Kapitel 11

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Fiona

„Was ist passiert? Außer du willst da nicht drüber reden, ich würde das verstehen", sagte ich schnell, doch Hayden schüttelte den Kopf.

„Es macht mir nichts aus darüber zu reden, nur fällt es mir schwer, mich daran zu erinnern. Kennst du das, wenn man etwas so sehr verdrängt, dass man sich einfach nicht mehr daran erinnern kann?"

Ich nickte. „So war es auch bei meinem Autounfall. Ich habe ihn tief in mir eingeschlossen."

„Ja, genau. So ist das gerade für mich. Als ich jung war, sind meine Eltern gestorben und wir wurden in ein Heim abgeben. Man hat sich um uns gut gekümmert. Mit sechszehn wollten wir abhauen, aber wir waren viel zu dünn angezogen und Maria konnte nicht so schnell laufen, sie war drei Jahre jünger als ich." Er schüttelte schwach den Kopf. „Wir waren so dumm. Wir sind auch geradewegs in einen Wald gelaufen und denk dran: Wir sind aus Russland, da ist es verdammt kalt, vor allem im Winter. Wir haben in dem Wald die Orientierung verloren und meiner Schwester war so kalt, irgendwann wollte sie nicht mehr weiterlaufen und sie hat sich einfach in den Schnee gesetzt."

Sein Blick traf meinen und ich sah den Schmerz in seinen Augen.

„Sie ist in meinen Armen gestorben. Ich habe gefühlt, wie sie immer weiter von mir ging. Danach war ich so müde, dass ich eingeschlafen bin. Mich hat aber ein Mann gefunden und dieser hat mich wiederaufgerichtet. Er hat mir Unterricht gegeben und mich auf mein Leben vorbereitet. Danach bin ich durch die ganze Welt gereist."

„Du kommst aus Russland?", fragte ich überrascht und auch der Rest verwunderte mich. „Dir hört man das gar nicht an! Wo warst du denn bisher alles?"

Hayden grinste verschmitzt. „Alles aufzuzählen, wäre zu viel, aber ich war in Amerika, Kanada, einem Großteil von Europa, China, Japan, Kongo, Ghana, Neuseeland..."

„Warte, wie alt bist du nochmal?", unterbrach ich ihn mit großen Augen und er lachte.

Sein Lachen hörte sich so warm und herzlich an. Es fühlte sich an, als würde ich es zum ersten Mal hören.

Das war sehr wahrscheinlich auch der Fall.

„Ich bin zweiundzwanzig, aber mein Ziehvater war viel wegen seiner Arbeit unterwegs. Er hat mir immer Privatunterricht gegeben und dadurch konnte ich immer mit ihm gehen, egal wohin."

„Wow", sagte ich leise. „Die Länder, in denen ich war, kann ich an einer Hand abzählen."

Wieder lachte er und hob entschuldigend die Schultern. „Es war zwar schön, die ganzen Kulturen kennenzulernen, aber irgendwo eine längere Zeit zu bleiben, ist auch schön. Ich bin jetzt seit zwei Jahren hier in England."

Ich lächelte ihn schweigend an. Es war schön, so mit Hayden zu reden. So entspannend. Ohne Anfeindungen, ohne Meckereien, einfach ruhig.

„Worüber denkst du nach?", fragte Hayden leise und ich lächelte etwas mehr.

„Ich habe nur daran gedacht, dass es wirklich angenehm ist, so mit dir zu reden. Ohne, dass wir streiten oder ich irgendwelche Sachen herausfinden will."

Hayden lächelte nun ebenfalls und legte sich auf seine Liege. „Das stimmt. Es war wirklich entspannend und hat mich auf andere Gedanken gebracht."

„Schön, dass ich dabei helfen konnte", erwiderte ich und lachte leise. Mein Handy vibrierte in der Hosentasche und ich holte es raus.

Wie war das nochmal? Du gehst auf Abstand?"

Ich unterdrückte ein Stöhnen. Marlene hatte ihre Augen überall.

Swallows: The Connected SoulsHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin