Kapitel 5

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Manuela von Meinhardis

Sie betraten die Eingangshalle und Fräulein von Bernburg führte sie in eine ruhige Ecke, in der zwei Sessel und ein kleiner Tisch standen. Das war doch früher nicht hier, dachte Manuela. Doch ihr war so kalt, dass sie diesen Gedanken nicht zu ende führen wollte. Das Fräulein bat sie sich zu setzen und kniete sich vor sie. "Ich hole dir erstmal etwas warmes zum trinken. Bleib hier sitzen, bis ich wieder zurück bin." Manuela nickte und lehnte sich zurück. Sie schloss die Augen und hörte im Hintergrund die vielen Stimmen, die aus dem Saal drangen. Dann bemerkte sie, dass sie noch immer den Mantel trug. Es war ihr Mantel. Sie öffnete die Augen und fuhr sanft mit den Fingern darüber. Sie war wirklich hier. Ihr Fräulein von Bernburg. Sie war dort draußen, stand ihr einfach gegenüber. All ihre Wut von vorhin war verschwunden. Nun war sie nur noch erschöpft und ihr gingen all diese Fragen durch den Kopf. Sie wollte ihr liebes Fräulein so viel Fragen. Sie brauchte diese Antworten, um vielleicht endlich damit abschließen zu können. Doch konnte sie das überhaupt noch? Nun, nachdem sie sich wiedersahen? Ihre Gefühle waren wieder da. Als wäre sie nie fortgegangen. Manuela konnte ihren Duft wahrnehmen, als sie am Ärmel des Mantels roch. So wundervoll. Sie trug tatsächlich ihren Mantel. Manuela vernahm Schritt und als hoch sah, stand Fräulein von Bernburg vor ihr. Mit einer Tasse Tee. Der Wasserdampf stieg nach oben und ihr Fräulein stellte die Tasse vorsichtig auf den Tisch neben ihr ab. "Es muss noch einen Augenblick ziehen und abkühlen, bevor du ihn trinken kannst." Wieder kniete sie sich vor Manuela und legte ihre Hände auf Manuelas Beine. "Ist es schon etwas besser?" Manuela bemühte sich, nicht gleich wieder in Tränen auszubrechen. "Ja, es geht schon besser." Ein dezentes Lächeln legte sich über Fräulein von Bernburgs Lippen, doch es wirkte eher besorgt. "Bist du mit jemanden hier? Soll ich jemanden holen?" Kurz dachte Manuela über ihre Worte nach, doch dann schüttelte sie langsam den Kopf. "Ich bin allein." Ihre Stimme klang gebrochen und leise. "Ich bin hier. Du bist nicht allein." Manuela war zu kraftlos, um über die Bedeutung dieser Worte nachzudenken. "Ich werde eine Kutsche bestellen und dich erstmal mit zu mir nehmen.", sagte das Fräulein. Doch Manuela antwortete nicht. Sie ließ einfach alles geschehen. Nachdem sie ihren Tee trank und sich ein wenig aufwärmen konnte, erhob sich Fräulein von Bernburg, die mittlerweile Manuelas Mantel aus der Garderobe holte und legte ihren Arm und sie. "Die Kutsche steht vor der Tür. Wir können nun gehen." Sie gingen langsam aus dem Schulhaus und Fräulein von Bernburg half ihr in die Kutsche. Sofort begann sie wieder zu frösteln, doch Fräulein von Bernburg rückte so dicht an sie heran, dass sie die Kälte kaum noch spürte. Diese Wärme ließ sie alles vergessen. Es war nicht nur die Wärme, die Fräulein von Bernburg ihr mit ihrem Körper gab. Es waren auch ihre Gefühle für sie. Wie lang hatte sie sich nach dieser Wärme und Nähe gesehnt. Wie lang träumte sie davon, ihr geliebtes Fräulein wiederzusehen. Nun war sie hier. Mit ihr. In einer Kutsche. Als wäre es immer noch ein Traum.


Als Manuela die Augen aufschlug, wusste sie nicht wo sie war. Sie lag in einem fremden Bett, eingehüllt in einer warmen, weißen Decke. Das Licht drang durch die Vorhänge, die auf der linken Seite ihres Bettes hingen. Es waren Vorhänge, die ein kleines Fenster bedeckten und verhinderten, dass der Tag mit seiner ganzen Kraft ins Zimmer strahlte. Manuela erhob sich und saß nun aufrecht in diesem fremden Bett, noch immer verwirrt. Dann hörte sie ein leises Klopfen und die Tür am öffnete sich. "Du bist ja wach." Es war Fräulein von Bernburg. Plötzlich erinnerte sie sich wieder. Sie war gestern mit ihr mitgefahren. Sie war bei ihr zuhause, in ihrem Schlafzimmer. In ihrem Bett. "Konntest du gut schlafen?". Manuela die sich noch einmal umsah, blickte nun zu Fräulein von Bernburg, die am Ende des Bettes stand. "Ja. Danke." Sie war noch immer verwirrt. "Ich habe im Gästezimmer geschlafen. Dir sind gestern Abend sofort die Augen zu gefallen. Kannst du dich erinnern?" Das Fräulein klang besorgt. "Ich erinnere mich...an alles."Manuela sah ihr direkt in die Augen. "Mach dich etwas frisch. Ich habe Frühstück gemacht." Sie nickte ihr zu und Fräulein von Bernburg verschwand wieder durch die Tür. Als sie aus dem Bett stieg, bemerkte sie das fremde Nachthemd an ihrem Körper. Es war ihr Nachthemd. Manuela wusste nicht wie ihr geschah. Sie fühlte plötzlich so viel. Es war, als hätte sie all die Jahre nur auf diesen Moment gewartet. Auf einem Stuhl neben der Tür lagen ihre Kleider, die sie sich rasch anzog und wusch sich dann ihr Gesicht mit frischem Wasser, welches in einer Holzschale neben ihr stand. Als sie fertig war, trat sie aus dem Zimmer und spürte sofort eine wohlfühlende Wärme. Fräulein von Bernburg hat Feuer gemacht und das Holz im Kamin knisterte. "Setz dich. Du hast sicher hunger.", hörte sie das Fräulein sagen. Manuela setzte sich an den Tisch und beobachtete ihr Fräulein, wie sie ihr Tee in eine Tasse goss. "Greif zu.", sagte sie. Manuela beobachtete sie noch immer. "Ich haben Fragen.", hörte Manuela sich sprechen. Fräulein von Bernburg ließ ihre Tasse sinken uns sah sie an. "Ich weiß. Und ich werde sie dir beantworten." "Warum haben sie mich damals verlassen?" Sie atmete schwer aus und Manuela sah ihr dabei zu. "Weil ich dich beschützen wollte." Sie beschützen? Wie konnte sie Manuela beschützen, indem sie fort ging? "Und ich wollte mich beschützen." Manuela verstand kein Wort. "Du hattest Gefühle für mich, die du nicht haben durftest. Es war nicht richtig. Ist es noch immer nicht." Fräulein von Bernburg sah auf ihren Teller. "Wieso ist es nicht richtig?", fragte Manuela vorsichtig. "Ich war deine Lehrerin. Es war einfach nicht richtig, Manuela." "Aber-".
Das Fräulein unterbrach sie. "Iss etwas. Du musst zu Kräften kommen."
Manuela lehnte sich zurück und seufzte. "Ich hatte nicht, ich habe." Sie sah nun irritiert zu Manuela auf. "Ich habe diese Gefühle noch immer."

Mädchen in Uniform -Fanfiction (girlxgirl)Where stories live. Discover now