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Kapitel 12

Verzweiflung

Plötzlich wurde es ganz hell. Ich konnte nichts mehr sehen und musste die Augen zusammenpressen, um nicht blind zu werden. Mir wurde klar, was ich getan hatte. Ich hatte Zayne getötet. Ich hörte einen Schrei. Einen lauten Schrei. Einen Frauenschrei. Nach und nach verschwand das Licht. Ich öffnete meine Augen. Ich hatte davor Angst, was ich zu sehen bekommen könnte. Dort stand Zayne. Er war unverletzt. Seine Augen, die sonst immer so kühl waren, waren hellwach, und glänzten vor Angst. Und dann sah ich, was vor Zayne lag. Es war ein Mädchen. Das Mädchen, was sich gerade nach und nach zu Staub verwandelte. Es viel mir ein Stein vom Herzen, da Zayne unverletzt schien, aber gleichzeitig überkam mich eine Welle von Schuldgefühlen. Mir erging es noch nie so. Immer wenn ich einen Hoster getötet hatte, war ich stolz. Aber dieses mal war es anders. Ich hatte immer gedacht, Hoster sind Monster, sie können nicht gut sein. Ich dachte immer, es wäre das Richtige, sie zu töten. Zayne ist aber ein Hoster...

„Ihr Hunter haltet euch für was besseres?!", schrie er mich an, als er sich wieder gefasst hatte. Er stürmte auf mich zu, und packte mich am Hemdkragen. „Ihr seid doch genauso schlecht!", fügte er hinzu. In seinen Augen war nichts kühles, wie normalerweise. Auch nichts herzliches, wie ich es selten zu sehen bekam. In seinen Augen war einfach nur... Wut. „Wer gibt euch das Recht, uns zu töten!", fuhr er fort. Ich konnte nichts erwidern. Ich hatte mich in Zaynes Nähe immer wohl gefühlt. Aber dieses mal machte er mir Angst. „Zayne...i-ich", versuchte ich anzufangen, wobei mir schon die Tränen kamen. „E-es t-tut...mir so leid", stotterte ich, als er seinen Griff lockerte, und ich auf die Knie fiel. Ich starrte auf meine Hände. Sie haben so vielen Hostern das Leben genommen. Zayne versuchte nicht mir zu helfen. Er starrte auf das Fenster und fuhr fort, zurück mit seiner kalten Miene :„Ihr denkt, ihr habt das Recht uns zu töten, weil wir töten. Es mag ja auch sein, das es schlimme Hoster gibt, die schlimme Sachen tun. Aber es gibt auch gute Hoster, die einfach nur ein normales Leben führen wollen. Ihr seht die Hoster als eine Einheit, die ausgelöscht werden sollte..." Er blickte mich jetzt an. „...aber wir können uns ändern", fuhr er fort.

Er schaute mich lange an. Seine Augen glänzten.

„War das...war das der Grund...das du weg gegangen bist?", fragte ich ihn nach einiger Zeit, als ich meine Stimme wiedergefunden hatte. Er nickte.

*Rückblende

Ich ging heute wieder zur großen Fichte, um mich mit Zayne zu treffen. Heute war ich irgendwie aufgeregter als sonst. Nur weil dieser Trottel gesagt hatte, er hätte mir etwas wichtiges zu erzählen. Da war ich nun an der Fichte, und wartete auf ihn. Und wartete auf ihn. Ich war es ja gewöhnt, das er manchmal die Zeit vergaß, aber eine Stunde? Ich wartete weiter, und wurde ziemlich unruhig. Was braucht er so lange? Nach zwei Stunden beschloss ich wieder zurückzugehen. Ich stürmte ins Kinderheim. Alle Kinder waren im Eingangsbereich versammelt. Als sie mich sahen, wurde es schlagartig still, manche schauten mich besorgt und mitleidig an. Einpaar Mädchen weinten sogar.

„Eh...was ist hier los?", fragte ich zögerlich. „Elli...du bist zu spät...er ist schon weg",sagte die alte Hexe ruhig. Ich verstand nicht was sie sagte. „Was meinen sie mit 'Er ist schon weg'? Wer ist weg?", fragte ich wieder. Ein Mädchen, was Zayne immer hinterher lief, lief auf mich zu, und umarmte mich stürmisch. Ihre grünen Augen waren rot unterlaufen und angeschwollen. Sie schluchzte laut auf und vergrub ihr Gesicht in meiner Schulter. Ich konnte an ihren roten Haaren riechen. Sie rochen nach...Kamille...wie ich diesen Geruch hasse... „Zayne... Za..Zayne er ..i-ist weg!", schluchzte sie laut. „W-was?", stotterte ich. Ich hoffte mich verhört zu haben. „Er...er ist verschwunden, und hat nur diesen Zettel zurück gelassen, pft",schaltete sich die Heimleiterin ein. Bei dem pft wäre ich fast ausgerastet. Ich pfte sie nur zurück, und riss ihr den Zettel aus der Hand. Ich konnte es nicht fassen. Während des Lesens stiegen mir die Tränen in die Augen. Du Idiot! Gehst einfach, ohne dich von mir zu Verabschieden! Was ist so wichtig, dass du weg gehen musst?! Ich lief in mein Zimmer. Fetzte mich auf mein Bett. Rollte mich in meine Decke und presste meine Beine an mich. Und las mir den Brief immer und immer wieder durch. Ich konnte nicht fassen, was in ihm stand. Nach einiger Zeit hatte ich so viel geweint, dass keine Tränen mehr kamen. Ich lachte hysterisch, als ich das feststellte. Zayne...bitte komm zurück!

*Rückblende Ende

Damals hatte ich lange gebraucht, um das zu verkraften. Ich hatte das nur geschafft, weil ich einen neuen Freund gefunden hatte. Leo. Bei dem Gedanken verkrampfte sich mein Magen. Aber jetzt ist er wieder da! Und ich bin so nah dran, dass alles zu zerstören. Das könnte ich nicht noch einmal. Eine Welt ohne Zayne... Ich sah ihn wieder an. Ich hatte mich entschlossen. Ich ging auf ihn zu. Wollte meine Hand an seine Wange legen. Er wich kurz zurück, ließ es aber geschehen. Ich schaute ihm tief in die Augen.

„Zayne...es ist mir egal",sagte ich letztendlich. „Ich glaube dir." Erst schaute er verwirrt. Mit dieser Antwort hatte er anscheinend nicht gerechnet. Dann huschte ein Lächeln über sein Gesicht. „Danke", war seine Antwort. Dann umarmten wir uns lange. Tränen flossen mir über die Wange. Wie glücklich ich gerade war.

The Hunters and the Hosters (pausiert)Where stories live. Discover now