Verdutzt erwidert er den Kuss und legt seine Hände auf meine Wangen. Mit seiner Zunge intensiviert er den Kuss und zieht mich näher an sich heran. Ich höre, das leise Getuschel und vor allem Aleynas Wut, was mich anspornt weiter zu machen. Ich kralle mich in sein T-Shirt und fahre mit der anderen Hand über seinen Nacken. Das Gefühl habe ich vermisst und auch das Kribbeln, welches jetzt wieder kommt. Es ist herrlich jemanden zu demütigen, indem man jemanden beglückt, den man liebt. Ein letztes Mal küsse ich Can und löse mich langsam von ihm. Verlegen beiße ich mir auf meine Lippe und räuspere mich. "Jetzt wissen es auf jeden Fall einige", nuschele ich und grinse leicht. Aleyna ist vollkommen empört und wütend, was mich grinsen lässt. Possessiv lege ich meine Hand auf Cans Rücken und bin diesmal diejenige, die perfide grinst. "Jetzt haben es einige Studenten mitbekommen. Das wird sich verbreiten." Ich weiß jetzt nicht, wie Can das aufnehmen wird, da er gerade sprachlos wirkt. Er will etwas ansetzen, doch es kommt nichts aus seinem Mund. Stattdessen fährt er sich durch sein Haar und schaut sich zu den schaulustigen Studenten um. Abwartend beobachte ich ihn und hoffe, dass ich es nicht verschlimmert habe. "Ich-, nun-," Er seufzt, statt sein Stammeln fortzusetzen. "Steig ins Auto, du isst bei mir", sagt er stattdessen und schließt sein Auto auf. Ich nicke lächelnd und sehe überlegen zu Aleyna, die mich immer noch wütend ansieht. Ich würde mal sagen, dass ich zwei Fliegen mit einer Klatsche erledigt habe. Bei Can angekommen, herrscht immer noch eine leicht angespannte Stimmung. Can möchte zwar nicht, dass ich ihm beim kochen helfe, aber da ich mich sowieso durchsetze, würze ich gerade nach. "Du kannst auch nie etwas akzeptieren", seufzt er, woraufhin ich mit meiner Zunge schnalze. "Ich kann etwas akzeptieren. Ob ich es aber will, ist eine andere Sache", widerspreche ich ihm und lege die Gewürze zurück. Wir lassen das Essen köcheln und setzen uns auf sein Bett. Wie wir jetzt weiter machen wollen, wissen wir nicht. Wir schauen lieber durch die Gegend und versuchen die Stille zu überbrücken. "Du hast mich in der Öffentlichkeit geküsst", nuschelt Can und streichelt seine Knöchel. "Das war schön." Verlegen lächelt er, was mein Herz schneller schlagen lässt. Es freut mich, dass er es schön fand. Das ist gut, das ist sehr gut. Er ist glücklich und das hellt meine Laune auf. "Aber", setzt er an und reibt seine Hände langsam. "wirst du es deinen Freundinnen auch sagen, sodass ich ohne Bedenken mit dir gesehen werden kann?", kommt es am Ende leise von ihm. Es versetzt mir ein mulmiges Gefühl, dass Can so ruhig ist und sich unwohl fühlt. "Nur deine Freundinnen. Nur Saliha und Ranja, mehr nicht." Gott, es hört sich so traurig an, wenn er so leise redet. Als ob es ihn einschüchtert. "Das würde mich sehr stolz machen." Und das hat mir den Stoß gegeben. Er würde sich so freuen, wenn Saliha und Ranja davon wüssten. Er würde strahlen. Vielleicht würde es nicht so schlimm werden, oder? Saliha würde vor Freude weinen, aber wenn mir Ranja mit ihren Beziehungstipps ankommt, will ich ihr die Tür in den Mund stopfen. "Ich-, das lässt sich bestimmt klären", nuschele ich noch unsicher. Sofort hellt sich sein Blick auf. "Wirklich?" Es ist eine Sünde, wenn ich ihn jetzt enttäusche. So herzlos bin ich nun auch nicht. "Ich versuche es anzusprechen, aber es kann sein, dass ich mir etwas Zeit lasse." Verunsichert beiße ich mir auf die Lippe. Can hingegen strahlt vollkommen. Seine Augen wirken jetzt viel heller und er wirkt allgemein viel einladender. Ohne etwas zu sagen, zieht er mich in seine Arme und drückt mich aufs Bett. "Danke, Shana." Er küsst mich unter meinem Ohr und seufzt. Ein Glücksgefühl macht sich in mir breit, weil ich ihn fröhlich gemacht habe. Das ist doch fast wie ein Geschenk, oder? Ich suche nämlich immer noch nach einem Geschenk für ihn, finde aber einfach nichts. Ich schließe lächelnd meine Arme um ihn und fahre ihm über seinen Rücken. Ich bin gerade wirklich stolz auf mich, dass ich ihn so glücklich gemacht habe. Ich hätte nicht gedacht, dass ich ihn mit einem einfachen Satz so glücklich machen kann. Trotzdem möchte ich ihm auch etwas großes Schenken. Das Kündigen überlege ich mir deswegen trotzdem. Dann werde ich halt die Nachtschicht übernehmen oder sonst was. Ich könnte ihm doch eine teure Uhr kaufen. Vielleicht aus Leder.

Immer noch Arm in Arm, liegen wir auf dem Bett und starren auf die Decke. "Ein Fortschritt mehr", flüstere ich und schließe meine Augen. Ich bin müde. "Ein großer Fortschritt. Ich war echt sprachlos, als du mich plötzlich geküsst hast", gesteht Can und brummt leise. Ich lache kurz. "Das habe ich bemerkt." Ich hoffe, dass Aleyna vor Wut heult. Es war echt befreiend es zu tun. "Aber denk bloß nicht, dass es zur Gewohnheit wird, dass du mit einem Kuss die Diskussion gewinnst", ermahnt er mich, was mich grinsen lässt. "Das nächste Mal mache ich einfach etwas Größeres", säusele ich und spiele mit seinen Fingern herum. "Versöhnungssex ist doch gut", schlägt Can vor, woraufhin ich ihm gegen die Brust haue. "Aber davor müssen wir herausfinden, ob es auch klappt. Jetzt ist der passende Moment." Gerade will sich Can an seinem Gürtel zu schaffen machen, als ich ihn aufhalte. "Kein Bedarf, Can." Unzufrieden brummt er und legt seine Hand auf meine Taille. Gerade überlege ich mir, wann ich mit der Nachtschicht beginnen soll. Die Doktorarbeit darf ich auf gar keinem Fall vernachlässigen. Aber das Vapiano hat nicht lange offen. Vielleicht sollte ich wo anders arbeiten. Aber ich habe keine Lust, mir einen neuen Job zu suchen. Ich rede einfach mit meinem Chef. Saliha ist zur Zeit sowieso beschäftigt und da kann ich sie ruhig einmal ablösen. Wenn ich alleine bin, werde ich nach einer Uhr suchen und dann anfangen zu ackern. Ich möchte ihm nämlich auch endlich etwas schenken, was teuer ist. Zwar wird es die Reise nach Paris nicht kompensieren, aber ich kann ja wieder mehr arbeiten und dann wieder etwas für ihn holen. Ich werde zwar übermüdet sein, aber diesen Monat werde ich durcharbeiten.

Ich hoffe, Can wird sich freuen.

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