher man mich mit meiner Kleidung kaum sehen konnte. Ich verschmolz mit der Dunkelheit obwohl alle fünf Meter eine Straßenlampe spärlich gelbes Licht auf den Weg warf.
Ich verwandelte mich in einen Schatten.



Freunde werden Gegner, glaub' mir, alles nur Verräter.Opowieści tętniące życiem. Odkryj je teraz