Prolog

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Es war ein angenehmer Nachmittag. Die Sonne lag schon hinter den Bäumen und der Wind kühlte unsere Körper. Ich warf einen Blick zu meinem braunhaarigen Freund. „Wie lange noch?"

Er warf einen Blick auf seine Armbanduhr und blickte dann hinter mich, in die Richtung, aus der die Mädchen kommen würden. Gleichmäßig bewegte sich sein Kiefer, während er auf seinem Bonbon kaute. Das tat er fast immer in solchen Situationen. „Nur noch wenige Sekunden."

Ich drehte mich um und betrachtete gemeinsam mit meinem Kumpel die Szene, die sich gleich abspielen würde. Die Mädchen kamen in ihrem grünen Wagen angerast und ich erkannte schon in den ersten zwei Sekunden, dass sie viel zu schnell waren.

Wir beobachteten den Wagen, der jede Sekunde einen Unfall haben würde, in aller Ruhe. Die zwei Mädchen in dem Auto lachten und bewegten sich wild zu der Musik, die aus dem Wagen dröhnte. Vor allem die Beifahrerin machte wilde Bewegungen und die Fahrerin lachte heftig. Schon jetzt, zehn Sekunden vor dem Unfall, wusste ich, dass das der Grund für den Unfall sein würde. Für solche Unfälle könnte ich Jugendliche schütteln. Wie konnten sie das Leben nicht wertschätzen?

Der grüne Kleinwagen kam nämlich genau jetzt, nach fünf Sekunden in die Kurve. Ich sah noch, wie die Fahrerin panisch das Lenkrad herumriss, doch es würde nichts ändern. Die jungen Mädchen würden in wenigen Sekunden sterben.

Ich lehnte weiterhin im Schatten an einem Baum, während wir die Szene betrachteten. Der Wagen brauchte bloß zwei Sekunden, um von der Straße abzukommen. Er überschlug sich mehrmals und nach dem fünften Umschlag verstummten die Schreie.

Nachdem mein Kumpel und ich uns ansahen und nickten, traten wir hervor und gingen langsam auf den Kleinwagen zu. Als das Auto liegen blieb und die Welt für zwei Sekunden stillstand, atmete ich tief ein. Nun würde der Teil folgen, den ich hasste und zeitgleich durchführen musste, um nicht zu sterben.

Man hörte leise die Vögel zwitschern, während ein Reifen sich noch quietschend drehte und die Geräuschkulisse deutlich störte. Wäre das qualmende Auto nicht, dann hätte man eine wunderschöne Naturlandschaft vor sich.

Der Wagen, der aus der Motorhaube qualmte und in welchem zwei sterbende Mädchen lagen, zerstörte es ein wenig.

Klara und Fiona.

So hießen die Jugendlichen, hatte er gesagt. Die nächsten Opfer für uns, die wir uns nehmen durften. Die Fahrerin war brünett und die andere blond.

Ich betrachtete beide Teenager und zog dann die Blondine, Fiona, aus dem Wagen. Er tat dasselbe mit dem Mädchen auf der Fahrerseite. Wir legten beide in das Gras und betrachteten sie, wie sie dalagen.

Er beugte sich zu ihnen runter und legte eine Hand auf jeweils eine von ihnen. „Sie ist tot", erklärte er und guckte zu mir hoch. Er zeigte auf die Blondine, Fiona. „Willst du sie rüberbringen?"

Ich sah sie an und zuckte mit den Schultern. Erneut zeigte er auf sie und stand dann auf, um sich neben mich zu stellen. „Beide sind an der Grenze. Wir müssen sie nur noch begleiten. Die Blondine hat mehr Energie als die Braunhaarige."

Als er sagte, dass Fiona mehr Energie hatte, horchte ich auf. Ich hatte schon länger keine Energie mehr bekommen. Das letzte Mal vor eineinhalb Wochen. Danach hatte ich anderen den Vortritt gelassen.

Ich trat etwas vor und blickte dann zu ihm. „Kann ich die Blondine nehmen? Ich habe schon länger niemanden mehr begleitet. Nächstes Mal bekommst du das stärkere Opfer."

Er nickte und hockte sich bereits neben die Brünette. Ich kniete mich neben das blondhaarige Mädchen und sah sie kurz an. Ihr Top war zur Seite gerutscht, sodass man ihren halben BH sah. Ihr rechter Arm lag verdreht unter ihr, ihr Knie stand in einem komplett falschen Winkel von ihrem Körper ab und sie blutete an ihrer Stirn. Ihre Augen waren geschlossen. Sie sah aus, als würde sie bloß schlafen. Doch ich wusste es besser. Sie starb gerade.

Swallows: The Connected SoulsWhere stories live. Discover now