31. Nähe

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Flo stand auf. Ich tat ihm gleich und wir fielen gegenseitig -mehr oder weniger- über uns her. Er legte seine Arme um mich und ich die meinen um ihn. In diesem Moment merkte ich erst, wie sehr ich ihn doch trotz all dem Mist, der in meinem Kopf ablief, vermisst hatte. Die Nähe, die uns bisher immer verbunden hatte, war wieder da und auf einmal wusste ich, dass an uns nichts Falsches war. Ja, wir waren Halbgeschwister. Ja, wir standen uns sehr nahe. Manche würden vielleicht sagen, dass wir uns ein wenig zu nahe stehen würden, doch ich fühlte nicht so. Die Nähe, die ich durch seine Anwesenheit und seine Arme um meinen Körper spürte, war genau die richtige Nähe. Es war nicht zu viel und es könnte auch nicht zu viel werden für mich. Nur wusste ich nicht, wie Flo empfand...

"Ich hab dich vermisst.", nuschelte ich in sein T-Shirt, während er mir beruhigend über meinen Rücken strich. "Ich dich auch, Schwesterchen." Ich sah zu ihm hoch und merkte, wie er grinste. Langsam entlies er mich aus unserer Umarmung und all die Fragen, die ich zuvor erfolgreich verdrängt hatte, kehrten zurück. 

Flo setzte sich wieder und ich mich neben ihn. "Das, was deine Mum erzählt hat, stimmt. Sie hat tatsächlich meine Mum angerufen, die natürlich erstmal ein wenig aus dem Häuschen war, dass ich versucht hab ihren Ex-Mann und dessen neue Familie zu kontaktieren." Ich nickte und schlürfte an meinem Tee. "Kann ich mir vorstellen. So nen Anruf bekommt man sicherlich nicht alle Tage. Erinnert mich ein wenig an deinen Anruf bei uns." Auch Flo trank jetzt etwas von seinem Kaffee. "Hat gewisse Ähnlichkeiten.", stimmte er mir zu. "Weißt du eigentlich wieviel Bammel ich hatte euch anzurufen? Ich wusste ja nicht wer rangeht." Das verwunderte mich. Flo war der Typ Mensch, der ein gewisses Selbstvertrauen an den Tag legte und den man sich nur schwer aufgeregt beziehungsweise vielleicht auch ängstlich vorstellen konnte. "Du warst wirklich aufgregt?" Er nickte. "Klar. Was denkst du denn?" Ich zuckte mit den Schultern. "Jedenfalls nicht an den großen LeFloid, der Angst vor einem Telefonanruf hat." Flo knuffte mich leicht in die Seite. "So hab ich das auch wieder nicht gemeint. Ich hatte keine Angst." Ich musste grinsen. "Schon klar." .. "Pff, wenn du mir nicht glaubst, dann geb ich dir das hier halt jetzt nicht." Irgendwie hatte er gerade einen Umschlag herbeigezaubert. 

"Was ist das?", fragte ich erstaunt. "Mach's auf." Er reichte mir den Umschlag und ich öffnete ihn langsam und bedächtig. Darin war eine Karte mit der Aufschrift "Gutschein". Außerdem hatte Flo ein kleines Triforce darauf gemalt. "Flooo. Ich warne dich, wenn das jetzt irgendein Geschenk ist..." Flo zuckte mit den Schulter. "Dein Vierzehnter ist ja noch nicht so lange her und eigentlich wollte ich dir das damals schon geben... Hab mich aber nicht getraut dir das einfach mit der Post zu schicken und bis sich dann mal die Gelegenheit ergeben hat, dass ich zu euch komme.. Und dann wollte ich dich irgendwie auch nicht damit überrumpeln. Lies selbst." Ich holte die Karte aus dem Umschlag und merkte, dass auch noch eine Art kleiner Brief darin lag. Ich nahm ihn heraus und begann zu lesen:

"Liebe Anna. 

Ich weiß, dass du mich -jetzt wo ich gerade diesen Brief schreibe- noch nicht kennst, doch ich hoffe innigst, dass sich das bald ändern wird. Heute wirst du vierzehn oder bist es bereits .. je nach dem, wann ich es endlich schaffe dich kennen zu lernen und dir diesen Umschlag zu geben. Es ist nur ein kleines Geschenk, also mach dir nichts draus. Im Prinzip ist es auch nicht mal uneigennützig :) 

Dein Flo"

Okay? Jetzt war ich wirklich neugierig, was sich hinter seinem Geschenk verbarg. Ich drehte die Karte und erkannte die aufgemalte Skyline Berlins mit dem Alex und dem Brandenburger Tor. Er hatte doch nicht etwa?! Nein nicht ernsthaft, oder? Doch ich hatte bereits zu lesen angefangen: 

"Gutschein für: eine Reise nach Berlin."

"Flohhho?! .. Ist das dein fucking Ernst?!" 

Er nickte und ich konnte nicht anders als aufzuspringen und zu jubeln. Ich hatte vollkommen vergessen, dass meine Mutter auch noch zu Hause war, welche natürlich durch mein Geschrei neugierig geworden war und jetzt hereinkam. "Was ist denn hier los?" Sie sah uns etwas verwundert an. In meiner Freude hüpfte ich sogar um meine Mutter herum .. Dinge, die ich sonst nie tun würde. "Berlin, ich komme..!" Meine Mutter sah zu Flo und er reichte ihr den Gutschein, den er mir gerade erst geben hatte, allerdings mit den Worten: "Natürlich nur, wenn das erlaubt wird und Sie können schließlich auch gerne mit nach Berlin kommen. Es ist sozusagen ein nachträgliches Geschenk zu ihrem Vierzehnten." Ich hielt inne. Meine Mutter wollte ich definitiv nicht mit in Berlin haben. Die konnte schön zu Hause bleiben und schauen, dass sie die Ehe mit Helmut wieder auf die Reihe brachte. 

"Ich weiß nicht .." 

"Komm schon, Mum. Du kannst ja auch hier bleiben. Nur für ein Wochenende oder so?!" Gemerkt? Ich hatte sie Mum genannt.. Vielleicht brachte das ja noch was anderes zu stande außer meinen Kotzreiz.

"Lass mich das erst Mal mit deinem Vater abklären."

Ich hielt inne in meinem Freudentanz. Mit meinem Vater? Das würde ein fettes Nein ergeben. Der wollte doch noch weniger als meine Mutter, dass ich Kontakt zu Flo hatte. 

"Siehs doch mal so: Wenn ich mal ein paar Tage weg bin, kannst du doch auch mit Helmut wegfahren. Irgendwo in die Berge. Ein romantisches Wochenende und ihr könnte mal über alles reden."

"Und was soll ich sagen, wo du unterkommst?", fragte meine Mutter misstrauisch. 

"Sag doch einfach, dass ich bei Ina unterkomme. Die würde das bestimmt machen und dann könnten ich Flo auch mal richtig kennenlernen. Ich meine er studiert und da hat er sicherlich nicht die Zeit 500km und mehr zu uns zu fahren." Ich blickte zu Flo. Hoffentlich machte er mit und tatsächlich er nickte und bestätigte meine Aussage. Meine Mutter sah uns beide an. Sie schien zumindest ein wenig überzeugter als zuvor. 

"Ich werde drüber nachdenken, aber dann will ich auch -wenn ich das erlauben sollte-, dass du dich regelmäßig meldest." Sie sah mich streng an. Ich nickte.

"Ich mach alles!"

"Alles?"

"Jaha!" 

"Wenn du es schaffst die nächste Zeit dein Zimmer ordentlich zu halten und im Haushalt mithilfst, dann erlaube ich es vielleicht." 

...Meine Euphorie hatte sich gelegt. Das war praktisch eine Absage. Ich konnte gar nicht so viel mithelfen, wie es meine Mutter mochte. Es war IMMER zu wenig. Es war auch zu wenig, als ich damals um Gitarrenunterricht gebettelt hatte und ich hatte mich wirklich angestrengt. 

"Und ich muss wissen, wo du unterkommst." 

Flo meldete sich zu Wort: "Das wäre natürlich bei mir. Ich kann Ihnen gerne die Adresse und die Festnetznummer geben. Können Sie sich ja im Internet anschauen." 

Sie nickte und ich war froh, dass sie nicht von vorneherein bereits nein gesagt hatte. Vielleicht schaffte ich es ja doch durch ganz viel Anstrengung und Selbstdisziplin.

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Ich bin mal im Zeitplan, jei! :)

Viel Spaß damit ^.- & Kommis/Likes -> immer her damit :3

LG Eure Heide

Verwandt mit Floid?! (LeFloid FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt