Kapitel 43

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Ariana

Waves - Dean Lewis

Eine ganze Weile vergeht, in der wir nichts tun, als in der Position zu verharren und die Nähe des jeweils anderen zu genießen. Und ich habe mal wieder bemerkt, dass ich Edon mehr brauche, als alles andere auf dieser Welt. Er war für mich da, genauso wie er für Mace da war. Er hat sich unsere Probleme angehört, unsere Geheimnisse, einfach alles. Selbst wenn Mace und ich uns mal gestritten haben, war er immer derjenige, der zwischen uns vermittelt hat. Er hat uns Ratschläge gegeben und hat es irgendwie geschafft, dass am Ende alles gut war. Und das ohne das er sich auf irgendeine Seite geschlagen hat.

Edon war einfach schon immer der Retter meines Herzens. Und durch all die Dinge, besitzt er es nun schon mein halbes Leben lang.

»Ich bin echt ein scheiß Kerl...«, höre ich Edon murmeln. Wir befinden uns nun nur noch in einer halb-Umarmung. Doch es ist immer noch wunderschön. Wir sind uns nah und ich lehne meinen Kopf gegen Edon's Brust, die ich wenn ich genauer überlege schon einwenig als Kissen missbrauche.

Doch zum ersten Mal in meinem Leben kann ich sagen, dass es mir egal ist.

Denn ich brauche das gerade einfach.

Mehr als alles andere auf der Welt.

Als ich nicht antworte, höre ich Edon leise lachen. »Das du mir nicht widersprichst, bringt mich nur dazu, mich noch schlechter zu fühlen.«

Ich schmunzle widerwillig. »Ich widerspreche dir nicht, da es stimmt. Heute warst du wirklich ein scheiß Kerl. Aber das du nun hier bist, macht alles wieder gut. Echt... ohne dich wäre ich nun wahrscheinlich noch immer am heulen und würde mir den Kopf über etwas zerbrechen, wofür es letztendlich sowieso keine Antwort gibt. Oder nein, vielmehr finde ich keine Antwort dazu...«

Edon streicht mir eine Strähne aus dem Gesicht und als ich seinen Blick wieder auf mir spüre, werde ich ganz nervös. »Welche Frage?«

Ich seufze. »Warum mein Vater ganz plötzlich wieder zurück ist.«

Edon nickt, dass erkenne ich aus dem Augenwinkel, doch ist dann für einige Sekunden still. Anscheinend will er erst gut überlegen, bevor er antwortet, was ich verstehe. Das Thema ist nämlich eigentlich Tabu für jeden, der Bescheid weiß.

»Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich es auch nicht. Aber vermuten kann ich es. Ich glaube, er ist wieder da, weil er euch vermisst hat. Und weil er gemerkt hat, dass er viel falsch gemacht hat.« Edon hält kurz inne, wahrscheinlich, weil er unsicher ist, ob er nun weitersprechen sollte, oder nicht. Doch als ich nichts einwende, fährt er fort. »Vielleicht versucht er es nun wieder gut zu machen und... und ich glaube, ihr solltet ihm eine Chance geben. Auch wenn es nun wahrscheinlich noch unverzeihlich ist... ihr solltet ihn zumindest anhören.«

Ich löse mich schweren Herzens von Edon, um ihn besser ansehen zu können. Ich weiß genau, dass das was Edon gesagt hat das einzig richtige ist. Und dennoch schaff ich es einfach nicht, mich dazu durch zu dringen.

Denn ich bin noch viel zu enttäuscht und wütend, um überhaupt darüber nachzudenken, Dad eine zweite Chance zu geben. Natürlich gab es viele Erklärungen, warum er damals ging. Er war überfordert mit der Situation: Plötzlich auf sich alleine gestellt, mit zwei pubertierenden Teenagern. Vielleicht war sein Schmerz so groß, dass er es nicht mehr hier ausgehalten hat. Vielleicht haben wir ihn zu sehr an Mum erinnert.

Doch selbst wenn all das zugestimmt hätte, - es wäre letztendlich doch keine Entschuldigung für sein Verschwinden.

Denn es hat uns das Herz gebrochen.

Ein zweites Mal.

»Das du ihn gut redest, beweist, was für ein gutes Herz du hast, Edon.«, beginne ich und sehe ihm dabei in seine vertrauten braunen Augen. »Aber es ändert nichts an meiner Einstellung. Ich kann ihm nicht verzeihen... echt, ich kann nicht.«

Edon senkt für einen Moment benommen den Blick, hebt ihn dann aber wieder, als ich erneut zu sprechen beginne.

»Ich bin kein guter Mensch. Ich kann nicht verzeihen. Zumindest nicht sofort. Ich.. ich kann ja noch nicht einmal mir selbst verzeihen, dass ich an all dem schuld bin..« Mein eigenes schniefen unterbricht mich, doch ich fange mich schnell wieder und blinzle gegen die Tränen an. »Weißt du, vielleicht verzeihe ich Dad einfach nur nicht, weil ich gerne sauer auf ihn bin, damit meine eigene Schuld einwenig kleiner erscheint.«

Nach meinen Worten herrscht Stille. Kurz habe ich die Befürchtung, ich habe etwas falsches gesagt, doch als ich spüre, wie Edon mir mit seinem Daumen eine Träne von der Wange wischt, sehe ich langsam wieder zu ihm auf.

Seine große Hand ruht auf meiner Wange und seine Augen suchen in meinem Gesicht nach etwas, doch ich tue nichts, als mich an seine raue Hand zu schmiegen.

»Ich kann es jedes Mal aufs neue nicht aushalten, wenn du sagst, dass du schuld bist, Ariana.« Edon's Stimme ist gefüllt mit Wärme und ich kann es nicht beschreiben, aber es fühlt sich so an, als würden seine Worte einwenig von meinem Schmerz nehmen. »Bis heute verstehe ich nicht, warum du das immer wieder sagst. Warum tust du dir das an? Warum machst du dich selbst fertig, Ari? Ich verstehe es einfach nicht. Du kannst nichts dafür. Wie oft muss ich dir das noch sagen, bis du es verstehst? Bis auch dein Herz es endlich einsieht?«

Ich schüttle den Kopf. »Du verstehst das nicht, Edon.«

»Dann erklär es mir! Bitte... bitte vertrau dich mir an.«, kommt es verzweifelt von ihm zurück. »Ich bitte dich, Ariana. Ich bin mir sicher, dass es dir danach besser gehen wird.«

Sollte ich?

Ich atme tief durch und schwanke für einen Moment zwischen beiden Optionen. Denn irgendwie habe ich schon das Bedürfnis, es jemandem anzuvertrauen. Und dieser jemand sollte Edon sein. Doch dann ist da auf der anderen Seite die Angst, die ich davor habe.

Denn die Wahrheit ist grausam.

»Bist du dir sicher, dass du bereit bist? Ich meine, willst du es wirklich wissen?«, frage ich und verdränge das Gefühl der Übelkeit, dass sich durch meinen ganzen Körper erstreckt.

Edon nickt und greift nach meiner Hand. Schulend sehe ich auf unsere verschränkten Finger hinab. »Ja, ich bin mir sicher.«

Ich lecke mir über die trockenen Lippen und überlege, wie ich am besten beginnen könnte. Doch es ist verdammt schwer. Denn der Anfang liegt weit in der Vergangenheit. Wenn ich ehrlich sein soll, weiß ich selbst noch nicht einmal, wann das Grauen seinen Anfang nahm. Doch ich weiß noch genau, wann ich es herausgefunden habe.

Es ist genau zehn Monate und zwölf Tage her.

Der Tag, an dem ich erfuhr, dass mein Leben doch nicht so perfekt ist, wie ich es immer angenommen habe.




A/N:

Ich halte das hier kurz, da ich schon halb am schlafen bin. Der heutige Tag war wirklich sehr anstrengend und ich will nur noch schlafen.

Das wars für heute, ich hoffe die Kapitel haben euch gefallen.

Danke für eure Geduld und euer Verständnis.

Ich wünsche euch eine gute Nacht und süße Träume.❤️😴

xoxo

Casanova ✓Where stories live. Discover now