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Es ist eine kristallklare Nacht. Von oben scheinen die Sterne und der Mond so hell wie sonst selten auf die kleine Insel herab. Ich blicke hinauf und muss lächeln. Wenigstens der Himmel ist noch derselbe, den wir jeden Tag sehen, denke ich und bin in meinen Gedanken bei Dad und Jas. Das Gejohle und den schiefen Gesang um mich herum blende ich für diesen einen Moment komplett aus. Es gelingt mir eine Zeit lang, bis plötzlich ein paar Hände auf meinen Schultern landet. Es ist Vaas, der uns Getränke besorgt hat. Ich sitze auf einer halb zerfledderten Ledercouch inmitten des kleinen Piratendorfes. Vor mir flackert ein riesiges Feuer, um welches die singenden und lachenden Piraten herum tanzen. Die Musik dröhnt laut aus Boxen die überall platziert wurden und um das Feuer herum stehen weitere bequeme, wenn auch abgenutzte Sitzgelegenheiten. Vaas läst sich neben mir auf die Couch fallen und drückt mir eine Flasche Bier in die Hand. "Nicht dass du mir noch verdurstest, Chica!" Er selbst stößt mit einem anderen Piraten an, trinkt aus seiner eigenen Flasche und leert diese fast mit einem Zug. Ich hingegen stelle meine Flasche beiseite. Als ich ihm sagte dass ich durstig war, hatte ich nicht mit Bier gerechnet. Wobei ich es mir hätte denken können, da die Piraten alle einen ganz schönen Pegel drauf hatten. "Warum trinkst du nicht?", fragt mich Vaas und schaut mich verwirrt an. "Ich trinke grundsätzlich keinen Alkohol. Der macht mich nur unkonzentriert", antworte ich und ernte ein paar Lacher von den Piraten um uns herum. Vaas grinst. "Mi amor, du brauchst dich hier auf rein gar nichts konzentrieren, außer darauf, Spaß zu haben. So ist das Leben bei den Piraten nun mal. Und jetzt trink." Kurz überdenke ich meinen nächsten Schritt, finde es dann aber doch klüger, es nicht zu riskieren Vaas zu verärgern. Also trinke ich.

"Das glaube ich einfach nicht! Das ist der Wahnsinn!" Ich setze das Glas ab und genieße den Jubel den ich ernte. Mittlerweile sind Stunden vergangen und meine Sicht ist schon ganz schön verschwommen. Benebelt wie ich nun bin, habe ich die Herausforderung zum Wetttrinken von einigen Piraten angenommen und nun sitzen wir an einem Tisch näher am Feuer. Vaas wie immer neben mir, uns gegenüber mein Herausforderer Juan. Um uns herum stehen einige Piraten, andere tanzen immer noch ums Feuer und wieder andere begnügen sich mit leicht bekleideten Damen, die sie sich irgendwie hierher geschleppt haben. Ich habe nun schon mein drittes Glas puren Schnaps geleert und war dabei schneller als mein gegenüber. Das macht natürlich Eindruck, der einzige Haken bei der Sache ist, dass ich trotz einer schneller Trinkgeschwindigkeit trotzdem nicht viel Alkohol vertrage. Da aber schon Wetten auf den nächsten Sieger abgeschlossen worden sind, stimme ich zu, noch zwei weitere Runden mitzumachen. Wieder leere ich ein Glas und dann ein zweites, wieder gewinne ich beide Runden, wieder jubeln mir die Piraten zu. "Okay ich geb jetzt so oder so auf, du hast ganz klar gewonnen Mädchen", gibt Juan sich geschlagen und hält mir seine Hand für einen Highfive hin, den ich ihm gebe. "War mir ein riesiges Vergnügen", lalle ich und fange lauthals an zu lachen. "Ihr seid eigentlich schwer in Ordnung!" Vaas steht auf und hält mir seine Hand entgegen. Ich greife nach ihr und zusammen gehen wir wieder an unseren Platz am Feuer, wo wir auch vorher schon saßen. Ein paar Piraten die sich dort breit gemacht haben, verschwinden augenblicklich als sie Vaas sehen und suchen sich einen anderen Platz. Ich lasse mich lachend auf die Couch fallen und lehne mich an Vaas, der einem Arm um mich legt. "Weißt du, ich habe vorher noch nie getrunken", sage ich und schaue Vaas von der Seite aus grinsend an. Er zieht eine Augenbraue hoch und fängt ebenfalls an zu grinsen. "Aber es gefällt dir?", fragt er. Ich nicke. "Ja, ja das tut es. Es ist so ein komisches Gefühl, sowas habe ich noch nie gespürt." Lächelnd zieht er mich zu sich heran und fängt an, durch mein Haar zu streichen. "Weißt du Chica, es gibt ein noch viel schöneres Gefühl als den Rausch von Alkohol. Willst du es probieren?" Ich antworte eine ganze Weile nicht. Zu viele Dinge rasen durch meinen Kopf, logisch denken kann ich in meinem Zustand jedoch nicht mehr. Er ist wie die Schlange im Paradies, die versucht zur Sünde zu verführen. Nach einer gefühlten Ewigkeit schließlich sage ich: "Ich will wissen, wie es sich anfühlt." Ich sehe zwar sein Gesicht im Augenblick nicht, aber ich weiß dass er jetzt gerade grinst. Das tut er immer, wenn ihm eine Antwort gefällt.

Between two worldsOnde histórias criam vida. Descubra agora