2017: 23. Nacht der Erkenntnis

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Polly würde also mein nächstes Ziel sein. Sie zu finden wäre auch nicht zu schwer, da der Ortsteil das Horn nur einige Kilometer von mir entfernt lag und "Zur Walpurgis" sehr wahrscheinlich anlässlich der naheliegenden Externsteine gewählte wurde, an denen dieses Hexenfest regelmäßig gefeiert wird.

Doch in jedem Fall musste ich erst einmal nach Hauese zurückkehren, ich wollte schließlich nicht zu Fuß laufen.

Endlich angekommen stopfte ich die Mäuler meiner immer hungrigen Kätzchen, setzte mich auf das rote Sofa und legte meine Beine hoch, während ich die Neuigkeiten auf meinem Laptop aufrief. Natürlich war die Startseite erneut für meinen Freund Firefly reserviert. Berichten zufolge habe dieser Terrorist erneut Forschungsergebnisse und politische Unterlagen in einem Archiv eingeäschert und den angestellten Beamten mit völliger Auflösung gedroht, wenn sie ihre Arbeit nicht unterbrechen würden.

Verletzt wurde laut Bericht jedoch niemand. Zumindest sagte man dies der Öffentlichkeit. Da ich es aber mit dem im Koma liegenden Prof. Ford besser wusste, schenkte ich den Medien keine zu große Aufmerksamkeit, wenn es an die Details ging. Ein jähes aber sanftes Klopfen weckte mich aus meiner kleinen Rescherche.

Ich ging in Richtung der Tür und hatte Rielas Stimme erkannt, noch bevor ich geöffnet hatte. Sie stand im Flur und stützte Aither, die mit einem leeren Blick an mir vorbei starrte und ständig etwas Unverständliches murmelte. Sofort gewährte ich ihnen einlas und wie ein sanfter Wirbelwind schob Riela Aither in die Wohnung und legte sie auf das Sofa, das eben noch von mir eingenommen gewesen war.

Dabei fiel eine kleine Stoffpuppe aus Aithers Jackentasche. Ich hob die kleine Figur auf und fragte mich, was diese zu bedeuten habe. Doch sofort schob ich sie dahin zurück, wo sie herkam. Alles zu seiner Zeit.

Riela erkannte den besorgten Blick in meinem Gesicht und winkte beruhigend ab. "Deiner Cousine ist nichts passiert. Sie ist auf der Feier von Armin so abwesend gewesen und hat sich nicht wirklich gefreut, deshalb kam Alina auf die Idee, ihr ein bisschen Alkohol - und vielleicht auch mehr - in ihr Wasser zu mischen. Es hat Wirkung gezeigt und sie löste sich sogar ein bisschen und begann mit mir zu reden, leider habe ich kaum ein Wort in dem Wirrwarr verstanden, nur das sie sich um ihre Verwandten Sorgen macht. Naja, dann kam plötzlich Jost um die Ecke, der auch scho keinen Durst mehr hatte und begann ihr auf die Pelle zu rücken. Ich sagte ihm, dass er gehen solle, aber er tat es nicht und wurde immer aufdringlicher. Und als er dann nach ihrem Arm griff, schrie sie auf, schlug ihm einige Male in den Magen und schleuderte ihn an seinem Arm durch den halben Raum. Er hat sich vielleicht ein paar Brüche zugezogen und die Schulter ist sicherlich ausgekugelt, aber wir waren uns alle einig, dass er es verdient hatte. Deine Cousine ist danach jedoch zusammengebrochen und ich beschloss, sie zurück zu bringen, ich weiß schließlich wo du wohnst."

Bei den letzten Sätzen stöhnte Aither immer wieder auf und gebährte sich unruhig. Sie schaute mich an, aber ihr Blick fand mich nicht wirklich. "Es tut mir leid... habe enttäuscht, Vater." Rielas Augen leuchteten. "Genau! So etwas hat sie auch zu mir gesagt. Also mich mit Mutter angesprochen und so." Sie drehte sich zu mir und grinste verträumt. "Stell dir das mal vor, Jay. Wäre doch lustig wenn sie unserer beide Tochter wäre."

Ich dachte mir nur was sei, wenn sie wüsste, wie sehr sie damit Recht hatte. Jetzt denke ich mir, was gewesen sei, wenn ich gewusst hätte wie sehr sie damit Recht hatte.

Riela sah sie sehr fürsorglich an. "Und wenn sie meine Tochter wäre, dann würde ich stolz auf sie sein. Hübsch und gefährlich, wie es eine Frau sein sollte." Bei den letzten Worten schrie Aither plötzlich auf als würde sie Schmerzen leiden und sofort saß Riela bei ihr und redete beruhigend auf sie ein.

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