Twenty. Dreamworld

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Staunend tänzele ich an den Regalen vorbei, erfasse gierig all die Titel die ich bereits kenne und die ich schon immer mal lesen wollte. Kant, Homer, Bronte, Rousseau, Schiller, Voltaire. Sie sind alle in den Reihen vertreten. Ich komme mir vor, als würde ich träumen, als wäre es unmöglich, hier, im nirgendwo, im Dschungel von Kolumbien und in dem Haus eines Wahnsinnigen einen solchen Schatz entdecken zu können.

Meine Hände zittern so sehr, als ich nach dem Nibelungenlied greife, dass ich Angst habe es fallen zu lassen. Ehrfürchtig streiche ich über den Einband, rieche mit geschlossenen Augen an den Seiten und presse mir das Buch fest gegen die Brust, während ich zum Fenstersims schlendere.

Das erste Mal seit Wochen kann ich frei atmen. Das erste Mal seit Wochen, fühle ich mich wieder wie ich selbst. Keine quälenden Gedanken, keine Bilder in meinem Kopf, die mich verrückt werden lassen. Um mich herum beginnt alles zu verblassen, ich vergesse wo ich mich befinde. Mit dem Aufschlagen der ersten Seite drifte ich ab und bin wieder das unbekümmerte, lachende und sarkastische Mädchen vom Lande, das von der großen weiten Welt, einer sicheren Zukunft träumt. Ich sehe mich selbst, wie ich mich auf den satten Wiesen Irlands in Gras fallen lasse, meine Nase in ein Buch stecke und mich dabei von Sonnenstrahlen auf der Nasenspitze kitzeln lasse. Ich liebe das Leben, meine Familie und kümmere mich nicht darum, was andere von mir denken. Ich muss mich von meinen beiden besten Freunden zwingen lassen um mit ihnen auszugehen und anderweitig Spaß zu haben, als ich es auf der Farm oder in meiner eigenen Bibliothek gewöhnt bin.

Aber meine Flucht aus der Gegenwart ist zu kurz. Die Realität bricht mit einem großen Schatten, der sich neben mir aufbaut, erbarmungslos auf mich ein und erinnert mich daran, dass ich nicht mehr dieses Mädchen bin. Und ich werde es wahrscheinlich nie wieder sein. Ich bin nicht auf Irlands Wiesen, sondern sitze am Fenstersims eines kolumbianischen Drogendealers, der mich als seine Gefangene hält.

Bens Gestalt ragt über mir, als wäre er ein wahrgewordenes Monster, das mich bei lebendigem Leib zerfleischen will. Ein kurzer Blick in sein verhärtetes Gesicht genügt um mir zu zeigen, dass er mehr als wütend ist. Seine Körperhaltung ist zum Zerreißen angespannt und seine tiefen Atemzüge hallen zwischen den Mauern. Das Nibelungenlied bebt in meinen Händen und ich presse es fest an mich, als wäre es mein wertvollster Schatz, während ich zögerlich aufstehe ohne ihn anzusehen. Diese komische Wut von vorhin ist noch immer in meiner Magengegend zu spüren und hilft mir dabei, nicht einfach heulend zusammenzubrechen. Aus Angst vor dem, was er mir antun will.

„Die Tür war angelehnt!", piepse ich hastig und ducke mich unauffällig, als er einen Schritt auf mich zukommt und mir seine Größe und Statur nur wieder allzu bewusstwerden. Seine Schultern sind breit, der dicke Bizeps an seinem Arm zuckt, den ich womöglich nicht mal mit beiden Händen umfassen könnte und ich bin direkt auf der Höhe seiner gestählten Brust. „Ich hab sie nicht..."

„Ich sagte du sollst nicht herumschnüffeln. Ich sagte, du sollst deinen verdammten Arsch im Wohnzimmer lassen und mein Vertrauen nicht missbrauchen." Seine Stimme ist schneidend, wird mit jeder Silbe lauter, bis ich von seiner Lautstärke schließlich die Augen zusammenkneife. Ich weiß, was darauf folgt. Er packt grob mein Kinn und hebt es an, während sein Körper mich weiter in Richtung Wand drückt. „Sieh mich an, wenn ich mir dir rede!", brüllt er mir ins Gesicht. Blinzelnd schlage ich meine Lider auf, starre auf glasklares Eisblau, das mich frösteln lässt. Doch im selben Moment erfasst mich ein angenehmer Schauder, der langsam meine Wirbelsäule hinabrieselt. Erschrocken über meine suspekte Reaktion schnappe ich nach Luft und beiße die Zähne fest aufeinander. Die Worte, die ich ihm am liebsten entgegengeschmettert hätte und die wahrscheinlich schlimme Konsequenzen für mich gehabt hätten, bleiben mir im Hals stecken.

Blut schießt mir in die Wangen, erwärmt mein Gesicht und ich kann nicht aufhören wie besessen in die Tiefen dieser kalten Augen zu sehen, die aber dennoch eine sengende Hitze in meiner Brust hervorrufen. „Es tut mir leid, ich...ich habe...das war", stammele ich, das Nibelungenlied noch immer fest umklammert. Die Adern an Bens Unterarm sind angespannt, während er sich gegen die Wand stemmt und mich somit gefangen hält.

„Anscheinend war es ein Fehler dich an die lange Leine zu lassen", höhnt er und seine Worte machen mich sauer, doch meine körperlichen Bedürfnisse schnüren mir die Kehle ab. Das erste Mal seitdem ich ihn kenne, seitdem ich hier bin, spüre ich keine Angst. Reiner Trotz und das Verlangen mich zu verteidigen rauschen durch meine Venen.

„Nein! Die Tür war auf. Du sagtest ich darf keine Türen öffnen. Das habe ich nicht. Und als ich das hier gesehen habe...das ist wie ein Paradies", flüstere ich beinahe andächtig und sehe, wie seine gepressten Kieferknochen seine markanten Wangen noch mehr hervorheben. „Du wiedersprichst mir?", fragt er bedrohlich ruhig.

„Nein. Aber du verstehst wohl nicht, dass ich ohne Beschäftigung langsam umkomme. Du hast ja außerordentlich unterhaltsame Gesellschaft." Schnell beiße ich mir auf meine spitze Zunge, ziehe den Kopf ein und schiele zu Ben auf, der die Augenbrauen weit nach oben gezogen hat. Innerlich verfluche ich mich, dass ich ihm so eine Steilvorlage geboten habe. Und er nutzt sie prompt.

„Darling, wenn du mir ebenso unterhaltsame Gesellschaft bieten möchtest, musst du mir das nur sagen", grinst er. Zwar macht mich seine Anspielung nervös, doch ich kann sehen, wie die Anspannung in ihm nachlässt und er deutlich ruhiger wird. „Nein, das...also." Schon wieder laufe ich rot an. Zu meiner eigenen Verblüffung stößt er sich ab, fährt sich durch die Haare und fesselt mich mit seinem Blick. „Geh schlafen, Emily." Verwirrt grabe ich meine Zähne in die Unterlippe und nicke eifrig. Das lasse ich mir nicht zweimal sagen. Auch wenn alleine der Klang seines tiefen Timbre, wie er meinen Namen ausspricht, eine weitere Gänsehautwelle über mich schwemmt. Zügig flitze ich an ihm vorbei, zögere auf der Türschwelle und nehme all meinen Mut zusammen, mich zu ihm umzudrehen. Voller Demut, wie ich gelernt habe, dass er dies schätzt, sehe ich ihn von unten herab an. „Darf ich diesen Raum hier auch betreten? Zusätzlich zum Wohnzimmer?"

„Meinetwegen." Grummelnd wendet er sich ab, sieht mit verschränkten Armen aus dem Fenster hinaus und ich mache, dass ich wegkomme, bevor er es sich anders überlegen kann. Mit meinem Buch in den Händen lege ich mich auf die Couch, starre den Einband an und schnaufe tief durch. Zwar bin ich meilenweit entfernt davon ihn zu mögen, doch der Hass Ben gegenüber schwindet von Tag zu Tag mehr. Nur weiß ich noch nicht ganz, ob das meinem Plan von hier zu verschwinden gut tun wird.

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Hallööölilöö !

Na, alles fit bei euch?

Emily die eifersüchtige Schnüflerin. Nun ja. Es scheint ihr ja sehr gut zu tun, dass sie sich ihrem liebsten Hobby widmen kann. Wird sie weich? Zumindest scheint sie ihre Angst etwas abschütteln zu können, oder? Und wird er weich? ;) So "großzügig" wie der liebe Ben nun wird...

Ich hab eine Frage an euch: Kennt ihr jemanden hier auf Wattpad der coole Trailer bastelt? Mir gefällt meiner über über über überhaupt nicht mehr! Und ich fände das echt mal nice, wenn da jemand was für mich zaubern würde. Ihr könnte mir ja gerne privat schreiben, oder in die Kommentare natürlich.  Würde mich sehr freuen x)

Und vielen Dank für euer Interesse an meinem Buch! Ehrlich. Das zaubert mir jedes Mal ein Lächeln ins Gesicht, wenn ich sehe, was euch auffällt, was eure Gedanken dazu sind. Herrlich <3

Lots of love und so!

Eure Lary<3

Afraid of youWhere stories live. Discover now