1.7. Küsse und Pralinen

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"Draco!"

Dumpf drang eine scheinbar endlos weit entfernte Stimme zu mir durch.

"Dracoo!"

Ich schloss die Augen. Ich spürte das warme Blut auf meiner Haut und sank auf die Knie. Plötzlich schlangen sich zwei Arme von hinten um meinen Oberkörper.

"Draco, alles wird wieder gut! Ich, ich werde dir helfen... Ich...", jemand presste mich schluchzend an sich, "Was ist passiert? Was ist passiert?"

Alles drehte sich. War es eine Frauenstimme, die mich da anflehte zu antworten?

"P-Pansy?", flüsterte ich benommen.

"Nein, Draco! Ich bin es! Komm wieder zu dir!"

Verwirrt öffnete ich kraftlos meine Augen. Ich fühlte mich so, als ob ich unter Wasser wäre. Vorsichtig blickte ich mich um; Blut... Ein grauer Himmel und... dunkles Haar.

"Wo bin ich?", ich streckte meine zitternde, bleiche Hand nach dem Gesicht über mir aus.

"Knapp außerhalb von Hogsmeade."

"Astoria?", murmelte ich verwundert.

Schlagartig erinnerte ich mich wieder an alles. Hogsmeade und Potter... Ich zuckte zusammen.

"Astoria!", ich begann zu wimmern und drückte mein Gesicht an die Schulter des Mädchens.

"Alles wird gut, aber wir müssen dir Hilfe suchen! Du blutest stark und-"

Ich packte Astoria fest am Handgelenk, als sie sich aufrichten wollte. Durchdringend blickte ich ihr tief in die Augen. Ich wollte keine Hilfe.

"Das ist schon in Ordnung", zischte ich und bemerkte, dass ihre weiße Bluse mit meinem Blut überströmt war, "Tut mir leid, aber du musst jetzt verschwinden."

Astoria zögerte kurz, doch dann riss sie sich entschlossen aus meinem Griff und verpasste mir mit voller Wucht eine Ohrfeige.

"Draco Malfoy! Du hörst mir jetzt gefälligst zu! Wir bringen dich nach Hogwarts in den Krankenflügel. Zusammen."

Völlig perplex fasste ich mir an meine schmerzende Wange, doch dann musste ich lachen: "So hatte ich dich gar nicht eingeschätzt, Greengrass."

Ein Grinsen huschte über ihr Gesicht und sie half mir mich aufzurichten: "Ich habe doch von Anfang an gewusst, dass du mich einmal brauchen wirst, Malfoy."

***

Harry lief aufgelöst den Gemeinschaftsraum der Gryffindor auf und ab.

"Was ist denn los?", traute Ginny sich nach Minuten zu fragen.

Harry antwortete nicht und blieb seufzend stehen.

"Ist etwas vorgefallen? Geht es um Malfoy?"

"Nein!", brüllte Harry auf einmal und schaute die junge Weasley verzweifelt an, "Entschuldige, ich wollte dich nicht anschreien..."

Ginny warf ihm einen skeptischen Blick zu: "Liebst du mich überhaupt noch?"

Der Gryffindor zögerte kurz: "Du musst auf mich warten! Ich- Ich werde jetzt gehen und alles klären. Dann ist es endlich vorbei."

Mit diesen Worten rauschte Harry aus dem Gemeinschaftsraum und ließ eine völlig verwirrte Weasley zurück.

***

Ich saß mit einem frisch verbundenem Arm im Krankenflügel. An meiner Seite eine junge Slytherin mit dunklen, lockigen Haaren und einem schüchternen Lächeln auf den hellrosa Lippen.

"Der Schlag hat ganz schön gesessen, weißt du", stupste ich sie mit meinem Ellbogen grinsend an.

Sie musste lachen.

"Kann es sein, dass du mir seit Anfang des Schuljahres folgst?", fragte ich sie schließlich neugierig und sie schaute mir tief in die Augen.

Ihre Augen waren haselnussbraun mit kleinen goldenen und grünen Flecken darin.

"Draco, ich wollte dir wirklich nur helfen", antwortete sie überzeugend.

Ich betrachtete ihre Augen lächelnd und strich über ihre Wange, dann beugte ich mich vor und küsste Astoria.

"Wofür war das denn?", fragte sie gespielt schnippisch nachdem wir uns wieder voneinander lösten.

"Soll ich mich lieber für die Ohrfeige rächen und dich verfluchen?", grinste ich hämisch, "Nimm mein Dankeschön einfach an."

Sie nickte glücklich: "Ich werde dann mal gehen. Wir sehen uns morgen?"

Ich warf ihr einen Handkuss zu und sie verdrehte lachend die Augen, ehe sie verschwand. Vielleicht würde endlich einmal etwas Gutes passieren...

***

Astoria ging überglücklich zurück in die Schlafräume. Draco Malfoy. Er war tatsächlich umwerfend. Trotzdem machte sie sich ernsthafte Sorgen um die vielen Schnitte in seinem Arm. Außerdem trug er wirklich das dunkle Mal...

"Was ist das denn?", verwundert entdeckte Astoria eine Schachtel Pralinen auf ihrem Bett.

Die anderen Slytherin Mädchen, die ebenfalls mit in dem Schlafraum waren, zuckten nur mit den Schultern.

"Wohl ein heimlicher Verehrer", kicherte eine.

Vorsichtig nahm Astoria die Schachtel in die Hand. Die Packung war unausstehlich pink und kitschig verziert. Für A, stand nur darauf. Die junge Slytherin öffnete die Schachtel und nahm etwas Schokolade heraus. Sie konnte einfach nicht widerstehen.

"Na dann", freute sie sich schließlich über die gratis Süßigkeiten und aß zufrieden die Schokolade, während ihre Gedanken an Draco immer mehr verblassten...

Was könnte eine Schachtel Pralinen schon ausrichten?

Narben  |  drarry pt. 2Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt