6. Kapitel

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Wir wurden alle in ein größeres Cottage gebracht, wo wir die nächsten Wochen wohnen sollten.
Jedem wurde ein Zimmer zugewiesen, und die Angestellten bekamen ein anderes kleines Cottage für sich.

Jeden Morgen kam Ana zu mir, um mich aufzufrischen, mir in meine Kleider zu helfen (die sehr schlicht ausfielen) und um nach mir zu sehen, wie es mir geht.

»Guten Morgen, My Lady!«, rief Ana jeden Morgen.

»Guten Morgen«, antwortete ich schlicht. Schließlich half sie mir, und wir redeten zusammen.

»Wann können wir wieder in das Schloss ziehen?«, fragte ich nach etwa einer Woche in unserer "Notunterkunft" aufgeregt.

»Ich habe keine Ahnung.«
Eine Pause trat ein in der wir beide still nachdachten.

»Ana, wissen Sie etwas über die Brandursache? Ich meine - haben Sie etwas gehört, oder eine Vermutung?«

»Nun ja, ich habe viele Spekulationen vom werten König gehört«, antwortete sie. »aber das waren denke ich nur... Spekulationen...« Das letzt Wort hatte sie langsam gedehnt.

»Ich denke es war jemand... Jemand der uns hasst!«, rief ich hastig. Dieser Gedanke kreiste mir schon so unendlich lange im Kopf herum, dass es gut tat ihn endlich jemandem anzuvertrauen.

»My Lady, woher wollen Sie wissen, dass das Feuer beabsichtigt war?«, fragte sie.

»Ein, sagen wir, natürliches Feuer würde sich nie und nimmer so schnell verbreiten. Außerdem war es Nacht. Und wie soll bitte, mitten in der Nacht, der Dachboden anfangen zu brennen? Können Sie mir das erklären?«
Ana schüttelte zur Antwort mit ihrem Kopf.
»Sehen Sie? Das wäre unlogisch! Es muss jemand gewesen sein, der jemanden von uns nicht mag, und ich habe da schon so eine Vermutung...«

*

»Lady Aaliyah, morgen kommt Ihr baldiger Gatte wieder«, flüsterte mir die Königin vor dem Frühstück zu. »aber bitte tun Sie so, als wüssten Sie das nicht!« Sie zwinkerte mir zu, und ging dann an mir vorbei.

Ich schluckte. Toll, sagte meine innere Stimme zu mir.
Klar, ich hatte geweint, als Gavin ohnmächtig auf dem Boden lag, aber so etwas ist ja normal wenn man denkt, dass jemand tot ist... oder? Ich war schließlich nicht verliebt. Das ist völliger Unsinn!

*

Das Frühstück war wie immer prachtvoll gedeckt worden. Auch wenn wir nur zu dritt waren, war es so, als wenn zehn Personen an diesem Tisch Platz nehmen sollten. Ich fragte mich nur, was sie mit den Resten machen sollten.

Während sich meine zukünftigen Schwiegereltern über die Steuern, und Geschäfte des Landes unterhielten, grübelte ich an meiner nicht ausgesprochenen Frage.

Schließlich als eine Pause eintrat fragte ich einfach drauf los:
»Könnten Sie mir bitte eine Frage beantworten?«
Die Königin nickte, als sei es nur eine unwichtige Frage. »Was, um Himmels Willen, passiert mit diesen Resten?!« Die Wörter trudelten, nein, platzten nur so aus mir heraus. Ich zeigte auf das Essen.
Stille.

Jetzt räusperte sich einer der Butler. »My Lady, wenn sie mir gestatten würden zu antworten?« Er trat etwas näher an mich heran.
Ich nickte neugierig.
»Sagen wir es so: die Mülltonne hat jeden Tag ein äußerst schmackhaftes Essen«.

Das Stück Toastbrot, welches ich noch im Mund hatte, blieb mir im Hals stecken.Bestimmt 90% des Essens hier, wurde einfach... weggeschmissen?
Nun stand ich zornig auf. »Was?«, rief ich unhöflich.

»Äh, das heißt wie bitte!«, verbesserte mich die Königin.

»Ja! Dann halt wie bitte? Wissen Sie eigentlich, was Sie noch mit dem Essen alles anstellen können?« Ich schrie meine Worte durch den kompletten Raum.
Eine verlegene Stille breitete sich aus, in der alle über meine Worte nachdachten.

»1. könnten davon die Angestellten noch essen!«, fuhr ich fort. »2. könnte man es in Dosen packen, und sich somit, für wohltätige Zwecke arrangieren! Und 3. könnten - von den nicht mehr so tollen Sachen, versteht sich - noch Tiere essen! Sie haben wohl kein Gehirn mehr!« Ich brüllte natürlich nicht den armen Butler an, sondern hatte mich nun schon an das Königspaar vorgearbeitet.

»Lady Aaliyah, ich bitte Sie sich wieder zu beruhigen!«, rief die Königin durch die unerträgliche Stille. »Setzen Sie sich wieder. Wir wissen uns schon zu helfen!«

Ich konnte diese Personen nicht verstehen. Und natürlich setzte ich mich nicht wieder hin! Was denkt die eigentlich, wer sie ist? Okay. Klar, sie ist die Königin aber trotzdem ist es nicht fair so mit Essen umzugehen.
Am Anfang war mir das eigentlich egal, Hauptsache ich hatte genug.

»Hören Sie mir alle zu!«, rief ich episch durch den Raum. »Vielleicht haben 5% von den Leuten in diesem Raum - mich eingeschlossen - schon die Menschen auf der Straße leiden sehen. Ich kenne jemanden, der mit Leuten krumme Geschäfte tätigte, nur damit er am Ende des Tages zwei Scons zur Verfügung hatte«. Ich atmete tief durch. »ohne... Clotted Cream«.
Ha! Den hatte ich es gezeigt.
Ein Raunen ging durch den Raum. Das mit der Clotted Cream hatte denke ich alle im Raum geschockt.

Hier in Groß Britannien war es so üblich, die Scones (das sind so kleine, süße Brötchen) mit Clotted Cream zu essen. Das ist wiederum eine Art Butter - nur eben in süß. Darüber schmierte man - dick - Marmelade. Und tada! Fertig war die leckere Kalorienbombe!

»Äh... ähm... Lady Aaliyah, ich werde mich mal erkundigen, dass wir zwei- oder dreimal in der Woche eine Wohltätigkeitsveranstaltung durchführen«, sagte die Königin. Sie gab mir ein Zeichen dass ich mich setzten sollte, aber ich wollte mich einfach nicht setzten. Jetzt merkte ich, wie nervös und unruhig sie wurde. Und natürlich muss man so etwas ausnutzen, weshalb ich einfach nicht auf sie einging, und weitersprach.

»Nein! Sie sollten es nicht nur 'zwei- oder dreimal' in der Woche machen, sondern fünfmal in der Woche«.
Meine Worte verschlugen allen das Wort - dachte ich.
Doch in Wirklichkeit war es der edle Mann der gerade in den Raum stolzierte.

Er sah verdammt gut aus, und hatte seine langen Haare in den Nacken zu einem ordentlichen Pferdeschwanz zusammengebunden.

"WOOW!", rief ich erstaunt.

The Queen Where stories live. Discover now