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Er hatte sich die Mütze tief ins Gesicht gezogen, während er wartete. Seine Augen waren trüb und sein Körper fühlte sich taub an. Er wusste, es wird bald vorbei sein.
Es war als wäre ihm alles entrissen worden, aber er war nicht traurig. Er war geschockt, aber nicht traurig. Die Tür wurde geöffnet und der selbe Mann Mitte vierzig kam ins Zimmer, wie er es den letzten Monat über jeden Tag getan hatte. Er versuchte deb jungen Mann aufmunternd anzulächeln, doch es gelang ihm nicht. Für ihn war es versagen und für den jungen Mann Verlust.
"Es tut mir leid."
Namjoon schüttelte den kahlen Kopf und stand von dem Bett auf.
"Ich wünschte, ich hätte mehr tun können."
"Es ist okay." Seine Stimme war rau, doch er versuchte seinen Arzt anlächeln.
"Genieß deine Zeit." Die beiden Männer gaben sich die Hände.
"Danke sehr." Der Doctor lächelte noch einmal. Namjoon nahm sich seine Tasche, die er gepackt hatte, als er darum gebeten hatte zu gehen. Er wusste, er hatte nicht mehr lange. Der Krebs hatte schon gestreut und nun war nicht nur sein Darm befallen. Es hatte sich sogar schon ein kleines Tochtergeschwür in seinem Gehirn gebildet. Darmkrebs selbst wird oft zu schwer erkannt und Namjoon war eigentlich nur zum Arzt gegangen, weil ihn diese stechenden Kopfschmerzen plagten. Doch es war schon zu spät. Selbst die Chemo konnte nichts mehr retten. Namjoon hatte nicht mehr lange. Aber er sah es positiv. Bald würde er Seokjin wiedersehen. Wenn er nun starb, werden sie wieder vereint sein. Die letzten Tage seines Lebens wollte Namjoon ein letztes mal mit seiner Familie essen und sich dann in mit einem netten Buch in seiner Wohnung verschanzen. Er wollte seiner Familie nicht noch mehr Schmerz beteiten, indem er bis zu seinem Tod immer an ihrer Seite war. Vielleicht war er auch egoistisch, aber er wollte nicht immer in ihre traurigen Gesichter sehen.
Er konnte es einfach nicht.
Mit seiner Tasche um die Schulter öffnete er die weiße verhasste Tür, welche in den letzen Wochen nur von Leuten geöffnet wurde, die ihm weh taten.
Geschockt ließ er seine Tasche von seiner Schulter rutschen. Tränen sammelten sich in seinen Augen und mit jedem Schritt, den er nach vorne machte, schlug sein Herz schneller. Ohne ein Wort zusagen, nahm er ihn in den Arm.
"Du bist zurück gekommen." Verzweifelt krallte sich Namjoon in sein Oberteil und ließ seinen Tränen freien lauf.
"Du bist wieder da.", hauchte er und zog den vertrauten Duft ein.
"Namjoon.", hauchte Seokjin und legte sanft seine Arme um den Jüngeren.
Auch er ließ seine Tränen auf Namjoons Oberteil tropfen.
"Du bist hier." Der Jüngere konnte es nicht glauben.
"Ich werde nicht wieder gehen. Ich bleibe bei dir. Bis zum Ende"
"Warum bist du hier?" Namjoon drückte Seokjin noch fester an sich.
"Ich musste wissen, was mit dir passiert. Ich musste wissen wie es dir geht. Ich habe deinen Namen auf der Liste gesehen und ich habe gehofft, ich könnte es noch verhindern."
Seokjin schluchzte auf.
"Gott, ich hätte es wissen müssen. Ich hätte es verhindern können."
"Es war so schwer ohne dich." Namjoon hörte nicht auf Seokjins Worte. Auch wenn er nun stirbt, werden sie doch im Himmel wieder vereint sein. Aber er war so froh, Seokjin nocheinmal in den Arm nehmen zu können.
"Jetzt weiß ich endlich warum du meine Flügel sehen konntest."
Seokjin löste sich ein wenig von ihm und sah ihm tief in die Augen. Er hätte es wissen müssen.

"Nur Menschen, denen der Tod bevorsteht, können die Flügel eines Engels sehen."

Wings || NamjinWhere stories live. Discover now