□●Kap.8●□

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Ein Schrei durchriss die Stille im Arbeitszimmer des Kommandanten.

Erwins Kopf, der wie immer über irgendwelche Formulare gebeugt war, schnellte nach oben.
Guardian, die neben dem Tisch schwebte und schlief, wurde unsanft aus dem Schlaf gerissen.
"Was? Wer? Warum? Banditen! Wölfe! Auf Banditen reitende Wölfe!", rief sie schlaftrunken.

"Auf Banditen reitende Wölfe?", hakte Erwin nach, als ein weiterer Schrei ertönte.
"Anja! Wo ist mein Windex???", schrie eine eindeutig männliche Stimme, die durch das gesamte Lager des Aufklärungstrupps schallte.

Guardian stöhnte.
"Neeeeiiiin! Ich will nicht... ", jammerte sie und es hörte sich an, als würde sie gleich anfangen zu weinen.

Erwin sah sie an.
"Du weißt, wer das war?", fragte er neugierig.

Ihre Stimme klang gequält, als sie antwortete:" Das sind meine 'Kollegen', aber ich würde sie ja eher 'Schützlinge' nennen.
Als ob ich mit dem Anführer eines Selbstmordkommandos nicht schon genug zu tun hätte...
Ich fühle mich wie so ne' Kindergärtnerin!"

"Und was machst du jetzt?"
"Ich muss gehen, das eskaliert sonst...
Die beiden streiten sich ständig."

"Das heißt, wenn ich jetzt mitkomme, finde ich höchst wahrscheinlich heraus, welche meiner Soldaten ebenfalls mit einem Schutzgeist 'gesegnet' wurden.", stellte der Blonde klar.
"Scharf kombiniert, Watson.", meinte Guardian gelangweilt und ignorierte Erwins verwirrten Blick.

Sie öffnete die Tür und machte sich auf den Weg in die Richtung, aus der der Schrei gekommen war.

Als Erwin, der seinem selbsternannten Beschützer gefolgt war, auf dem Gang ankam, der sowohl zu Hanjis, als auch zu Levis Arbeitszimmer führte, eröffnete sich ihm ein, doch recht bizarres Bild.

Dort standen die beiden Abteilungsleiter und beobachteten die komischste Szene, die Erwin jeh gesehen hatte.

Im Gang rannten zwei Personen immer im Kreis.
Eine junge Frau mit, schulterlangem, braunem Haar, welches aussah, als wäre es seit Jahren nicht mehr gekämmt worden und ein großer, breitschultriger Mann, mit ebenfalls braunen Haaren, der einen sehr ordentlichen und sauber wirkenden Anzug trug.

Das Mädchen lachte verrückt und rannte immer fort vor dem Mann her, der sie wütend, mit einer Art Schlagstock in der Hand jagte.

Guardian hingegen, stand ein Stück vor Erwins Untergebenen und erfasste die Szene mit einem Blick, der davon zeugte, dass sie die Nase randvoll hatte.
Als hätte sie ihr Leben lang nichts anderes getan, als nervige, kleine Kinder zu hüten.

Sie spielte mit dem Knauf des langen, schlanken Schwertes, welches an einem Gürtel von ihrer Hüfte hinab hing, gerade so, als überlege sie, ob sie das, was sie gestern noch Erwins Dokumenten angetan hatte, auch den beiden Nervensägen dort antun könnte.

Plötzlich schnellte sie nach vorn.
Schneller als dieser überhaupt irgendwie hätte reagieren können, trat sie Andy die Beine weg, und platzierte einen Fuß auf dessen Brust.

Anja blieb augenblicklich stehen.

Andy war schon gewillt, Guardian am Fußgelenk zu greifen und seine nervende, inkompetente Anführerin so richtig windelweich zu prügeln, als er bemerkte, dass diese ihren Fuß keineswegs wahllos platziert hatte.
Sie stand so auf ihm, dass sie, noch bevor er hätte zugreifen und sie weg schleudern können, in der Lage war einen starken Druck auf seinen Solarplexus auszuüben.
Dies hätte ihn zwar nicht umgebracht, jedoch hätte es ihm starke Schmerzen bereitet und ihn kampfunfähig gemacht.

Er war besiegt.

Wie sehr er es hasste! Wie sehr er sie hasste!
Guardian und er hatten sich oft gemessen. Momentan lag er mit einem Sieg vor ihr.
Guardian war um einiges schwächer als er, doch ihre Schnelligkeit und nicht vorhandene Größe, machten sie zu einem schweren Ziel. Außerdem war sie unglaublich gerissen und hatte die widerlichsten Tricks auf Lager. Sie ging strategisch vor und analysierte ihren Gegner.
Doch er war schließlich Andreas Huiming Wang, die Kampfmaschine! Da war so eine möchtegern Strategin, doch kein Problem für ihn.
Mit Taktik konnte er nicht unbedingt etwas anfangen.
Natürlich war er in der Lage, diese zu befolgen, wenn es eine gab, doch im Kampf dachte er nicht nach.
Er vertraute auf seine Stärke, die stark ausgeprägten Instinkte und seine, zur Perfektion gebrachten, Kampfstile.
Das reichte ihm.

"Wo ist sein Waschzeug?", fragte Guardian kalt.
"I-ich ähh... Fyo hat es!", stammelte Anja.

Guardian seufzte tief.
"Hast du das gehört, Andy?"
Sie bekam ein zerknirschtes 'Ja' als Antwort.

Die Anführerin der Spirits gähnte resigniert.
"Dann machst du dich jetzt auf den Weg ins Ausbildungslager und holst dir dein Putzmittel zurück, während ich mal ein ernstes Wörtchen mit Anja rede.", befahl sie und fixierte die Jüngere mit einem eiskalten Blick.

"Wenn du mich loslassen würdest.", ertönte die Stimme des Mannes, den Guardian immer noch an den Boden genagelt zu haben schien.
Sie beugte sich nach unten und übte dabei einen leichten Druck auf die empfindliche Stelle unter Andys Brustkorb aus.
"Eine Sache noch, Bürschchen.", zischte sie bedrohlich, "Erreg keine Aufmerksamkeit! Mir sind noch nie solche Idioten untergekommen!
Wegen euch eskaliert hier alles und das schon am ersten Tag!"

Sie ließ von ihm ab und sofort rappelte sich der junge Mann auf.
Seine geballten Fäuste kribbelten und er hatte den Drang, diese im Gesicht dieses arroganten Weibs zu versenken.
Jedoch, ließ er es bleiben.
Denn irgendwo empfand er doch noch ein Fünkchen Respekt für diese Frau, schließlich hatte sie ihn besiegt und das mehr als ein Mal.

Guardian drehte sich um und lief zurück, zu den Mitgliedern des Aufklärungstrupps.

Erwin grinste.

"Warum sind kleine Menschen eigentlich immer so unglaublich voll von Wut?", fragte er spöttisch.
Dafür kassierte er einen Schienenbeintritt von Levi, der ihn scharf die Luft einziehen ließ und eine Kopfnuss, sowie die Worte:
"Warum sind große Menschen eigentlich alle so arrogante Schweine?", von Guardian.

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