Das Ende

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Wir haben alle geschwiegen.
Jeder hing seinen eigenen Gedanken nach.
Meine Tränen waren längst versiegt, als ich lange nach dem Ende der Stunde schließlich aufgestanden bin und langsam den Raum verlassen habe.

Erst, als ich schon vor der Tür war, hat Z. mich zurückgehalten.
"Ria."
Ihr fehlten die Worte aber die brauchte sie auch nicht.
Wir hatten nur ein knappes dreiviertel Jahr zusammen gelebt und trotzdem kannte sie mich besser als jeder andere auf dieser Welt. Fast.
Z. hatte schon lange gelernt mich zu lesen und ich sie. Das war einfach nötig gewesen, weil weder ich noch sie gesprochen haben, wenn sie jeden Tag kam um mir kurz Gesellschaft zu leisten.

Z. war immer die einzige gewesen, die wirklich aufrichtig nett zu mir war und mir aus tiefstem Herzen Besserung gewünscht hat.
Nur die bittersüße Ironie des Lebens hatte sie dazu gebracht genau das Gegenteil zu erreichen.

"Ria. Verzeih mir."
Sie schaute mich an, ihr ganzer Körper hat gezittert, ihr Blick flehte mich an. Bat verzweifelt um Vergebung.
Ich nickte.

"Tschüss."
Sie wusste, was das heißt.
Wir würden uns nie wieder sehen. Nicht im Leben und nicht im Tod. Wenn es ein Leben nach den Tod gab, würde ich dort endlich meine Ruhe finden, würde fern von ihr und dieser unwirklich wirkenden Geschichte sein.

Sie hat kurz gezögert und dann meinen Abschied erwidert.
"Leb wohl."
Ich schüttelte leicht den Kopf und lächelte.
Sie konnte es einfach nicht lassen.

Ich bin froh, dass sie mich hat gehen lassen.
Nach all den Jahren hat sie endlich akzeptiert, dass ich weiß, was ich tue und dass es keine Möglichkeit gibt dem vorbestimmten Schicksal zu entkommen.

Lächelnd schaue ich auf den Rhein herab.
Ich stehe auf der Brücke auf der meine Geschichte schon zwei mal fast zu ihrem Ende gekommen wäre.

Jetzt ist endlich die Zeit gekommem sie endgültig zu beenden.

Ohne irgendein Gefühl des Bedauern oder der Trauer ziehe ich die Pistole aus meiner Tasche, die seit meiner Zeit in Belgien darauf wartet ihren Dienst zu erfüllen.

Ich klettere über das Geländer und schaue ein letztes Mal in den sternenklaren Himmel über mir.
Die Sonne geht langsam unter und taucht ihn in ein wunderschönes Rot.

Bevor mich jemand sieht und mich "retten" will, lege ich den Lauf der Pistole an meinen Kopf und drücke ab.

Ich führen keinen Schmerz als ich in die Tiefe stürze. Nur Erleichterung, dass ich es diesmal endlich geschafft habe.
Vor meinen geschlossenen Augen sehe ich Leylas Grinsen, Z.'s aufmunterndes Lächeln und schließlich mich selbst.

Ein Engel, der ohne Widerstand von den Fluten aufgenommen wird und wie selbstverständlich ein Teil des Flusses wird, der ihm so lange verwehrt war

Ich bin am Ziel.

The EndWhere stories live. Discover now