Kapitel 36

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PoV Evan

"Das klappt niemals, Evan." zischte Jerom und ich verdrehte die Augen. Gerade saßen wir beide in einem der 'Verhöhrungsräumen', was so viel hieß, dass sie hier die Gefangenen folterten.
"Der Rat hat nicht direkt etwas gegen mich in der Hand. Es ging mehr darum, dass sie die Verfolgung meines Bruders einstellen. Immerhin ist er ein Seher. Und ich nicht." Jerom schien gerne zu reden, aber wahrscheinlich hatte er einfach niemanden. Aber konnte ich ihm überhaupt trauen? Oder war es nur eine Mache, damit ich ihm vertraute? Schließlich war er jetzt so so lange beim Rat und war nie auf die Idee gekommen, seinen Bruder zu kontaktieren oder abzuhauen? Das erschien mir ziemlich unwahrscheinlich. Also beschloss ich das Thema zu wechseln.
"Wie ist deine Gefährtin gestorben?" Jerom sah mich mit gerunzelter Stirn an.
"Alle drei Mal?" Ich nickte und drehte ein bisschen an meinen Fesseln herum, in der Hoffnung, sie ein wenig zu lockern. Leider vergebens.
"Das erste mal, als ich sie traf, war sie eine Frau. Sie hieß Nala. Das war etwa um 1850. Sie war die Tochter eines reichen Anwalts. Leider war das auch die Zeit, in der Menschen in allem etwas übernatürliches sahen. Auch in mir. Ihr Vater wollte seine Tochter lieber tot sehen, als mit einem Monster zusammen. Er hat sie vergiftet. Und ich ihn getötet. Immerhin hatte er mir meine Gefährtin genommen. Das nächste mal traf ich sie 1912. Diesmal war die Seele im Körper eines Mannes. Er hieß Nils. Es hat mich wirklich sehr verwundert. Genau die selben Augen, ich habe sie sofort erkannt. Ich war wirklich überrascht, dass es ein Mann war, aber letztendlich war es mir egal. Ich hatte meinen Gefährten wieder, im welchem Körper spielt dabei keine Rolle. Das Glück hielt nicht lange. Er starb auf der Titanic." Einen kurzen Moment herrschte schweigen. Einerseits erschreckte es mich, wie trocken Jerom darüber reden konnte, andererseits sah ich den tiefen Schmerz, in seiner Aura. Er konnte sich nur gut nach verstellen. Aber er hatte Gefühle wie jeder andere auch.
"Das letzte Mal war es auch wieder ein Mann. Neo hieß er. Kurz vor dem zweiten Weltkrieg." Mir fiel auf, dass sie immer alle einen ähnlichen Namen hatten. Nele, Nils, Neo...War das Zufall? Oder war das immer so?
"Er war schon ein Vampir, wie ich. Weißt du, ich habe Nele und Nils angeboten, sie zu verwandeln. Aber sie wollten es nicht. Haben sich mit Händen und Füßen dagegen gewehrt. Es schien so, als wäre es das schlimmste, was ihnen je passieren könnte. Darum freute ich mich umso mehr, dass Neo schon einer war. Zwar noch nicht lange, gerade mal zwei Tage, aber er war einer." Jerom stoppte kurz und schnaufte.
"Eigentlich war es zu erwarten. Sobald Neo erkannte, was er war, hat er sein Leben beendet. Mein letzter Gefährte hat sich selber das Leben genommen." Bevor ich etwas auf diese Geschichte antworten konnte, stand Jerom auf.
"Kai kommt. Lass dich nicht umbringen." Dann verschwand er aus dem Raum und er betrat ihn.
"Hallo, mein Sohn. Da du ja offenbar nicht zum Sehen für Dinge geeignet bist, noch nicht zumindest, will ich gerne wissen, wie ihr den Rat der Werwölfe kontaktieren wollt." Ich schnaufte nur und drehte den Kopf weg. Grob wurde ich am Kinn gepackt und Kai riss meinen Kopf wieder zu sich.
"Ich würde an deiner Stelle kooperieren, sonst brauchen wir dich nicht mehr. Und bringen dich um." Ich antwortete nicht. Also drehte Kai sich mit einem gemeinen Grinsen um und wühlte in seiner Tasche. Als er sich wieder mir zu wandte, spürte ich, komm wie blass wurde. In der Hand hielt er ein großes Messer.
"Also Evan. Auf die harte oder auf die sanfte Tour?"

Seher - Der FluchWo Geschichten leben. Entdecke jetzt