Chapter 19

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Überrascht weiteten sich meine Augen, ich hatte das Gefühl, als würde mir die Luft wegbleiben, während ich zu begreifen versuchte, was er da gesagt hatte. Meinte er das ernst? So richtig ernst? Oder sagte er das einfach nur so? Vielleicht um mir eins auszuwischen?
Vielleicht sagte er das auch nur, damit er keine Schuldgefühle haben musste. Vielleicht, vielleicht auch nicht.
Oder er liebt dich wirklich., sprach mir mein Unterbewusstsein zu und ich nickte etwas abwesend.
Nialls Lächeln wurde mit der Zeit immer kleiner, als er bemerkte, dass ich noch immer nichts darauf gesagt hatte.

Was sollte ich auch sagen? Ich wusste es selber nicht. Ich wusste nur, dass mein Herz wie verrückt gegen meinen Brustkorb klopfte und wie das Gefühl in meinem Bauch, das man hatte, wenn man verliebt war, immer deutlicher zu spüren war.
In meinen Fingerspitzen kribbelte es und meine Lippen verzogen sich zu einem Lächeln. Nervös tippte ich erst auf den linken, dann auf den rechten Fuß. Meine Hände ballte ich immer wieder zu Fäusten, um sie wieder zu auszustrecken. Ich kaute auf meiner Unterlippe und überlegte was ich sagen sollte, jedes einzelne Wort überdachte ich. Zweimal, dreimal, vielleicht auch ein viertes mal.

Und grade als ich etwas erwidern wollte, konnte man schreie hören. Immer wieder wurden unsere Namen gerufen und ich stieß enttäuscht die Luft aus, die sich in meinen Lungen gesammelt hat, als Niall sich von mir abwendete und mit lauten Rufen den Anderen antwortete.
Natürlich, was interessierte denn auch schon meine Meinung? War ja schließlich nur ich, Ever, die findet sich schon damit ab. Na klar, so wie sonst auch immer.

Niall drehte sich mit einem breiten Grinsen im Gesicht um, als er freudig verkündete, dass wir hier bald rauskommen würden. Ich nickte nur und setzte mich wieder auf den Boden.
Es schien ihn ja nichtmal zu interessieren.

Naja, meine Antwort kannte er ja theoretisch schon, immerhin hat er mein Tagebuch gelesen.

Oh gott.

Ich spürte wie die Glücksgefühle verschwanden und die Wut wieder aufkam. Er wusste wie meine Gefühlswelt aussah, er wusste jedes noch so kleine Detail meiner durchgeknallten Teenager Gedanken. Er wusste wie ich fühlte und dachte, machte sich wahrscheinlich darüber lustig, dass ich mit meinem Tagebuch so sprach, als wäre es mein einziger Freund, das einzige was mir "zuhört". Und er hatte nicht einmal unrecht. Ich war ein armseliges, kleines, freundeloses Mädchen, das statt zu studieren, so wie es alle anderen gemacht haben, eine Ausbildung anfangen musste. Natürlich mussten dabei lauter Unglücke passieren, sonst wäre es nicht mein Leben.

Seufzend legte ich meine Kopf auf meinen angezogenen Knien ab und spürte kurz darauf Nialls verwirrten Blick auf mir.

,,Was ist los, Eve?", fragte er und setzte sich neben mich, legte einen Arm um meine Schultern, damit er mich an sich ziehen konnte.

Eve, jetzt waren wir also schon wieder da. Ein weiterer seufzer verließ meine Lippen und ich guckte zu Niall hoch, der mich irritiert ansah.

Ich schüttelte kurz den Kopf. Jetzt wollte ich auch nicht mehr darüber reden. Ich legte meinen Kopf auf seiner Schulter ab und schloss die Augen, versuchte diesen Augenblick etwas zu genießen, blendete aus, dass wir in einem Fahrstuhl festsaßen und stellte mir gedanklich einfach einen wunderschönen Sonnenuntergang vor.

,,Es tut mir Leid", sagte er wie aus dem nichts. Ich wusste es, er meinte es nicht Ernst. Das war so typisch.

,,Ist gut, Niall", meinte ich und setzte mich grade hin. ,,Ich habs verstanden, du hast das nur gesagt, weil du Schuldgefühle hattest. Aber hey, jeder macht mal Fehler, nicht wahr?"

Ich spürte seinen verwirrten Blick auf mir, doch ich ignorierte ihn und starrte weiterhin auf die Wand gegenüber.

,,Eve, ich.. was? Was für Schuldgefühle?", fragte er verwirrt und ich stieß einen genervten Seufzer aus.

Remember me | n.h.Where stories live. Discover now