Kapitel 29

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*kurz vor weg: ich hab im letzten Kapitel bemerkt, dass Miles ganz vergessen wurde (im sorry) und noch einmal ergänzt, wie er über den Zaun kommt (nicht anders als die Mädels). Nur zur Info, falls sich jemand gewunden haben sollte :)*

×

"The world keeps spinning around."
"...when you let it go and start again...."

×

Abby und Ich sind ganz allein. Wir haben niemanden gefunden, doch sind dabei. Wir hoffen, dass unsere Freunde zu finden leichter wird, doch das wird es nicht. Von Sekunde zu Sekunde wird es nur schwerer zu realisieren, dass sie nicht sind wo wir sind.

Vor etwa einer Stunde hat sie mich gefragt, ob ich glaube, dass wir sie jemals wiederfinden. Ich hab ihr gesagt, dass ich fest daran glaube, da uns das Schicksal wohl wieder zusammenführen wird.

Jetzt, eine Stunde später, bin ich mir noch immer sicher, dass das Schicksal wohl alles übernehmen wird. Ich bin mir aber nicht so sicher, ob Jenfersson uns nicht zuerst finden wird, bevor die Jungs uns oder wir sie finden. Ich weiß ja nicht mal, ob wir überhaupt in dieselbe Richtung gelaufen sind.

"Glaubst du, der Helikopter von vorhin hat Jenfersson gehört?", fragt Abby mich auf unserem Weg. Wir laufen eine lange Straße entlang, die bergauf geht.

"Ich wüsste nicht, von wem er sonst kommen sollte. Sah nicht aus wie ein Rettungshubschrauber oder sowas."

"Sie suchen uns, nicht wahr?"

Ich sehe sie an. Ihre Augen sehen mich besorgt und mit etwas Angst an. Ich würde ihr diese gerne nehmen, aber ich kann es nicht. Ich kann ihr nicht die Angst nehmen, die ich selber auch habe.
Und dann nimmt sie meine Hand und drückt sie. Die Geste erinnert mich an Felix und wie er meine Hand hielt und sie gedrückt hat. Wie er bei mir gewesen ist.

Und ich frage mich, wo er jetzt ist und ob es ihm gut geht.

"Glaubst du denn, dass es den Jungs gut geht?", frage ich nun Abby. Sie schwingt unsere Hände vor und zurück. So, als ob sie es beruhigen würde, wenn sie meine Hand mit ihrer vor und zurück schwingt.

"Ich glaube, dass sie alle gesund und munter sind."

Sie lacht mich an und ich lache zurück, auch wenn meine nassen Haare an meinem Gesicht kleben und ich durch den vielen Regen und den nassen Sachen wirklich friere. Etwas lachen kann nicht so schwer sein, und schlechter machen kann es auch nichts. Wir sind eben Gesuchte auf der Liste von Jenfersson. Und ich denke, dass sowohl John als auch Jennifer uns sofort umbringen werden, wenn sie uns erwischen sollten. Wir wissen zu viel. Wir könnten dieses Wissen an die falschen Leute weitererzählen. Und dann hätten sie wirklich große Schwierigkeiten.

"Ardian hat uns alle gerettet...", sage ich planlos vor mich her. Ich achte nicht etwa darauf, dass Abby die falschen Dinge erfahren könnte. Oder dass sie ein falsches Bild von etwas bekommen könnte. Denn das ist mir jetzt gerade wirklich nicht wichtig. "Er hat uns in die Freiheit befördert."

"Ja, ich weiß.", staunt sie mit mir zusammen. Sie kickt einen kleinen Stein immer wieder vor ihren Füßen her und lenkt sich somit ab.

"Ich find es erstaunlich."

"Wieso?"

Und nun sehe ich sie erneut an. Ihre Augen sind aber auf den kleinen Stein vor ihren Füßen gerichtet, den sie immer wieder von sich weg schießt, als sei er ein winziger Fußball.

"Weil er derjenige ist, der immer gesagt hat, dass er seine Freiheit will und dass er unsere Hilfe braucht. Er hat immer gesagt, er würde uns-...ist auch egal.", ich lächle kurz, "Er hat immer für sich gekämpft und war richtig besessen davon, aus dem Lager zu kommen, sodass er nicht gemerkt hat, wie gut er eigentlich ist. Er hat uns nie als diese Rotzblagen angesehen, wie ich erst dachte. Er hat uns als verlorene Teenager angesehen. So wie er einst einer gewesen ist in seinem alten Lager."

Abby atmet lang und langsam aus. Sie durchkämmt ihre Haare mit ihren Fingern und sieht mich durch ihre langen Wimpern hindurch an. Ihre Hand fährt meinen Arm hoch und ihr Arm legt sich letztendlich um meine Schulter.

Sie fragt: "Wie hast du das bemerkt?", und sie meint ihre Frage nicht böse oder besonders neugierig. So wie sich ihre Stimme anhört, leuchtet sie für den Gedanken, dass jemand erkannt hat, wer wir sind. Welche Identität wir tragen. Und das innerhalb so kurzer Zeit.

Also antworte ich ihr, meine Stimme so klar wie nur möglich und mit so viel Ruhe, dass ich ein Baby hätte in den Schlaf singen können: "Es gab einen Tag, an dem wir in diesem Rosengarten waren. Dem Labyrinth. Er, Felix und ich. Ardian saß auf dem Baumstamm in der Mitte und hat mit einem Messer immer wieder in die Rinde geschnitten, glaube ich."

Sie reibt mir immer wieder beruhigend über meine Schulter. Ich denke mir nur, dass sie wie eine Schwester für mich ist und ich mich an so viel erinnere, das im Lager passiert ist, und an nichts, was davor passiert ist. Ich denke mir, dass es traurig ist. Und dass alles gut wird. Dass wir die Vier finden werden.
Dass Thaddeus, Miles, Felix und auch Ardian wohl auf und gesund sind und es ihnen gut geht.

Und dann rede ich weiter.

"Er hat uns nicht wirklich angesehen, als er gesprochen hat, aber er hat von seinem alten Lager erzählt, aus dem er geflüchtet ist. Er ist dort aufgewachsen, so wie wir in Jenfersson, und ihm wurde nur beigebracht, wie er mit Waffen Leute töten kann."

"Das hört sich schrecklich an."

"Das muss es auch gewesen sein.", antworte ich ihr, "Auf jeden Fall hat er erzählt und erzählt und ich hätte mich nicht verbundener zu ihm fühlen können. Dann hat er genau heute erzählt, dass er seine Schwester in dem Lager zurücklassen musste und dass er vor einer Woche noch etwas von ihr gehört hat. Er sah so verletzt aus, was ich nicht verstanden hab, da seine Schwester seiner Erzählung nach noch am leben ist, und das ist doch gut. Und mir ist damals schon klar gewesen, dass-"

"Dass er genau wusste, wie ihr euch eigentlich fühlen musstet...wie wir uns fühlen mussten, die ganze Zeit in diesem Lager."

"Ja", kurz atme ich durch, "Dass wir uns so verloren gefühlt haben mussten. Und ich glaube, dass er von dort an aufgehört hat, wirklich darüber nachzudenken, wie er uns umbringen kann und ob er es überhaupt noch machen will."

"Er ist wirklich kein schlechter Kerl."

"Nein, ist er nicht."

×

Nach einer weiteren halben Stunde des Laufens erreichen wir eine unglaubliche Sicht. Wir sind zwar im Nirgendwo und die Straße scheint wirklich endlos zu sein, führt um einige Kurven herum und ist voller Kieselsteine, doch die Aussicht gerade ist es wert. Wir sehen den Sonnenuntergang, der Himmel zieht auf und die Sonne kommt schwach hinter den vielen Regenwolken hervor. Ein Regenbogen erscheint am Himmel. Wirklich deutlich. Und Abby und Ich stehen hier, sehen uns den Regenbogen an und genießen für einen winzigen Moment nur die Freiheit. Es sieht so aus, als würde der Himmel komplett aufbrechen und nur für uns den Regen verbannen, denn es fällt kein Tropfen mehr auf uns herunter.

"Abs?"

"Ja?"

"Fühlt sich so Unendlichkeit an?"

The Fighter | Dner [DISCONTINUED]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt