Borderlands VII - Seite 34

2 0 0
                                    

Die Operation war recht gut verlaufen, und der Regenerator knüpfte bereits das Gewebe wieder zusammen. Selbst rein äußerlich würde nichts zurückbleiben. Ob die Nerven jedoch den Schock verkraftet hatten, war eine andere Sache und würde sich wohl erst mit der Zeit zeigen.

Außerdem gefielen McCoys die Enzephalogramme des Gehirns überhaupt nicht. Nicht nur, dass das Schmerzzentrum durch Stimulanz von außen ziemlich angegriffen war, zeigten Bereiche ungewöhnliche Aktivitäten, die sonst eher ruhig waren. McCoy schrieb das der getrennten Verbindung zu, aber auf Dauer konnte das nicht gesund sein.

Auch hatten die Tiefenscans, die McCoy zuvor nicht hatte machen können, da die bisherigen Aufenthalte Tiarens eher einen anderen Zweck gehabt hatten, ein paar Gensequenzen zutage gefördert, die schlichtweg haarsträubend waren. Offenbar war vielmehr menschliche DNA eingeflochten worden, als äußerlich zu sehen war, besonders in den Hormonfunktionen. Andernorts schienen schlichtweg ein paar Strings zu fehlen. Was das alles bezweckt hatte, konnte der Doktor nicht wirklich nachvollziehen, aber ihm waren zwei Dinge klar: Es war erstens nicht rückgängig zu machen und zweitens mit jeder normalen Gensequenz inkompatibel für eine Fortpflanzung.

McCoy hatte eigentlich soviel gar nicht herausfinden wollen und nicht die Konsequenzen. Er hatte sich zwar so seine Gedanken gemacht, was mit Tiaren alles angestellt worden war, schließlich sah er nicht wie ein Romulaner aus. Aber die meisten weniger sichtbaren Änderungen waren nur möglich gewesen, als Tiaren nur eine einzige Zelle gewesen war. Tiaren war erschaffen worden.

McCoy überlegte, ob der Romulaner es wusste. Ein Romulaner, der menschliche Gene in sich trug. Eine Chimäre aus dem Reagenzglas. Er schnaufte kurz und seufzte dann.

Warum konnte das Leben nicht einfacher sein, fragte er sich. Er blickte zu Tiaren, der langsam eine Hand bewegte, weil sie wohl kribbelte. "Sie werden gleich richtig wach", informierte McCoy ihn. "Seien Sie vorsichtig. Ihre Augen sind wieder in Ordnung und auch Ihre Sehnerven. Wir haben auch die anderen Verletzungen geheilt. Aber es ist alles noch sehr empfindlich."

"Vermutlich sage ich das zum ersten Mal, aber: Danke, Doktor.", wisperte Tiaren und öffnete vorsichtig die Augen. Alles war so schwarz wie zuvor und für einen Moment erfasste ihn Panik. Dann zwang er sich, tief durchzuatmen und still liegen zubleiben. Was hatte er erwartet? Romulaner waren gründlich.

"Sie werden Ihre Nerven nicht sofort benutzen können. Nach einiger Zeit werden wir ihnen Sensorkleidung anpassen. Dann können Sie Ihre Sehnerven trainieren und sich trotzdem derweil gut orientieren. Nicht perfekt, aber immerhin."

Tiaren gefiel der Gedanke nicht sonderlich, auf ein technisches Hilfsmittel angewiesen zu sein, aber es war vorerst die beste Lösung. "Wie geht es dem Captain?", fragte er, um sich abzulenken.

"Er befindet sich endlich in der Heiltrance. Er hat gute Chance, dass er keine dauerhaften Schäden davon trägt. In zwei bis sechs Tagen werden wir ihn aus dem Tank holen, je nachdem, wie gut die Heilung verläuft, und dann müssen wir ihn wecken."

Die Aussage beruhigte Tiaren immens. Er lehnte sich zurück und schloss wieder die Augen. Wenn A'kebur aus all diesem nur heil heraus kam, dann war es das wert gewesen.

"Wollen Sie schweigen? Dann lasse ich Sie ausruhen. Aber Sie sollten ganz dringend reden", riet ihm Doktor McCoy.

"Worüber?"

"Über sich selbst, über den Captain. Das, was Sie da unten gemacht haben. Was Sie denken. Niemand wird Sie später darüber befragen. Man wird Sie nur fragen, ob Sie ein Verräter sind."

"Ich bin kein Verräter. Ich habe niemals Geheimnisse der Romulaner an die Föderation ausgeplaudert und auch nicht umgekehrt. Aber ich sagte schon Ihrem Counselor, es gab keinen anderen Weg. Ohne Toran steht das Imperium besser da und kann frei über einen Frieden entscheiden."

Es raschelte und dann setzte sich McCoy an Tiarens Bett. "Nur so? Warum nicht einfach die Verbindung abschirmen? Wissen Sie, dass der Captain kurz vor einem Herzinfarkt stand? Ich bin froh, dass er als Klingone doch ein paar andere Eigenschaften aufweist als ein reiner Vulkanier."

"Doktor, ich bin recht gut darin, Risiken einzuschätzen, aber ich bin davon ausgegangen, dass ich die Attacke auf Toran nicht überlebe. A'kebur wäre mit mir gestorben ohne eine Chance, sich zu lösen. Es war ein großes Risiko, aber eines, das ich eingehen musste. Und jetzt ... nun, er ist frei." Tiaren hatte noch nicht näher darüber nachgedacht, was das eigentlich hieß.

Aber das lose Ende ihrer Verbindung pochte heftig in seinem Schädel und zerrte an seinem Herzen. Und doch war es richtig gewesen, nicht nur, um A'kebur das Leben zu retten. Der Captain hatte klargestellt, dass er diese Verbindung nicht wollte, und Tiaren musste sich eingestehen, dass sein Instinkt zu überleben und sein Verlangen, A'kebur für sich zu haben, nicht so stark waren wie der Wunsch, diesen am Leben und glücklich zu sehen.

"Nun, dass er frei ist, bezweifle ich. Ich kenne den Captain seit einer ganzen Weile. Ich habe ihn noch nie frei gesehen. Nicht, bevor Sie ihn gefangen nahmen und auch nicht danach. Er ist ein starker Mann, aber er hat gesehen mit seiner Biographie kein Glück mit seinen Beziehungen. Zumindest nicht auf Dauer. Und ganz ehrlich, Mr. Romulaner, wenn ich mir auch nur annähernd vorstellen kann, was Sie getan haben, würde ich Sie über den Haufen schießen."

"Bitte sehr, Doktor, aber warum dann erst die Mühe, mich zusammenzuflicken? Sie hätten mich eigentlich auf Romulus lassen müssen", gab Tiaren zurück.

"Ich bin Arzt und ich bin nicht mit Ihnen verheiratet." McCoy schnaufte hörbar. "Ein Glück!"

Tiaren schmunzelte. "Ihren Job möchte ich nicht haben. Aber wie es aussieht, ist niemand mehr mit mir verheiratet. Was wollen Sie also?"

"Mr. Tiaren, ich weiß nicht viel über diesen vulkanischen Hokuspokus, ich weiß nur, dass Sie eine Verantwortung tragen. Sie haben den Captain jetzt zweimal auf das Schlimmste verletzt. Sie werden das wieder in Ordnung bringen."

"Und Ihnen ist nicht vielleicht der Gedanke gekommen, dass er das nicht will? Dass er froh sein könnte, mich los zu sein?"

"Auf diese Weise? Ich wage es zu bezweifeln. Wie denken Sie darüber für sich?"

Tiaren hätte dem Doktor gerne einen genervten Blick geschenkt. "Ich weiß zwar nicht, was Sie das eigentlich alles angeht, aber der Captain hat mehrmals deutlich gemacht, dass er mich los sein will."

"Mich geht alles an, was den Captain angeht, junger Mann. Und Sie haben es mit einem einzigen Gedanken geschafft, ihn in die Knie zu zwingen. Das will was heißen. So schnell gibt er nämlich nicht auf."

"Doktor, ich verstehe Ihre Besorgnis. Aber was ich getan habe, lässt sich nicht rückgängig machen. Das Sinnvollste, was ich tun kann ist, ihm nicht mehr unter die Augen zu kommen."

Doktor McCoy brummte: "Einfach die Augen zulassen."

"Sie haben romulanischen Humor, Doktor, wirklich." Tiaren lehnte sich zurück.

"Denken Sie darüber nach", riet ihm McCoy ohne darauf einzugehen. "Es kann sein, dass wir wegen Ihnen unseren Captain verlieren."

Tiaren antwortete nicht. Seine schlimmste Sorge war, dass er A'kebur wirklich irreparabel verletzt hatte. Aber es war der einzige Weg gewesen und Tiaren bereute es nicht. Nur die Methode war zugegeben grausam gewesen, aber ihn selbst schmerzte es ja auch. Er war wieder allein, und ein Teil von ihm schrie verzweifelt nach seinem Gegenstück. Aber es war nicht mehr zu ändern.



Borderlands *Buch 7 - Land hinter NebelnWhere stories live. Discover now