Twenty-One. Starve

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♦ Benjamin ♦

Stöhnend recke ich mein Kopf unter den heißen Wasserstrahl, fahre mir durchs Gesicht und schüttle mich, ehe ich die Dusche ausstelle und mir ein Handtuch schnappe. Das warme Wasser hat meine Muskeln ein wenig lockern können, nachdem ich die halbe Nacht am Schreibtisch verbracht habe, anschließend einen Halbmarathon gelaufen bin und mir dabei eine Strategie wegen Santos überlegt habe. Nur komme ich auf keinen grünen Zweig. Der kleine Bastard ist in der Stadt zu wichtig, als dass ich ihn einfach aus dem Weg räumen könnte. Das würde zu viele Leute gegen mich aufbringen, die für meine Geschäfte dringend notwendig sind. Wenn er aber so weitermacht, wird mir nichts Anderes übrigbleiben, als ihm eine Kugel in den Kopf zu jagen.

Frustriert steige ich in eine Jogginghose, rubbele mir die Haare trocken und mache mich auf den Weg nach unten. Im Haus ist es noch immer Mucks Mäuschen still, nur die Wachen drehen im Garten ihre Runden und überprüfen, ob das Gelände abgesichert ist. Maria wird auch erst in etwa einer Stunde hier aufschlagen und ich bin über diese morgendliche Ruhe mehr als froh. In der Küche angekommen, will ich mir gerade einen Kaffee rauslassen, als ich aus dem Augenwinkel eine Bewegung vom Sofa ausmachen kann. Mein Körper spannt sich automatisch an, weil er Gefahr wittert, doch im nächsten Moment erkenne ich über die Lehne hinweg goldblonde Haare, die mich augenblicklich runterfahren lassen. Ich habe nicht damit gerechnet, dass sie noch immer hier unten ist.

Mit leisen Schritten nähere ich mich ihr, schmunzele, als ich einen riesigen Berg an Büchern auf dem Wohnzimmertisch entdecke und werfe einen Blick auf ihr konzentriertes Gesicht. Ihre Haare schimmern im Licht der aufgehenden Sonne, betonen ihre blasse Haut, und ihre grünen Augen leuchten, während sie über die Seiten gleiten. Sie wirkt völlig entspannt. Sicher, geborgen. Plötzlich wirkt sie nicht mehr wie das ängstliche, kleine und zerbrechliche Mädchen, sondern wie eine wunderschöne, selbstbewusste Frau. Ich bin mir sicher, dass sie genau das war, bevor sie von meinen Männern eingefangen wurde.

Mit gehobenen Augenbrauen mache ich einen weiteren Schritt, spähe auf den Titel des Einbands und muss grinsen.

„Wieso überrascht es mich nicht, dass du Hardy liest?" Emily zuckt so sehr zusammen, dass ihr das Buch aus den Händen gleitet und mit dem Hardcover einen lauten Knall auf dem Boden verursacht. Ihre Brust hebt und senkt sich hektisch, ihr lauter Atem erfüllt den Raum und ich kann mir ein leises Lachen nicht verkneifen, als sie aufsieht. Ihre Gesichtsfarbe wird feuerrot, ihr Mund steht ein kleines Stück weit offen, sodass ich befürchte mich gleich nicht mehr beherrschen zu können, wenn sie mich länger so ansieht. Als wäre ich ein leckeres Stück Steak. Langsam wandert ihr Blick über meinen nackten Oberkörper, wenn es überhaupt noch möglich ist, werden ihre Wangen noch röter und – scheiße – sie beißt sich auf die Unterlippe. Mein Schwanz zuckt verlangend.

Ihre grünen Augen gehen den gleichen Weg zurück, sie vermeidet es mir ins Gesicht zu sehen und grapscht nach dem heruntergefallenen Buch, nachdem sie mit Abchecken fertig ist. Wäre ihre Reaktion nicht so verflucht scharf, hätte ich lachen müssen.

„Wieso auch nicht? Er ist einer der besten und zusätzlich fortschrittlichsten Autoren seiner Zeit gewesen", murmelt sie mit dünner Stimme und wischt über den Einband, als wolle sie überprüfen ob noch alles ganz ist. Ich gehe um das Sofa herum, lasse mich ihr gegenüber auf den Sessel fallen und lege den Kopf schief, während ich sie betrachte. Sie starrt stur auf ihren riesigen Bücherhaufen, den sie sich anscheinend in der Nacht parat gelegt hat. „Und du entscheidest dich geradewegs für Am grünen Rand der Welt? Nicht Tess?", frage ich amüsiert und lehne mich zurück. Wieder huscht ihr Blick über meine freigelegte Haut. Dabei wirkt sie so verlegen und unschuldig, dass ich ihr genau das am liebsten austreiben möchte. Auch wenn ich es mir nur schwer eingestehen kann, bin ich froh, dass sie durch all diese idiotischen Zufälle in meinem Haus gelandet ist. Emily ist eine erfrischende Abwechslung in meinem stressigen Alltag. Nicht nur, dass sie unglaublich attraktiv ist, fordert sie mich heraus ohne es zu wissen. Das gefällt mir auf perverse Art und Weise.

Afraid of youWhere stories live. Discover now