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"Arwen!"

Die Stimme meiner besten Freundin riss mich aus meinem gedankenverloren Umschauen und in derselben Sekunde erblickte ich Hailey. Sie hatte sich schon einen Sitzplatz in dem vollgestopften Bus gesichert, wobei sie den Sitz neben ihr mithilfe ihrer Umhängetasche besetzte. Dankbar winkte ich ihr kurz zu, bevor ich mich an ein paar anderen Schülern vorbei drückte und mich anschließend erleichtert neben meine beste Freundin fallen ließ.

"Den Schultag überstanden?" fragte Hailey amüsiert nach, als sie meinen fertigen Gesichtsausdruck bemerkte. Im selben Moment setzte sich der vollgestopfte Schulbus in Bewegung. "Ja zum Glück!" antwortete ich lächelnd, während ich mich entspannt zurück lehnte und für wenige Sekunden meine Augen schloss. Ein weitere Schultag ging zu Ende, ohne das ich etwas von meiner Schwester gehört hatte. Wo war sie nur? Oder die bessere Frage war wohl, was mit ihr passiert war.

"Hast du dir das mit heute Abend eigentlich schon überlegt?" fragte Hailey jetzt  neugierig nach, weshalb ich den Gedanken an meine Schwester verdrängte und mich stattdessen wieder auf meine beste Freundin konzentriere. "Die Party?" fragte ich unwissend nach und warf ihr einen kurzen Blick zu. Ein kurzes Nicken war ihre Antwort. "Ja ich schau mal. Aber wahrscheinlich lassen mich meine Eltern eh' nicht gehen!" antwortete ich auf ihre zuerst gestellte Frage und zwang mir ein kleines Lächeln auf den Lippen.

Dabei waren meine Worte gar nicht mal gelogen.

Denn seit meiner letzten Party, die in einer Katastrophe geendet hatte, waren meine Eltern nicht mehr gut auf so etwas im Allgemeinen zu sprechen...aber auch vor allem jetzt, nachdem meine Schwester spurlos verschwunden war. In der Zwischenzeit musste ich zwischen ihrem ständigen Geschreie und Gestreite um eine Ausgeherlaubnis bitten, sogar dann, wenn ich nur einen Film aus der Videothek ausleihen wollte.

"Dann erzähle ihn doch einfach, dass du bei mir übernachtest!" schlugt Hailey vor, während sie sich gleichzeitig durch ihre Haare fuhr. "Ich weiß nicht. Du weißt dass ich eine schlechte Lügnerin bin!" erwiderte ich mit gewissen Zweifeln in der Stimme, während ich an ihr vorbei aus dem Busfenster schaute. In der Zwischenzeit hatten wir schon etliche Kilometer zurückgelegt und es waren nur noch wenige Minuten bis zu meiner Haltestelle. 

"Ach komm schon. Du weißt es würde dich von dem ganzen Kram mit deiner Schwester ablenken und außerdem würdest du dann mal von Zuhause wegkommen!" startete Hailey einen neuen Versuch, um mich zu überreden. Dabei verwendete sie fast genau dieselben Wörte wie noch wenige Stunden zuvor im Schulgang. "Es lenkt mich aber nicht wirklich ab. Es macht das alles nur Schlimmer!" erwiderte ich jetzt standhaft, während ich meinen Blick wieder aus dem seitlichen Busfenster lenkte und die vorbeirasende Landschaft gedankenverloren beobachtete. "Warum?" fragte Hailey verwundert nach, da ich ihr noch nie davon erzählt hatte, aus Angst, von ihr nicht verstanden zu werden.

Doch in diesem Moment schaute sie mich so verwundert an, das ich nicht anders konnte als ihr die Wahrheit zu erzählen. "Weil die Leute ständig wissen wollen, wie es mir geht. Ob es neue Informationen zu Erica gibt oder ob man sie...ob man sie schon gefunden hat!" gestand ihr jetzt mit einem gezwungen Lächeln, während ich noch immer versuchte die Worte meiner Mitschüler nicht ernst zu nehmen. Denn auch wenn Ericas Lebenchancen von Tag zu Tag geringer wurden, so hatte ich noch immer den Glauben daran, dass sie noch am Leben ist.

Denn meine Schwester war taff. Das war sie schon immer.

"Aber auf einer Party wird keiner irgendwelche Frage stellen. Vertrau mir!" startete Hailey einen neuen Versuch und tätschelte mir verständnisvoll die Schulter und aus irgendeinem Grund sank mir innerlich der Mut. Zwar hatte Hailey meine Gefühle regestriert, aber sie hatte lang nicht so reagiert wie von mir erwartet. "Und die Blicke?" fragte ich jetzt kritisch nach, während ich dankbar bemerkte, dass der Bus in wenigen Minuten an meiner Haltestelle anhalten würde. Somit würde ich auch dem Party-Gespräch mit Hailey entkommen, denn innerlich hatte ich mich schon längst entschieden: den heutigen Abend würde ich ganz sicher nicht auf einer Party verbringen.

"Ignoriere sie!" gab mir meine beste Freundin einen kurzen Rat, während ich mich schon langsam von meinem Sitzplatz erhob. Im selben Moment hielt der Schulbus an meiner Haltestelle und mit einem kurzen 'Bye' winke ich Hailey zu, bevor ich mich vor allen anderen aus dem Bus zwänge. Endlich frische Luft und endlich musste ich mir keine Ausreden mehr für diese dumme Die-Schule-Beginnt-Party überlegen. Ein kurzen Moment blieb ich noch an der Haltestelle stehen um Hailey noch einmal kurz zum Abschied zu winken. Doch sobald sie aus meinem Blickfeld verschwand, drehte ich mich von der Straße weg und lief mit schnellen Schritten die Straße entlang.

Dabei blieb mein Blick auf dem modernen quatratischen Haus hängen. Die längliche Treppe, die zu dem Eingang führt, lag in den hellen Strahlen der Sonne, während das 'For Sale' Schild noch immer in der aufsteigenden Einfahrt hing. Seit gut einem Jahr hatte sich hier jetzt schon nichts mehr geändert. Die Familie Wittmore war vergangenes Jahr nach London gezogen - ohne einen scheinbar nachvollziehbaren Grund. Dabei hatten sie alles mitgenommen. Sogar den Porsche ihres Sohnes Jackson, der in dem selben Alter war wie Erica.

Mein Blick schweifte weiter die Straße entlang, bis es an dem größeren Familienhaus weiter hinten hängen bliebt. Auch dieses Haus wurde noch immer zum Verkauf angeboten. Doch im Gegensatz zu der Familie Wittmore hatte diese Familie einen guten Grund. Denn nachdem der Vater - ein ziemlich unsympathischer und gewaltätiger Typ - auf mysteriöse Art gestorben war, verschwand sein Sohn - Isaac Lahey - mehr oder weniger spurlos aus der Nachbarschaft. Hin und Wieder bekam ich ihn kurz zu Gesicht. 

Auch er war im Alter meiner Schwester  und wie Scott McCall hatte auch er kurz vor dem Verschwinden von Erica Kontakt zu ihr. 

Seufzend verschnellerte ich meine Schritte und bog in die nächste Seitenstraße ein. Von hier waren es noch eine gute Virtelstunde bis zu mir Nachhause und wie eigentlich jeden Tag nutze ich diesen Spaziergang um mir wieder einmal Gedanken darüber zu  machen, was mit meiner Schwester geschehen sein könnte und ob sie überhaupt noch am Leben war.

Blame it on me (Teen Wolf FF)Where stories live. Discover now