Kapitel 3

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Mit zitternden Händen tastete Jane im Dunklen nach Florence Waffe. Ihre kalten, starren Finger bekamen schließlich die Pistole zu fassen. Mit angehaltenem Atem lauschte sie in die zurückgekehrte Stille. Ihre Schwester zündete, begleitet von einem leisen Zischen, ein Streichholz an. Das warme, orangene Licht der Flamme erhellte den kleinen Innenraum des Busses.

»Jane...«, ihre Stimme klang erschöpft und in ihren braunen, mandelförmigen Augen lag ein matter Lichtschimmer »Was ist los?«. Jane ließ ihren suchenden Blick über die abgeklebten Fenster wandern »Da draußen ist jemand«, flüsterte sie und schlug die zerschlissenen Wolldecke beiseite. Die Flamme des Streichholzes näherte sich gefährlich nahe Florence Finger. Mit einer hastigen Handbewegung löschte ihre Schwester das Feuer.

Die rabenschwarze, schweigende Dunkelheit umfing die beiden Geschwister mit einem Schlag. Jane hörte wie Florence aufstand »Gib mir die Waffe«, forderte sie Jane auf »Ich werde nachsehen«. Mit einem mulmigen Gefühl beobachtete sie wie ihre Schwester die kleine Campinglampe auf die niedrigste Flamme einstellte und anschließend das Magazin der Pistole prüfte. »Ich habe nur mehr drei Schüsse«, murmelte sie in Gedanken versunken.

So leise wie möglich schlich Florence mit vorgehaltener Waffe zur Treppe und verschwand nach unten. Jane spürte wie Panik in ihr hochkroch, als sie dort alleine im Dunkeln saß. Ihr T-Shirt war am Rücken mit kaltem Angstschweiß durchnässt. Das Quietschen der Tür war kurz zu hören. Danach herrschte eisige Stille.

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Es mussten Minuten verstrichen sein, als Jane schließlich den Mut aufbrachte, eines der Streichhölzer zu entzünden, um damit eine der fast heruntergebrannten Kerzen zu entzünden. Eine beißende Kälte schlich von der Treppe zu ihr hinüber. Florence hatten die Tür beim Verlassen nicht verschlossen, durchfuhr es Jane. Ihr pochender Herzschlag ließ ihren Körper erbeben. Mit wackeligen Beinen stand sie auf.

Ein leises, hohles Scharren zerriss die Stille. Jane spürte wie das heiße Wachs der Kerze ihre Finger hinunter lief. Der brennende Schmerz raubte ihr die Sinne. Das Geräusch verstummte. Ihr Blick wanderte wieder zur Treppe hinüber, die in tiefe Schatten gehüllt vor ihr lag. Wie in Trance bewegte sich Jane darauf zu und spürte wie die kalte Nachtluft zu ihr hinauf drang. Mit zitternder Stimme brachte sie den Namen ihrer Schwester hervor »Florence?«.

Das leere Schweigen echote zurück. Jane spürte plötzlich das leichte Schwanken des Busses unter ihren Füßen. Erschrocken ließ sie die Kerze fallen, die mit einem leisen Zischen erlosch, als sie im Boden aufschlug. Gespannt horchte sie auf.

Die zermürbende Angst raubte ihr den Atem. Das leise, in die Länge gezogene Knarren der untersten Treppenstufe bestätigte ihre Vermutung: Jemand, oder etwas, war in den Bus eingedrungen und bahnte sich seinen Weg zu ihr hinauf.

The Crimson PrinceWo Geschichten leben. Entdecke jetzt