»Du warst nicht sehr oft hier um sie zu besuchen. Das ist schade... Ihr hätte es sicherlich gut getan und ich denke... ich denke dir auch.«

Ich sehe nicht zu der Krankenschwester, sondern lausche ihren Worten einfach im stillen. Ich weiß nicht, was ich erwidern soll und ob ich überhaupt antworten sollte. Doch nach einigen Sekunden wird mir bewusst, dass ich muss.

Ich schlucke schwer. »Ich glaube, da täuschen sie sich gewaltig.«

»Inwiefern?«

»Meine Mutter würde sicherlich nicht wollen, dass ich in ihrer Nähe bin. Sie kann es zwar nicht sagen, da sie zwischen Leben und Tod schwebt, doch ich spüre es auch so. Sie will nicht das ich hier bin, ich will nicht das ich hier bin und wahrscheinlich will es auch sonst niemand.«, erkläre ich kalt und versuche möglichst monoton zu klingen.

Ich höre die junge Frau hinter mir traurig seufzen. »Das glaube ich nicht. Ich bin mir sicher, dass sie spüren kann, dass Sie hier sind und das ihr das kraft und Durchhaltevermögen schenkt. Glauben Sie mir. Nichts ist größer als die Liebe zwischen einer Mutter und ihrer Tochter.«

»Sie haben recht. Nichts ist größer als Liebe. Nichts, bis auf Hass.«

»Wie soll ich das jetzt verstehen?«

Ich seufze, lasse langsam Mum's Hand los und erhebe mich von meinem Stuhl, den ich wieder zurück an seinen richtigen Platz schiebe. Dann drehe ich mich zur Krankenschwester und schenke ihr ein bemüht höfliches Lächeln, dass sicher die Trauer in mir widerspiegelt. »Zu Ihrem eigenen wohl am besten garnicht. Wenn Sie mich entschuldigen... Ich... ich muss los.«

Mit schnellen Schritten steuere ich auf die Zimmertür zu, doch ehe ich hinaustreten kann, werde ich erneut von der Krankenschwester aufgehalten.

»Tun sie das nicht.«

Mit zitternder Lippe drehe ich mich zu ihr zurück. Meine Sicht verschwimmt dabei langsam aber sicher und ich spüre wie die Last auf meinem Herzen an Gewicht zunimmt. Das Atmen fällt mir schwer, genauso wie die nächste Frage, die meinen Mund verlässt.

»Was genau?«

»Kehren Sie ihr nicht den Rücken zu. Tun Sie das nicht. Wir wissen nicht, ob sie wieder aufstehen wird. Ich weiß, es ist hart sich das einzugestehen und es fällt mir ebenso schwer, Ihnen das jetzt knallhart zu sagen, aber sie könnte jede Sekunde sterben. Genauso könnte sie jede Sekunde wieder selbstständig atmen und auf erwachen. Aber man weiß nie, was passiert. Das war alles, was ich Ihnen mitgeben wollte. Tut mir leid, falls ich mich zu sehr eingemischt habe.«

Sobald sie verstummt, fühle ich mich schlimmer den je. Ich fühle mich nicht nur jämmerlich, sondern auch noch wie ein Monster. Denn mir wird mit einem Mal bewusst, dass sie recht hat.

Aber mir wird gleichzeitig noch eine andere Sache bewusst.

Und zwar das sie schon so gut wie tot für mich ist.

Es macht mich fertig, dass ich so über sie denke. Das ich noch immer so wütend auf sie bin. Das ich das vergangene nicht einfach vergessen kann. Obwohl ich mir es doch so fest vorgenommen habe. Ich habe keine Ahnung, wann ich zu einem so grausamen und kalten Menschen geworden bin.

Eigentlich hätte ich den Tod verdient.

Ich schüttle den Kopf und unterdrücke mit aller Kraft die Emotionen, die wie ein Tornado in mir toben. Ich verkneife mir die Tränen, die gerne fließen würden und alles andere, was mich schwach aussehen lassen könnte.

»Nein. Mir tut es leid.« Mit diesen Worten drehe ich mich endgültig um und renne so schnell es geht aus dem Krankenhaus. Draußen angekommen atme ich tief durch und bemerke, dass ich Stunden bei Mum gewesen sein muss. Es ist nämlich schon dunkel draußen und ich bemerke erst wie sehr ich zittere, als ich mit feuchten Augen nach meinem Handy krame, das sich in meiner hinteren Hosentasche befindet.

Sobald ich es anschalte erscheinen viele verpasste Anrufe. Tausende von Mace, von Malia und sogar von Dad. Doch der einzige Name, an dem meine Augen länger hängenbleiben, ist der von Edon.

Er hat zwölf mal angerufen und das in der letzten Stunde.

Nervös öffne ich die Nachricht, die er mir hinterlassen hat.

Edon: Wir machen uns alle sorgen und ich glaube, dass Mace allmählich durchdreht. Bitte, Ariana, komm nach Hause. Ich muss mit dir reden. Die ganze Sache heute morgen... alles, was ich abgezogen habe.. Es tut mir leid. Wirklich. Das war nicht richtig von mir. Bitte komm, wenn du das hier liest.

Meine Augen überfliegen die Wörter und ich bemerke, dass er recht hat. Ich sollte wirklich nach Hause gehen. Mace soll sich nicht sorgen um mich machen müssen, wenn er doch sowieso schon so neben der Spur ist. Ich meine, er hat seinen Vater wiedergesehen und das nach so langer Zeit. Und jetzt muss er sich auch noch mit seiner egoistischen Schwester auseinandersetzen, die glaubt, sie sei die einzige, die wegen der ganzen Situation leidet.

Dabei ist das nicht so.

Gott, ich bin so eine schlechte Schwester.

Ich muss mit Mace reden.

Und auch mit Dad.

Und gleich darauf sollte ich wahrscheinlich auch mit Edon sprechen. Denn ich habe es so langsam satt, vor allen meinen Problemen wegzulaufen.



A/N:
❤️😴

Da bin ich wieder, friendsss

Was sagt ihr zum Kapitel und was geht so bei euch?

Eine kleine Info: Ich überlege, diesen Freitag eine Lesenacht zu starten. Falls alles gut verläuft, müssten so um die drei Kapitel kommen. Ich freu mich schon und würde gerne wissen, wer alles dabei wäre, xD.

Wir lesen uns (hoffentlich) Freitag wieder.

xoxo

Casanova ✓Where stories live. Discover now