33

539 24 0
                                    

Bereits am nächsten Tag war es so weit. Nun würde alles erst richtig los gehen, für mich, hier in der Klinik.

Gestern hatte die Krankenschwester mich noch vom gemeinsamen Frühstück entschuldigt und ich durfte in meinem Zimmer, in dem ich alleine war, alleine essen. Am Vormittag stellten sich mir einige Ärzte vor, während die anderen Patienten in der Klinikschule waren. Darunter der Chefarzt, bei dem ich besonders aufgeregt war. Er hatte mir die meisten Regeln und Planungen beigebracht. Und meine Psychologin, die mir gleich unsympathisch kam. Jedoch nicht, weil sie es wirklich war, sondern wohl eher, da ich mich so ganz und gar nicht darauf freute therapiert zu werden.

Ich war mir sicher, ich hätte meine Fehler eingesehen und würde mein Leben in die Hand nehmen.

Doch ob mir meine Gedanken hier nicht einen Streich spielten?!

Die Ärzte hatten es mir zumindest so erklärt: Man müsse auf Nummer sicher gehen, dass die Gefahr, dass ich mir noch einmal etwas antue nicht mehr bestünde. Viele Patienten denken, sie würden es selbst schaffen aus ihrer Lage rauszukommen, jedoch ist das ein Ding, das zur Depression dazugehört. Eben das, dass man sich wieder sicher fühlt und denkt man kriege sein Leben in die Hand um eigentlich bloß aus der Situation, in diesem Falle die Zwangstherapie bei mir, rauszukommen und danach, wenn man dieses Ziel erreicht hat, merkt man erst, dass es einem doch noch miserabel geht. Die Depression trickst einen in diesem Fall nur aus.

"Das klingt kompliziert", hatte ich mir bloß gedacht, aber Zwangstherapie ist nun mal Zwangstherapiert und ich würde unter keinen Umständen drum herum kommen.

Am Nachmittag hatte ich dann nur noch einige Fragebögen ausfüllen müssen, die mein Leben und meine Probleme kurz beschrieben. Es war mir äußerst schwer gefallen, da mir meine Probleme selbst nicht ganz klar waren. Da bis zum Abend eh nichts mehr anstand, hatte ich mir bis dahin die Zeit genommen, meine Bögen wahrheitsgemäß auszufüllen und mir über Alles genau Gedanken zu machen.

Am Abend musste ich dann zum ersten Mal alle anderen Patienten aus meinem Stockwerk sehen. Allerdings war ich mit gesenktem Kopf in den Speisesaal eingetreten und hatte auch keinen meiner Kollegen genauer angesehen, die schienen sich aber auch nicht weiter für ihren Neuankömmling zu interessieren. Auch untereinander herrschte bei den anderen ziemliche Stille.

Und jetzt, gleich am nächsten Morgen würde alles für mich richtig Anfangen.

Meine erste Therapiestunde stand an und ich trat in den kleinen Raum ein, in dem Frau Litz, meine Therapeutin schon auf mich wartete.

Der Raum war wirklich gerade so groß, dass ein Tisch, zwei Stühle ein Regal und ein zweiter Tisch mit einem Computer darauf rein passten.

Sie stand vom Büro auf und begab sich zu einem der beiden Stühle. "Guten Tag", begrüßte sie mich. Ich setzte mich stumm auf den anderen Stuhl und Frau Litz klatschte einige Dokumente auf den Tisch, die sie allerdings nicht zu gebrauchen schien, zumindest fürs erste. "Entschuldige mich, aber ich war gerade dabei Ordnung zu schaffen und ich habe kein Platz mehr für diesen Ordner Dokumente. Wie geht es dir?", sie lächelte freundlich. "Hat sie mich gerade ernsthaft gefragt wie es mit geht?!", dachte ich mir darauf sauer, antwortete aber mit einem "ganz okay".

Wir unterhielten uns eine Weile und ich kam mir echt fehl am Platz vor, ich verstand einfach nicht, was dieses Gerede der Frau mir eigentlich bringen sollte.

"...du hast also das Gefühl, deine Vergangenheit würde dich töten?".

"Ja, ich habe das Gefühl, all das was in meiner Vergangenheit geschehen ist, verfolgt mich und sagt mir, dass ich meinem Leben besser ein Ende setzen sollte.. Ich habe immer gedacht, die Leute in meinem Umfeld, mein Freund und meine Familie würde wegen mir leiden..".

"Du meinst also, deine Vergangenheit würde dich töten... aber.. was wenn deine Zukunft dich belebt?".

"Meine Zukunft mich belebt?", ich verstand nicht ganz, was sie damit meinte, doch sie redete schon weiter.

"Ja, du weißt nicht, was deine Zunuft dir bringt. Wenn du dein Leben jetzt in die Hand nimmst und es positiv gestaltest, dann kann deine Zukunft so schön werden, dass sie dich wieder belebt".

Ich wiederholte in Gedanken ihre Worte, wobei ich sie auch ganz leise aussprach, jedoch so, das niemand sie hätte hören können.

"Wenn deine Zukunft dich belebt...", plötzlich klingelte eine Art Wecker.

"Oh, so schnell schon.."

Ich sah zu ihr hinauf.

"Die Stunde ist leider schon vorbei...".

Für mich war es wohl eher eine Erleichterung und ich verließ den Raum.

739 Wörter
12.653 Wörter

Mike & Milian | (abg.)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt