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Drei Tag später, es war kurz vor Sonnenuntergang, klopfte es an der Tür zu dem kleinen Raum. Dort befanden sich gerade Bards Kinder und Gwyneth, saßen auf den Betten und erzählten sich Geschichten. Gwyneth öffnete die Tür. Davor stand ein Elb. Es war nicht derselbe wie vor drei Tagen, der sie zum König gebracht hatte. ,,Lady Gwyneth?", fragte er. ,,Mae", antwortete Gwyneth verwirrt. ,,Mein Herr Thranduil wünscht Euch heute Abend als seinen Gast", sagte der Elb. ,,Und was genau soll das bedeuten?", fragte Gwyneth. ,,Ihr werdet mit ihm speisen", erklärte der Elb, ,,Und auch den restlichen Abend bei ihm verbringen." Unsicher sah Gwyneth zu Bain. Dieser schüttelte den Kopf. Er fürchtete, dass Thranduil sie verletzen würde. ,,Ich werde dem Wunsch des Königs natürlich nachkommen", sagte Gwyneth jedoch zu dem Elb. Bain sprang auf und lief zu ihr. ,,Gwyneth, du weißt, wie eure letzte Begegnung geendet hat", sagte er eindringlich. ,,Und du weißt, dass ich ihn seitdem mit anderen Augen sehe", entgegnete Gwyneth, ,,Ich halte mich diesmal zurück. Versprochen." ,,Pass trotzdem auf dich auf", sagte Bain und umarmte sie kurz. Gwyneth küsste ihn danach flüchtig auf die Wange und folgte dann dem Elb.
Bei Thranduils Zelt angekommen hielt der Elb ihr den Vorhang, welcher den Zelteinang verschloss, auf und deutete mit der Hand hinein. Gwyneth schluckte ihre Nervosität hinunter. ,,Keine Sorge, die Laune des Königs ist besser als man in solchen Tagen erwarten würde", flüsterte der Elb ihr ermutigend zu und lächelte aufmunternd. Gwyneth lächelte dankbar. ,,Hannon le", sagte sie leise zu ihm und betrat das Zelt. Im Zelt war es angenehm warm, was wohl zum Teil daran lag, dass beide Zelteingänge mit Vorhängen verschlossen waren. Gwyneth sah sich weiter um. Ein Tisch stand nun im Zelt. Darauf befanden sich einige köstlich aussehende und riechende Speisen, sowie zweimal silbernes Gedeck, zwei Gläser und ein Glaskrug mit einer roten Flüssigkeit, vermutlich Wein. Die Stühle, welche an beiden Kopfenden des Tisches standen, sahen gemütlich aus und waren mit purpurnem Samt überzogen, wobei einer der beiden Stühle etwas größer war, wie der andere. Das Einzige, was fehlte, war der Elbenkönig. ,,Du bist tatsächlich gekommen", ertönte in eben diesem Moment die Stimme Thranduils hinter ihr. Erschrocken fuhr sie herum. Thranduil stand direkt neben dem Eingang. Gekleidet war er in eine silberne Robe und einen silbernen und purpurnen Mantel. Seine Tiara hatte er abgelegt. ,,Eigentlich hatte ich nicht damit gerechnet, dass du meine Einladung annimmst, aber da du es trotzdem getan hast, denke ich, wäre es das Beste, wenn wir mit dem Essen beginnen." Er deutete zum Tisch auf den kleineren Stuhl. Nachdem Gwyneth sich zögernd gesetzt hatte, nahm er den Weinkrug. ,,Ich habe den besten Wein gewählt, den ich mit hierher genommen habe", erklärte er, ,,Ich hoffe, du kostest wenigstens etwas davon?" ,,Sicher...", brachte Gwyneth schließlich hervor und schaffte es nicht gänzlich, ihre Verwirrung zu verbergen. Thranduil schien das aber nicht zu stören. Seelenruhig goss er Wein in ihr Glas, bis es zur Hälfte voll war. Dann ging er zu dem anderen Stuhl, goss dort ebenfalls Wein in das Glas und setzte sich. ,,Bedien dich", sagte er dann und deutete auf die Speisen, ,,Du bist sicher hungrig." Zögernd griff Gwyneth nach einer Schale mit dampfenden Kartoffeln. Thranduil beobachtete sie kurz, doch als er ihre Unsicher bemerkte, begann auch er, sich etwas von den Speisen zu nehmen. Als Gwyneth sich etwas von den Speisen genommen hatte, sah sie zögernd zu Thranduil. Dieser sah ebenfalls zu ihr und hob dann sein Weinglas. Unsicher tat Gwyneth es ihm gleich. ,,Zum Wohl", sagte Thranduil und Gwyneth wiederholte seine Worte ein wenig leiser. Thranduil nahm einen Schluck von dem Wein, während Gwyneth noch zögerte. Doch schließlich überwand sie sich und nahm ebenfalls einen Schluck. Der Wein schmeckte besser als erwartet: süß und fruchtig und kaum nach Alkohol. Thranduil hatte inzwischen zu essen begonnen und Gwyneth schloss sich ihm an. ,,Bevor ich es vergesse", meinte Thranduil zwischen zwei Bissen, ,,Dies ist ein Wein aus den Gärten Dorwinions. Ein Elbenwein wohlgemerkt, was bedeutet, dass er sehr viel stärker ist, wie die Weine der Menschen." Gwyneth nickte nur. Während dem restlichen Essen schwiegen sie, doch Thranduils Blick lag öfter auf ihr. Der Elb aß nicht viel, trank dafür aber umso mehr Wein. Schließlich war Gwyneth satt und legte das Besteck fein säuberlich auf den Silberteller. Mit der Serviette tupfte sie sich den Mund ab und sah anschließend zu Thranduil, der sein Weinglas zum vierten Mal leerte. Gwyneth hatte nicht mehr Wein getrunken, wie Thranduil ihr vor dem Essen in das Glas gegossen hatte, doch schon jetzt spürte sie eine leichte Wirkung des Alkohols: Er hatte ihre Unsicherheit schon ein wenig vertrieben. ,,Wie es scheint, hat dir das Essen geschmeckt", sagte Thranduil. ,,Es war köstlich", entgegnete Gwyneth, ,,Ich kann mich nicht daran erinnern, jemals zuvor etwas so köstliches gegessen zu haben. Ich bitte darum, dass die Köche ein großes Lob erhalten." ,,Sicher, das werden sie", sagte Thranduil und erhob sich, bedeutete Gwyneth aber, noch sitzen zu bleiben. Er ging zu dem Zelteingang, durch den Gwyneth das Zelt betreten hatte, schob den Vorhang zur Seite und sprach kurz mit einem Elb, den Gwyneth nicht sah, auf Sindarin. Dann schloss er den Vorhang wieder und ging zurück zum Tisch. Dort nahm er den Weinkrug in die Hand und bot Gwyneth noch einmal Wein an, doch sie lehnte dankend ab. Daraufhin goss Thranduil sich selbst Wein in sein Glas. ,,Dürfte ich fragen, warum ich hier bin?", fragte Gwyneth, als Thranduil den Krug wieder auf den Tisch stellte. ,,Natürlich darfst du das", meinte er, ,,Und ich will es dir erklären. Allerdings nicht hier. Ich brauche etwas frische Luft. Wie wäre es mit einem kleinen Spaziergang?" Gwyneth nickte und stand auf. Thranduil nahm sein Weinglas in die Hand und ging zum zweiten Eingang des Zeltes. Er schob den Vorhang beiseite und machte eine Handbewegung nach draußen, wie ein Gentleman, der einer Dame die Tür aufhält. Gwyneth ging an ihm vorbei nach draußen und er folgte ihr. Eine Weile liefen sie schweigend nebeneinander durch einen Teil von Tahl, in dem sich niemand befand. Nur leere, zerstörte Häuser und Gassen, die mit einer dünnen Schneeschicht überzogen waren. ,,Ihr wolltet mir erklären, warum Ihr mich bei Euch haben wolltet", sagte Gwyneth schließlich. ,,Mae", sagte Thranduil und nahm im Gehen einen kleinen Schluck Wein, ,,Wie du dir sicher denken kannst, bitte ich jemanden nur sehr selten um Verzeihung. Man könnte eigentlich sagen, ich tue es nie." Sie schritten drei Stufen nach oben zu einem Platz, von dem aus man bis zum Erebor sehen konnte. Thranduil blieb in der Mitte des Platzes stehen und Gwyneth ebenfalls. ,,Doch dich bitte ich um Verzeihung. Ich bitte dich, mein Verhalten gestern zu entschuldigen. Ich war aus unerklärlichem Grund nicht Herr meinerselbst." Erstaunt sah Gwyneth ihn an. Sie hatte mit allem gerechnet, bloß nicht damit. ,,Meint...meint Ihr das ernst?", fragte sie. ,,Hätte ich es sonst gesagt?", stellte Thranduil die Gegenfrage, worauf Gwyneth den Kopf schüttelte. ,,Es verwundert mich nur, dass Ihr Euch bei einem naiven, einfachen Mädchen entschuldigt. Ich meine, Ihr seid ein König", sagte sie dann. Thranduil schwieg kurz und legte sich offenbar die richtigen Worte zurecht. ,,Ich kann mir nicht erklären warum, aber du hast es als erste seit 800 Jahren geschafft, mein....", er hielt kurz inne, als würde es ihm schwerfallen, das Folgende zu sagen, ,, ...Dass ich meine Gefühle kurz nicht unter Kontrolle hatte. Und diese paar Sekunden haben ausgereicht, dass du gesehen hast, wie...ich wirklich bin, was sich in meiner Seele wirklich abspielt." ,,Trauer", sagte Gwyneth. ,,Ja, Trauer", antwortete der Elb, ,,Und Schmerz wegen....dem Verlust...." Er sprach nicht weiter und Gwyneth meinte, in seinen sonst so kalten blauen Augen wirklich Trauer zu sehen. ,, ...Eurer Frau?", beendete Gwyneth halb fragend seinen Satz und tatsächlich sah sie den Elb leicht nicken. Thranduil nahm einen großen Schluck Wein, um sich zu beruhigen. Seit ihrem Tod hatte er seine Frau nie mehr erwähnt und auch niemand anderes hatte das, weshalb ihre Erwähnung und die damit verbundenen Erinnerungen ihm schmerzten. ,,Worauf ich noch hinaus wollte", sagte er, als er sich schließlich wieder komplett unter Kontrolle hatte, ,,Was gestern geschehen ist, nachdem dein melethron gegangen war, muss unter uns bleiben. Es ist schlecht, wenn das Volk erfährt, dass sein König schwach sein kann. ... Wenn es sein muss, zahle ich dir auch etwas dafür." ,,Ihr müsst mich nicht dafür bezahlen, dass ich schweige", entgegnete Gwyneth, ,,Allerdings hätte ich eine Bitte: Ihr entschuldigt Euch auch bei Bain." Thranduil seufzte. ,,Na schön", meinte er schließlich, wenn auch etwas widerwillig. Langsam gingen sie zurück zum Zelt, da Gwyneth langsam zu frieren begann. Im Zelt war es angenehm warm. Der Tisch mit den übriggebliebenen Speisen war verschwunden, ebenso wie die zwei Stühle. Stattdessen stand ein runder, niedriger Tisch vor einem Sofa, welches entweder neu hingestellt worden war oder Gwyneth hatte es vorher einfach nicht bemerkt. Auf dem relativ kleinen Tisch befand sich neben einem Schachspiel auch eine Schale mit frischem Obst und ein Krug mit Wein, sowie zwei Weingläser. Der Elbenkönig bedeutete Gwyneth, sich auf das Sofa zu setzen und er selbst nahm neben ihr Platz.
Einige Stunden später, es war mittlerweile tiefe Nacht, saßen sie noch immer dort. Sie hatten ein paar Partien Schach gespielt und währenddessen den guten Elbenwein getrunken. Gwyneth hielt sich anfangs beim Wein sehr zurück, aber dann ließ sie sich doch dazu hinreißen, ein Glas nach dem anderen zu leeren. Mittlerweile waren schon sechs oder sieben Weinkrüge leer und der achte würde in den nächsten Minuten folgen. Gwyneth war schon total betrunken, aber erstaunlicherweise ging es Thranduil auch nicht anders, denn obwohl Elben nicht so schnell betrunken wurden, hatte der Elbenkönig es doch irgendwie geschafft. Sie erzählten sich die dümmsten Geschichten und lachten lauthals darüber. Irgendwann wagten sie sogar einen kleinen Tanz miteinander, der allerdings im Desaster endete, da Gwyneth stolperte und beide auf das Sofa fielen. ,,Ich habe doch gesagt, dass ich nicht tanzen kann", sagte Gwyneth kichernd. ,,Ich finde, du hast bezaubernd getanzt", entgegnete Thranduil, ,,Genauso, wie es sich für eine hübsche Frau gehört." Er legte ihr eine Hand an die Wange und sie wehrte sich nicht. Zu sehr war sie vom Rausch des Alkohols benebelt, sodass sie nicht mehr wirklich wahrnahm, was sie tat. Gwyneth lachte kurz auf. ,,Du bist wirklich wunderschön", sagte der Elb, ebenfalls durch den Alkohol nicht richtig realisierend, was er sagte und, vor allem im nächsten Moment, tat. Denn, trotz seiner Betrunkenheit, blitzschnell, legte er Gwyneth seine andere Hand an den Rücken, zog sie näher zu sich und legte seine Lippen auf ihre. Im Rausch erwiderte sie den Kuss, bis sie sich lachend von ihm löste. ,,Wir sind so bescheuert", sagte sie lachend.

Bain machte sich auf den Weg zu dem Zelt des Elbenkönigs. Es war mittlerweile tiefe Nacht und Gwyneth war noch immer nicht zurück. Als er das Zelt fast erreicht hatte, hörte er Gwyneth lachen und, er konnte es kaum glauben, auch der Elbenkönig lachte. Neben einer Hausecke blieb er stehen und sah zum Zelt. Durch das Licht im Zelt konnte er Schatten von Gwyneth und Thranduil an der Zeltplane sehen. ,, ...Genauso wie es sich für eine hübsche Frau gehört", hörte er Thranduil sagen und sah, dass er Gwyneth offenbar eine Hand an die Wange legte. Gwyneth wehrte sich nicht, was Bain verwunderte. ,,Du bist wirklich wunderschön", hörte er Thranduils Stimme und im nächsten Moment sah er, wie der Elb Gwyneth küsste. Seine Gwyneth. Wut stieg in Bain auf. Wie konnte dieser Elb es wagen, seine Gwyneth zu küssen!? Aber sie wehrte sich nicht, sondern schien den Kuss zu erwidern. Augenblicklich mischte sich Trauer in seine Wut. Hatte der Kuss mit ihm ihr denn nichts bedeutet? Kurz spielte er mit dem Gedanken, in das Zelt zu stürmen, doch schließlich drehte er sich um und ging zurück zu seiner Familie. Sollte Gwyneth doch bei dem König bleiben. Allerdings konnte er nicht verhindern, dass ihm ein paar Tränen über die Wangen liefen,  während er zurück zu seiner Familie lief.

Die Diebin von EsgarothWo Geschichten leben. Entdecke jetzt