Ich sagte schließlich kein Wort mehr während sie immer neue Fragen und Strategien fand, um mich zum Reden zu bringen.
So ging es eine Weile.

Bis sie irgendwann keine Geduld mehr hatte.

Eines Tages kam sie auf mich zu, nachdem sie die Pfleger in die Pause geschickt hatte und griff nach meinen Armen.
Sie drückte mich gegen die Wand neben ihrem Schreibtisch und sagte..."

Ich stoppe. Noch nie habe ich jemandem hiervon erzählt.
Mein Mund sträubt sich dagegen die Worte zu formen, die ich so oft versucht hatte zu vergessen.
Worte, die wie ein schlechter Scherz klingen und mich doch bis heute jede einzelne Nacht heimsuchen, seit sie sich vor ein paar Jahren tief in meine Seele gebrannt hatten.

Ohne den Blick von Z. abzuwenden, wiederhole ich die Worte, die den Anfang eines langsamen und qualvollen Endes bildeten.

"Sag mir, warum du dich umbringen willst, oder ich werde dich vergewaltigen."

Z. schaut mich entsetzt und ungläubig an.

"Ich sagte nichts.
Sie machte ihre Drohung wahr."

Ich höre wie Leyla nach Luft schnappt und sehe, wie sich Z.'s Augen weiten als sie begreift, dass ich das ernst meine.

"Ich habe versucht mich zu wehren. Erfolglos. Erst berührte sie mich bloß. Dann riss sie mir die Klamotten vom Körper und warf mich auf die Liege. Ich war gelähmt vor Schock.
Konnte kein Wort sagen, konnte nicht verstehen warum die Frau, die mir helfen wollte plötzlich so anders war. Und dann..."

Meine Stimme versagt. Mit leichter Überraschung stelle ich fest, dass ich weine.

Zum ersten Mal seit Jahren rollen Tränen über meine Wangen und tropfen auf meine Hände.

Ich will nicht, das jemand anderes etwas sagt und die beruhigende Stille zerstört, also spreche ich selbst weiter.

"Ich weiß nicht mehr, wie ich an diesem Tag in mein Zimmer gekommen bin aber ich wachte dort auf. Zum ersten Mal seit ich vernünftige Gedanken fassen konnte, war ich von Gefühlen erfüllt.
Schmerz. Scham. Wut. Verzweiflung. Trauer. Das Gefühl für immer beschmutzt zu sein.
Ich wünschte mir meine Kälte zurück und redete mir ein, es wäre nie passiert aber die blauen Flecken überall auf meinem Körper bewiesen mir das Gegenteil."

Z. starrt mich an.

"Doch trotz allem war ich noch ein Kind und mir war nicht wirklich klar, was eigentlich geschehen war, also verdrängte ich die Gefühle und als ich an diesem Nachmittag zu Peters musste, taten wir beide so, als wäre nichts geschehen.
Das ging etwa eine Woche so, sodass ich irgendwann anfing zu zweifeln, ob das wirklich passiert war oder vielleicht nur ein böser Traum war.

Bis ich wieder in ihr Büro kam und sie feststellte, dass ich ihr immer noch nicht verraten hatte, warum ich mich umbringen wollte.

Wie immer blieb ich still.

Sie kam wieder auf mich zu und drückte mich wieder auf die Liege.

Diesmal schrie ich. So laut, dass es mir selbst in den Ohren weh tat aber das hat sie nie interessiert.
Als ich anfing zu treten, zu kratzen und zu beißen wo ich konnte, fixierte sie mich einfach auf der Liege. Ich konnte nichts tun außer schreien.

Am Ende dieser... Therapiestunde machte sie mich los und ich wollte weglaufen aber ich war völlig geschwächt und so hielt sie mich einfach fest.
Plötzlich wieder die warme und herzliche Therapeutin hat sie mir die Tränen abgewischt und mir ins Ohr geflüstert, dass sie das immer wieder tun würde, wenn ich jemandem davon erzähle.

Ich erzählte es keinem.

Von da an passierte jeden Tag das gleiche Spiel. Ich wurde zu ihr gerufen und weigerte mich, jedoch ohne jemandem einen Grund zu nennen. Die Pfleger und später Sie brachten mich immer wieder in diesen Raum und sie fragte mich immer wieder nach Gründen, die es nicht gab und weil ich nicht antworten konnte, tat sie es immer wieder.

The EndWhere stories live. Discover now