Hatte ich schon erwähnt, dass es keine Tapete gab? Das alles war nur eine graue Wand- ohne weißer Farbe, ohne alles.

Die Fenster waren teils kaputt und im ersten Stock lagen unter einem teils zerbrochenen Fenster sogar noch Scherben darunter. Die Wohnungstür daneben war leicht angelehnt und sah aus, als wäre jemand gewaltsam eingebrochen, denn das Schloss lag nutzlos auf dem Boden. Dieses Haus machte mir immer mehr Mut!

Die Treppen knarzten bei jedem Schritt und in manchen Treppenstufen waren kleine Spalten. In anderen Stufen waren etwas größere Löcher, bei denen man aufpassen musste, dass man nicht ausversehen hineintrat und somit seinen Fuß verstauchte oder sogar brach.

Einmal trat ich aus Versehen in eines dieser Löcher und verlor mein Gleichgewicht, weshalb ich mich am Geländer festkrallte. Mein Koffer besaß nicht solche Instinkte, weshalb er die Treppen wieder herunterfiel und ich stöhnte entnervt auf.

Marlene grinste etwas und ich hievte den Koffer sauer die Treppen wieder hoch, als wir eine Peron schreien hörten. Es war eine tiefe, männliche Stimme, die aus einem der höheren Stockwerke kam. „Ich werde garantiert nichts davon tun!"

Überrascht sahen wir einander an und Anne grinste. „Anscheinend haben wir aktive Nachbarn. Ich hätte fast gedacht, dass sich keiner traut in diesem Haus zu leben."

Ich grinste daraufhin etwas. Erneut gab es eine Stufe, in der ein großes Loch war und ich lief darum herum. Auch die weiteren drei Stockwerke sahen aus, als wären sie seit Jahren nicht mehr saniert worden. Ob unsere Wohnung genauso aussah?

Wir keuchten alle erleichtert auf, als wir im letzten und fünften Stock ankamen und unsere Koffer auf dem Boden abstellen konnten. Während Marlene versuchte ihren Atem zu beruhigen, nahm sie den Türschlüssel und öffnete die Wohnung. Entkräftet lächelte sie uns an. „Auf in unser Glück!", sagte sie und betrat als Erste die Wohnung.

Schockiert sahen wir uns um, während wir zunächst durch den engen Flur liefen und am Ende des Flurs das Wohnzimmer betraten, in welchem keine Möbel waren. Der einzige Hinweis auf Möbel war der, dass es weiße Abdrücke an den Wänden gab. Die Wände selbst waren gelb. Ob die Tapete gelb war oder sie mit den Jahren gelb angelaufen ist, werde ich gekonnt ignorieren, aber man erkannte gut, dass dort definitiv einige Möbel gestanden haben. Wahrscheinlich die, die man uns auf den Fotos präsentiert hatte.

Anne hatte vor Wut als Erste alles abgecheckt und funkelte uns sauer an. Ungläubig schüttelte sie den Kopf. „Die einzigen Räume mit Möbeln sind die Küche und das Badezimmer. Sonst ist hier nichts. Nada."

„Wie sollen wir das bitte bezahlen? Wir haben kaum etwas", wisperte ich und fuhr mir durch die Haare.

„Sag doch nicht so einen Schwachsinn!", sagte Marlene und wollte sich auf den Boden setzen, doch als sie nochmal genauer hinguckte, sah sie die Staubschicht und verzog ihre Mundwinkel, bevor sie die Arme vor der Brust verschränkte. „Wir sind nicht verloren. Wir rufen den Vermieter an und gehen währenddessen Möbel einkaufen."

„Und womit?", erwiderte ich und blickte Anne und Marlene der Reihe nach an. „Wir haben kein Auto. Wir haben auch keine Betten. Wir haben nichts. Wir haben Glück, dass nichts an den Wänden ist."

„Da kommt noch bestimmt eine böse Überraschung", murrte Anne und seufzte. „Bestimmt Schimmel oder irgendwas anderes Blödes."

Marlene schien die Letzte zu sein, die noch Hoffnung besaß. „Ich rufe den Vermieter an. Während ich telefoniere, könntet ihr bei den Nachbarn klingeln und fragen, ob die vielleicht noch alte Möbel haben oder uns anders helfen könnten", gab Marlene von sich und zog bereits ihr Handy aus der Hosentasche.

Swallows: The Connected SoulsWhere stories live. Discover now