VII

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Irgendwann kam mir die grandiose Idee, ihn suchen zu gehen. Ich meine, eigentlich bin ich hier zum Lernen und nicht für das, was gerade Fakt war.

Draußen im Flur fand ich insgesamt vier Türen. Eine davon, die vorderste von mir gesehen, stand sogar offen. Als ich mich dieser näherte, konnte ich definitiv das Badezimmer ausmachen. Also lief ich einige Schritte weiter zur ersten verschlossenen Tür. Für eine kurze Zeit hatte ich das Gefühl, ihn wahrzunehmen. Okay, hier muss er drin sein.Als ich die Tür ausreichend geöffnet hatte, trat ich in den Raum und sah in einer Ecke Finn, wie er mit voller Wucht immer und immer wieder auf einen großen schwarzen Sandsack, der an einer dicken Kette von der Decke hing, einschlug.

"M-mr Evans?", fragte ich kleinlaut, "ähm F-finn?"

Er stoppte die Schläge und warf seine Handschuhe zu Boden.
"WAS?", giftete er mich an, nachdem er sich 
-oberkörperfrei- zu mir umgedreht hatte. Seine Augen sprühten nur so vor Wut und Feuer.

Das war dann also sowas wie sein persönlicher Trainingsraum. Ziemlich cool, muss man schon sagen.

"A-alles okay?"

"Seh ich so aus?", gab er nun etwas ruhiger, aber immer noch echt laut von sich.

Von seinem gesamten Oberkörper bahnten sich unzählige Schweißperlen ihren Weg Richtung Boden. Die vorher noch perfekt gestylte Frisur war total verwuschelt und seine Adern an den Armen und an seinem Hals pulsierten förmlich.
Alles in allem sah er verboten heiß aus.
Wahrscheinlich bemerkte er meine gaffenden Blicke, da er einen Schritt auf mich zu kam. Meine Augen immer noch auf seinen Körper gerichtet, begann er zu reden.

"Weißt du was? Du bist genauso wie sie. Du kannst mich auch nur 24/7 anstarren und sonst nichts!"

Er drehte sich zurück zum Boxsack und setzte schon zum ersten Schlag an, als ich mich zwischen ihn und das Gerät stellte.

"Soll ich dich schlagen oder was?"

"Sag mir bitte, wer sie war"

"Weißt du Chloe, ich verstehe nicht, warum du dich für mein Privatleben interessiert. Es läuft nichts zwischen uns hier", begann er und schaute mir tief in die Augen.
"Aber okay, sie ist meine Ex"

"Hab ich mir schon gedacht", hauchte ich so leise, dass ich es kaum selbst verstand.

"Warum fragst du dann trotzdem?"

Er ging noch einen Schritt auf mich zu. Ich war wieder gefangen und konnte schon den Sandsack an meinem Rücken spüren.

"Ich... ich weiß nicht. Vermisst du sie noch?", fragte ich vorsichtig.

Ich sah sofort, dass sich bei dieser Frage seine Augen um einige Nuancen verdunkeln. Doch er antwortete mir nichts.

"Warum seid ihr getrennt?", flüsterte ich. Mein Herz drohte förmlich aus dem Hals zu springen, so hoch war mittlerweile mein Puls. Und das ausschließlich wegen seiner Nähe.

"Weil ich sie nicht mehr geliebt habe", flüsterte er in der gleichen Lautstärke wie ich.

"Wie lange ist das her?"

"Drei Wochen", nuschelte er leise, doch ich sah genau, dass er ganz kurze Zeit sein Gesicht zu einem schmerzhaften Ausdruck verzog.

"Tut mir leid", flüsterte ich und zog ihn nach kurzem Überlegen in eine sanfte Umarmung, die er aber nicht erwiderte.

"Du bist ganz genau wie sie"

"Ne ganz bestimmt nicht!"

"Sag mal... wie alt bist du eigentlich?"

"Ist die Frage jetzt rhetorisch? Oder ähm wenn nicht... so ungefähr 17, warum?"

"So ungefähr?"

"Naja ich werde bald 18"

"Oh okay", antwortete er etwas überrumpelt und trat ein unwesentliches Stück zurück.

"Warum so überrascht?"

"Dachte, du bist schon volljährig", gab er leise von sich und kratzte sich verlegen am Nacken.

"Ich bin erst in der elften und ich hoffe, dass ich nicht so aussehe, als wäre ich schonmal sitzen geblieben"

"Siehst du nicht, ich dachte nur, weil... Naja du verhältst dich ziemlich erwachsen finde ich und ja"

"Oh okay d-danke. Vielleicht könntest du.. also nur, wenn dir das nichts ausmachen würde, ein ganz kleines Stück von mir weg und ähm, weil..."

Sofort schreckte er zurück, als er verstand, auf was ich andeuten wollte. Diese Nähe war mir einfach nur unangenehm und meine ganze Körperhaltung hatte sich verkrampft. Jetzt standen wir beide total verdattert da und schauten sonstwo hin, damit sich auch ja nicht unsere Blicke trafen.
In meinem Gefühlschaos suchte ich meine Sachen zusammen, zog meine Schuhe an und schloss seine Wohnungstür hinter mir. Und wieder war ich zu schwach, diese Tränen zurück zu halten. Sie liefen nur so mein Gesicht hinunter.

Warum weine ich überhaupt? Er hat weder gesagt, dass ich unattraktiv oder hässlich bin. Er hat mir keinen Korb gegeben, hat mich nicht verarscht. Aber er hatte 8 Jahre lang so eine verdammt heiße Frau an seiner Seite, deren Platz ich niemals einnehmen könnte. Deren tolle Haare niemals meinen Körper zieren und deren Brüste mich nie zum Mittelpunkt seiner Aufmerksamkeit machen werden.
Ich bin und bleibe Chloe. Ich werde niemals diese Frau sein.

Keine Sekunde, nachdem ich diesen Gedanken vollendet hatte, riss er die Tür auf. Ich blieb mit meinem Rücken zu ihm stehen, um ihn nicht ansehen zu müssen.

"Wohin?", schnaufte er schwer atmend.

Ich zuckte mit den Schultern und setzte Richtung Fahrstuhl an, als ich an seinen verschwitzten Körper gepresst wurde und er mich wieder mit in die Wohnung zog.

"Lass mich los!"

Anstatt mir zu antworten, zog er, mich immer noch in seinem Arm, mir meine Schuhe aus und warf meine Tasche auf den Fußboden.

F*cking TeacherWhere stories live. Discover now