Epilog

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Sie ritt über die Brücke nach Thal hinein. Auffallen würde sie nicht, denn in Thal wurde eine Woche lang gefeiert und zwar der vierte Jahrestag des Sieges über die Orks. In den geschmückten Straßen und Gassen wimmelte es von Menschen. Den ganzen Tag lief sie durch Thal und sah unzählige Gesichter, manche bekannt, viele unbekannt. Nur denjenigen, den sie suchte, fand sie nicht: Bain, Sohn von Bard dem neuen König von Thal. Vier Jahre lang hatte sie ihn nun nicht mehr gesehen. Sie erwartete nicht, dass er sie noch erkannte oder sie küsste, wie früher, aber sie wollte ihn einfach noch einmal sehen. Und tatsächlich fand sie ihn auf dem großen Platz vor der großen Halle. Er war gewachsen und seine Stimme war tiefer und männlicher geworden, doch seine Gesichtszüge hatten sich kaum verändert. ,,Ist gut Vater, mir ist einfach nicht nach feiern zumute", sagte er gerade und ging in eine Gasse davon. Sie beschloss, ihm zu folgen und lief ihm hinterher, bis er schließlich an der Stadtmauer stehen blieb. Hier bekam man nur entfernt den Trubel im Rest der Stadt mit. Er sah über die Ebene vor der Stadt und seufzte. ,,Alles in Ordnung?", fragte sie und er drehte sich erschrocken um. ,,Wer seid Ihr?", fragte er ohne ihre Frage zu beantworten. ,,Ist das denn wichtig?", entgegnete sie und strich sich mit der rechten Hand die Haare hinters Ohr. Sie wollte ihm noch nicht offenbaren, dass sie zurück war. Zumal er sie gar nicht mehr erkannte. Er schwieg und starrte ihr Handgelenk an. ,,Dieses Armband...", murmelte er und sein Blick schweifte ein paar Mal zwischen ihrem Gesicht und dem geknüpften Armband an ihrem Handgelenk hin und her. ,,Gwyneth?", fragte er schließlich beinahe ungläubig. ,,Ja, ich bin es", antwortete Gwyneth mit einem unsicheren Lächeln. Doch ehe sie sich versah, hatte Bain sie in eine feste Umarmung gezogen. Kurz darauf löste er die Umarmung und sah sie an. ,,Ich hab dich so vermisst", sagte er schon beinahe flüsternd. ,,Ich dich auch", sagte Gwyneth, ,,Deshalb bin ich hier. Ich wollte dich einfach nochmal sehen und mich versichern dass es dir gut geht." ,,Jetzt", meinte Bain, ,,Jetzt geht es mir wieder komplett gut. Jetzt wo du wieder da bist."  Gwyneth lächelte verlegen. ,,Die Menschen scheinen vergessen zu haben, wer ich einst war", meinte sie dann. Bain lächelte nur. ,,Ich habe jeden Tag an dich gedacht und dich jeden Tag vermisst", sagte er dann. ,,Glaubst du mir ging es anders?", fragte sie lächelnd, ,,Und übrigens bin ich jetzt wirklich keine Diebin mehr." Bain lächelte und legte eine Hand sanft an ihre Wange, was ihren Herzschlag beschleunigte. ,,Doch du bist noch eine Diebin", meinte er, ,,Denn du hast etwas sehr wertvolles gestohlen." Verwirrt sah Gwyneth ihn an. ,,Mein Herz", hauchte er und küsste sie. Gwyneth erwiderte den Kuss und strahlte Bain an, als sie sich nach einer gefühlten Ewigkeit voneinander lösten. ,,Und jetzt?", fragte sie schließlich. Bain sah sie fragend an. ,,Was soll jetzt aus dem was zwischen uns ist werden?", fragte Gwyneth. ,,Was soll schon schlimmes passieren?", fragte er zurück. ,,Wir sind keine Kinder mehr, Bain", meinte Gwyneth, ,,Und außerdem....ich bin....eigentlich ein niemand. Du aber bist inzwischen der Prinz von Thal, ein Adliger." ,,Du bist kein niemand. Nicht für mich", entgegnete Bain und legte, wie zum Beweis, seine Lippen kurz zärtlich auf ihre, bevor er weiter sprach: ,,Werde meine Prinzessin, dann kann keiner mehr etwas gegen uns einwenden." ,,War das gerade ein indirekter Heiratsantrag?", fragte Gwyneth schief grinsend, aber ihre Augen leuchteten. ,,Schon möglich", antwortete Bain lächelnd, ,,Ich habe zwar keinen Ring und es ist auch nicht wirklich der perfekte Moment dafür...." ,,Doch, es ist der perfekte Moment", unterbrach Gwyneth ihn, ,,Und ja. Ja ich will gerne deine Prinzessin werden." Dann fiel sie ihm überglücklich um den Hals. Er lachte auf und wirbelte sie einmal im Kreis herum, bevor er sie wieder auf dem Boden absetzte. Kurz sah er ihr in die strahlenden Augen und sagte dann die vier Wörter, die er schon vor vier Jahren hatte sagen wollen: ,,Ich liebe dich, Gwyneth." ,,Ich liebe dich auch", entgegnete sie lächelnd. ,,Jetzt weißt du, dass du für immer eine Diebin sein wirst, denn du hast mein Herz für immer gestohlen", meinte Bain, ,,Schon damals in Esgaroth hast du das und deshalb bist du die Diebin von Esgaroth." Bevor sie etwas sagen konnte, versiegelte er ihre Lippen, indem er sie leidenschaftlich küsste. Sie erwiderte den Kuss und war einfach nur glücklich. Jetzt war alles perfekt.

Die Diebin von EsgarothWhere stories live. Discover now